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Ewiger Schlaf: Thriller

Ewiger Schlaf: Thriller

Titel: Ewiger Schlaf: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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hatte.
    »Ich gehe«, sagte er.
    Einen Moment sah Eve aus, als würde sie in Panik geraten; dann aber wandte sie den Blick ab und biss sich wieder auf die Unterlippe. Auch diese Geste erinnerte Waters an Mallory, an ihre kindliche Art, auf Abschiede zu reagieren.
    »Geh nur«, sagte sie und versuchte, keinen Schmollmund zu machen.
    Er machte ein paar Schritte auf Catholic Hill zu, drehte sich dann noch einmal zu ihr um. »Woher wusstest du von Danny Buckles und den Mädchen in der Schule?«
    »Wenn ich dir das erzähle, würdest du mir nicht glauben.«
    »Erzählst du es mir, wenn ich bleibe? Und den Rest deiner Geschichte?«
    »Ich werde es dir erzählen, sobald du bereit dafür bist. Noch bist du nicht so weit. Du brauchst Zeit zum Nachdenken. Und wir brauchen noch mehr Zeit zusammen.« Sie sah zu ihm auf und zwang sich zu einem Lächeln. »Du weißt, wo du mich findest, Johnny. Ich warte.«
    »Ich werde dich nicht anrufen«, sagte er schroff.
    Sie fiel zurück ins Gras, als hätte er nichts gesagt, die Arme wieder ausgestreckt, ihr Blick in den Wolken verloren. Als er sie ansah, erinnerte sie ihn an die junge Natalie Wood als Alva in Dieses Mädchen ist für alle von Tennessee Williams. Er wartete, doch Eve schaute nicht mehr zu ihm hin, und er drehte sich um und ging zurück zur Straße.
    Jetzt, da seine Füße den Asphalt berührten, hatte er plötzlich das Gefühl, sich beeilen zu müssen, und er beschleunigte seine Schritte immer mehr, bis er rannte. Wie hatte sie so plötzlich, so lautlos hinter ihm erscheinen können? Er hatte weder andere Autos gesehen noch gehört, bevor sie gekommen war. Es schien, als hätte sie sich genau in dem Augenblick, als er den Brief las, auf Catholic Hill materialisiert – wie ein Flaschengeist, der aus dem vergrabenen Glas gezaubert worden war. Doch als er sich seinem Land Cruiser näherte, wurde irgendwo zwischen den Grabsteinen weit hinter ihm ein Motor angelassen. Er drehte sich um und sah den schwarzen Lexus, den er aus Dunleith kannte, zwischen den entfernten Gräbern auf eines der Friedhofstore zugleiten wie ein schleichendes Reptil.
    »Gütiger Himmel«, flüsterte er und griff nach der Tür des Land Cruisers. »Was um alles in der Welt ist da gerade passiert?«

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    6
    W aters lag wach in der Dunkelheit, seine Frau schlief neben ihm. Seine Armbanduhr zeigte 3.00 Uhr, und er hatte noch kein Auge zugetan. Der Abend war nicht gut gelaufen. Auf dem Rückweg vom Friedhof hatte Lily ihn auf dem Handy angerufen; sie war wütend, weil sie bereits von der Kindesbelästigung an der Schule gehört hatte und auch davon, dass ihr Mann die Geschichte ans Tageslicht gebracht hatte. Sie war vor allem deshalb wütend, weil sie nicht als Erste von diesen Ereignissen erfahren hatte. Waters entschuldigte sich, fühlte sich aber nur wegen der Dinge schuldig, die er zu Hause nicht erzählt hatte.
    Als Lily ihn fragte, wie er die »Abstellkammer«-Geschichte aus Annelise herausbekommen hatte, verharrte er ein paar Augenblicke reglos, dachte an Eve Sumners rätselhafte Warnung und an alles, was danach geschehen war. Und dann log er. Er erzählte Lily, er habe Annelise bloß nach der Schule gefragt und gespürt, dass etwas Ungewöhnliches in ihrer Antwort mitschwang, dass sie noch mehr sagen wollte, sich aber davor fürchtete. Mit dieser Lüge schloss er einen stillschweigenden Pakt, Eve und ihr geheimes Wissen zu schützen, was immer die Quelle dieses Wissens sein mochte. Ein schwer wiegender Schritt, aber hatte sie ihr Wissen nicht, wie sie in ihrem Büro gesagt hatte, tatsächlich für einen guten Zweck eingesetzt? Und dennoch ... woher hatte Eve von dem Missbrauch gewusst?
    Wenn ich dir das erzähle, würdest du mir nicht glauben ...
    Waters schloss die Augen und versuchte, nicht an Eve zu denken. Er musste sich intensiv auf Annelise konzentrieren, um Eves allgegenwärtiges Gesicht zu verbannen. Lily und er hatten mit Annelise darüber gesprochen, was am nächsten Tag in der Schule geredet würde. Die Kinder würden Annelise vielleicht als »Petze« beschimpfen oder über Dinge sprechen, die sie nicht verstehen würde. Es war nicht einfach, mit einer Zweitklässlerin über sexuelle Belästigung zu reden, aber Lily und Waters waren der Ansicht, dass Offenheit das Beste sei, und ihre Erklärungen schienen Annelise nicht aus der Fassung zu bringen. Sie vereinbarten, sie genau zu beobachten und am nächsten Abend noch einmal mit ihr zu sprechen.
    Als sie endlich ins Bett gingen, las Lily

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