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Ewiger Schlaf: Thriller

Ewiger Schlaf: Thriller

Titel: Ewiger Schlaf: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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alles herausgefunden haben, und es ist auch egal. Ganz gleich, welche Geheimnisse Sie kennen – das Wichtigste können Sie nicht leugnen. Mallory Candler ist seit zehn Jahren tot!«
    Eve seufzte und drehte den Kopf zur Seite, um Waters anzusehen. Es lag keine Arglist in ihren Augen. »Das ist nicht wahr.«
    Die Dreistigkeit dieser Behauptung verschlug ihm für einen Augenblick die Sprache. »Versuchen Sie mir allen Ernstes zu erzählen, dass Sie Mallory Candler sind, die von den Toten auferstanden ist? Sind Sie geisteskrank?«
    Eve biss sich auf die Unterlippe, und Waters hatte das irritierende Gefühl, mit einem kleinen Kind zu sprechen, das ein Geheimnis verbergen wollte.
    »Ich bin nicht von den Toten auferstanden«, sagte sie. »Ich bin nie gestorben.«
    Die Überzeugung in ihrer Stimme ließ ihn erschauern. »Was?«
    »Ich bin nie gestorben, Johnny. Jedenfalls nicht für mehr als ein oder zwei Sekunden.«
    »Sie mögen ja niemals gestorben sein, aber Mallory Candler wurde offen aufgebahrt und beerdigt.«
    »Und ihre Leiche lag in dem Sarg.« Eve drehte sich zur Seite auf den Ellenbogen und stützte den Kopf in die Hand. »Glaubst du, ein Mensch ist bloß der Körper, Johnny? Hat die Wissenschaft dich so sehr abgestumpft? Ist eine Frau für dich bloß eine bestimmte Menge Fleisch und Blut?«
    »Was ist denn da noch?«
    »Was ist mit der Seele? In Ermangelung eines besseren Wortes. Was ist mit dem Geist?«
    »Wollen Sie sagen, dass Sie Mallory Candlers Seele sind?«
    Eve biss sich wieder auf die Unterlippe, als würde sie ernsthaft über diese Frage nachdenken. »Kann sein. Ich weiß nicht genau, was eine Seele ist.«
    »Wenn Sie die Seele von Mallory Candler sind, wo ist die Seele von Eve Sumner?«
    »Hier. Bei mir. Nur ...«
    »Was?«
    »Sie schläft.« Eve zuckte mit den Achseln. »Oder etwas Ähnliches.«
    »Eve Sumners Seele schläft?«
    »So nenne ich es. Ich bin jetzt wach, wie eigentlich die meiste Zeit. Ich habe sehr lange gebraucht, das zu lernen. Jahre.«
    Vor drei Tagen hätte Waters sich diese Unterhaltung nicht einmal vorstellen können. »Und diesen Irrsinn wollten Sie mir erzählen?«
    »Zum Teil. Aber ich wusste, dass ich dich nicht überzeugen kann. Eigentlich wollte ich dir eine Geschichte erzählen.«
    »Worüber?«
    »Über eine Ermordung.«
    »Wissen Sie etwas über Mallorys Ermordung?«
    Ein weiteres trauriges Lächeln. »Mallorys Ermordung ... meine Ermordung ... was auch immer. Aber Mallory wurde nicht ermordet. Ein Mann hat versucht, sie zu ermorden. Er hat es versucht und ist gescheitert.«
    »Es ist zwecklos, Miss Sumner.«
    »Wirklich? Immerhin bist du noch hier.«
    Er wollte gehen, konnte es aber nicht. Und sie wusste es. Er setzte sich ein Stück entfernt von ihr ins Gras. »Erzählen Sie«, sagte er.
    Eve setzte sich auf und legte anmutig die Beine übereinander, genau so, wie Mallory es vor zwei Jahrzehnten getan hatte. Ihr Lächeln verschwand; stattdessen legte sich ein Ausdruck tiefster Konzentration auf ihr Gesicht, der Waters an Annelises Miene erinnerte, wenn sie versuchte, sich an Einzelheiten des Hauses zu erinnern, in dem sie gewohnt hatten, als Annelise noch ganz klein gewesen war.
    »Es war Sommer«, sagte Eve. »Wir wohnten im Zentrum von New Orleans. Ich war auf die andere Flussseite gefahren, zum Dillard’s-Einkaufszentrum in Slidell. Auf dem Rückweg blieb mein Camry liegen. Ich konnte es kaum glauben, denn das Auto war sehr zuverlässig. Das war 1992. Ich hatte damals kein Handy. Trotzdem war ich nicht allzu beunruhigt, denn es war erst halb zehn, und ich war sicher, einen Polizisten anhalten zu können. Ich schaltete die Scheinwerfer ein, verschloss die Türen und blickte in den Innenspiegel. Nach fünfundvierzig Minuten hatte ich noch keinen einzigen Streifenwagen gesehen. Ich hoffte, dass mein Mann nach mir schaute, aber ich bin kein besonders pünktlicher Mensch; deshalb wusste ich, dass er sich frühestens um elf Sorgen um mich machen würde.
    Ich war anderthalb Kilometer vom City Park entfernt, nicht gerade das beste Viertel der Stadt, und ziemlich spärlich bekleidet. Daher wollte ich zunächst nicht aussteigen und Leute anhalten. Aber dann tat ich es doch. Nach ungefähr fünf Minuten hielt ein Lkw mit Blaulicht vor mir an. Er hatte eine Camperkabine hintendrauf, sah aber irgendwie offiziell aus, wie ein Hundefängerwagen oder ein Feuerwehrbus. Auf jeden Fall versperrte er mir den Weg – auf der einen Seite war die Beton-Leitplanke, auf der anderen

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