Ewigkeit
Lanier.
»Nein«, sagte Kanazawa.
»Warum?«
»Das ist persönlich.«
»Entschuldigung!« sagte Karen. »Das ist kein erfreuliches Thema…«
»Nein. Es ist wichtig«, sagte Kanazawa. »Nicht zu persönlich, um darüber zu reden. Sogar Rum-Geschwätz. Ich kann manche Dinge nicht vergessen. Unerfreuliche Erinnerungen. Ich kann kein Talsit oder Pseudo-Talsit benutzen, selbst wenn ich es bekommen sollte, so schön solche Kuren sind. Diese Erinnerungen sind ein fester Teil von mir und haben mich zu dem gemacht, was ich jetzt bin. Ich kämpfe immer dagegen an, morgens wache ich damit auf. Manchmal verfolgen sie mich den ganzen Tag. Du weißt, worüber ich spreche, nicht wahr, Garry?«
»Amen«, sagte Lanier.
»Wenn ich sterbe, werden diese Erinnerungen fort sein. Auch ich werde fort sein, vielleicht wird an meiner Stelle ein besserer kommen. Möglicherweise wird er die Geschichte kennen, die ich erlebt habe; aber er wird imstande sein, sich darüber zu erheben. Es wird keine Vergeudung geben. Was ich nicht assimilieren kann, wird er oder sie tun.«
»Amen«, wiederholte Lanier flüsternd.
»Wir sind uns einig, daß wir anderer Meinung sind«, sagte Ram Kikura. »Senator, Sie sind ein wundervoller Mensch. Ihr Tod wäre ein Verlust.«
Kanazawa neigte den Kopf, um ihr für das Kompliment zu danken.
Ram Kikura fuhr fort: »Sie wissen, wir können nicht weinen. Wir fühlen viele gleiche Emotionen, aber wir haben… uns nicht darüber erhoben. Sie transzendiert. Wir assimilieren und bleiben wir selbst, aber…« Sie schüttelte heftig den Kopf. »Ich kann nicht gerade denken. Rum-Ideen, Rum-Geschwätz.«
»Wir sind einem tödlichen Schicksal zu nahe, um objektiv einen individuellen Tod zu betrachten«, sagte Kanazawa. »Karen, billigen Sie das Alter Ihres Gatten?«
»Nein«, sagte sie nach einer langen Pause.
»Ich kann mit ihr nicht mithalten«, sagte Lanier mit einem Versuch zu scherzen.
Sie blickte von den Sternen zu dem dunklen Gras hinunter. »Das ist es nicht. Ich will dich nicht verlieren. Ich will mich aber auch nicht opfern, um mit dir Schritt zu halten.«
»Schneid dies Furunkel auf, Doktor!« sagte Lanier.
»Halt den Mund!« Sie rückte wieder von ihm ab und stand auf. »Das ist jetzt ein stupides Gerede.«
»Rum-Geschwätz«, sagte Kanazawa und ließ den Laserstrahl wieder über den Himmel gleiten. »In vino veritas. «
»Das ist edel, das ist menschlich«, sagte Ram Kikura.
Karen lief zum Haus. Lanier stand auf, wischte sich Gras von der Hose und sagte: »Ich denke, ich werde ihr folgen, und dann werden wir schlafen gehen.«
Kanazawa nickte verständnisvoll.
Lanier ging zurück ins Haus, fand das Schlafzimmer und sah von der Tür aus zu, wie Karen sich auszog. Er sagte: »Ich erinnere mich an das erste Mal, wie du mich geliebt hast. Es war bei einem Düsenflug in der Tunnelstrecke.«
Sie machte ein leichtes Geräusch, als sie ihren Büstenhalter aufhakte.
»Ich habe viele Jahre gebraucht, um dich wirklich hochzuschätzen. Erst nach unserer Heirat. Nachdem wir zusammengearbeitet hatten.«
»Bitte, halt den Mund!« sagte Karen, war aber nicht ärgerlich.
Er fuhr fort. »Du bist wie einer meiner Arme gewesen, eines meiner Beine. Ich habe dich als selbstverständlich hingenommen. Ich dachte, du würdest alles machen, was ich tue. Ich habe dich so sehr geliebt daß ich vergaß, daß du nicht ich warst.«
»Es gab viel zu tun.«
»Auch das ist keine Entschuldigung«, sagte er. »Ich glaube, daß auch du mich aus den Augen verloren hast.«
Karen sagte in scharfem Ton: »Du bist nicht der einzige mit schlimmen Erinnerungen. Ich bin zur Erde zurückgekehrt. Erinnerst du dich? Ich habe den Geruch des Todes gespürt. Skelette von Kindern am Wegesrand. Man konnte nicht sagen, ob sie Monate oder Jahre lang dort gelegen hatten, vor dem Tod oder danach, als ihre Eltern sie dort aufgaben, weil sie sie nicht ernähren konnten. Wir konnten nicht rechtzeitig zu allen Leuten kommen. Du bist nicht der einzige mit Erinnerungen!«
»Ich weiß«, sagte Lanier, immer noch an den Türrahmen gelehnt.
»Ich kann damit fertig werden. Ich kann dich noch viel länger lieben. Ich will nicht, daß du von mir fortgehst. Ich hasse diesen Gedanken.«
»Ich weiß.«
»Dann komm zu mir zurück!« sagte sie. »Du kannst wieder jung werden. Wir haben noch Jahrhunderte für uns. Jahrhunderte von Arbeit, die getan werden muß.«
Er sagte: »Das ist nicht meine Art. Ich wünsche, du könntest das akzeptieren.«
»Ich
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