Ewigkeit
sagte Kanazawa.
»Ich mache mich nicht gern zum Narren«, sagte Ram Kikura leise, tauchte einen Finger in das kleine Glas und führte ihn an die Nase. »Ester und Ketone. Sehr stark.«
»Zerstört das Gehirn«, sagte Karen, die schon ziemlich beschwipst war. »Man muß sich bald ein anderes mieten.«
»Alkohol«, fing Ram Kikura an und hielt dann inne, da sie merkte, daß sie zu lehrhaft wurde, »ist auf der Erde immer noch ein Problem. Habe ich recht?«
»Sie haben vollkommen recht«, sagte Kanazawa. »Und ein Balsam für unsere vielfältigen Wunden.«
»Ich mag nicht die Selbstkontrolle verlieren.«
Karen beugte sich vor und sagte: »Trink es! Es schmeckt wirklich gut. Du mußt nicht alles trinken.«
»Ich weiß, wie es schmeckt. Ich habe im City-Gedächtnis Biochrone gehabt.«
»Biochrone?« fragte Kanazawa.
»Jetzt nicht mehr so beliebt wie früher«, sagte Lanier. »Simulierte volle Lebenseindrücke. Gewöhnlich redigiert. In extremerer Form beseitigen sie die Erkenntnis, daß es sich um eine Simulation handelt. Man lebt ein anderes Leben.«
»Mein Gott!« sagte Kanazawa und machte ein erstauntes und sehr mißbilligendes Gesicht. »Das ist beinahe so, als ob… Ich weiß. Untreu gegen sich selbst.«
Als sie das ethische Dilemma diskutierten, ob biochroner Sex nach älteren irdischen Begriffen gleichbedeutend wäre mit Ehebruch, zog Ram Kikura das Rumglas näher heran. Lanier sah, was sie anlockte. Sie hatte immer einen Hang zur Vergangenheit gehabt. Bei ihrer ersten Begegnung hatte sie eine amerikanische Flagge über der Schulter piktographiert, stolz auf ihre alten Ahnen. Hier war ein Stück Vergangenheit, über das sie nur wenige direkte Kenntnisse besaß. Wie sie gehört hatte, waren biochrone Erinnerungen nicht annähernd so lebhaft wie reale. Das konnten sie auch kaum sein ohne außerordentliche Implantate, die größer waren als in Homorphen praktizierbar.
»Na schön«, sagte sie, nahm sich zusammen und ergriff das Glas. »Auf das Menschsein!« Sie machte einen viel größeren Schluck, als Lanier ihr geraten hätte. Ihre Augen weiteten sich, und sie hustete. Karen klopfte ihr nutzlos auf den Rücken.
»O Geist!« krächzte Ram Kikura, als sie halbwegs wieder zu sich gekommen war. »Das lehnt mein Körper ab.«
»Nur langsam!« riet Kanazawa. »Wenn das zu stark ist, habe ich einigen Wein…«
Ram Kikura ignorierte ihre Aufmerksamkeiten, verärgert wegen ihrer Schwäche. Sie wischte Tränen fort und hob das Glas noch einmal.
»Wie waren die Toasts?« fragte sie, immer noch heiser.
»Runter durch die Luke«, schlug Lanier vor.
Ram Kikura nippte bloß. »Macht meine Kehle dicht.«
»Ich verstehe nicht«, sagte Kanazawa. »Das ist ein sehr guter Rum, der beste auf Oahu.«
»Mindestens drei Stunden alt«, erklärte Lanier. Kanazawa zwinkerte ihm als Senator mißbilligend zu.
Er sagte: »Aus meinem Distrikt.«
»Diese Hälfte der Welt ist Ihr Distrikt. Sicher trinken Sie nicht alles, was Ihre Leute auf Flaschen ziehen«, sagte Karen.
Ram Kikura saß einen Moment lang still und beobachtete die Wirkung. Dann sagte sie: »Ich glaube nicht, daß ich betrunken werde. Meine implantierten Stoffwechselregler verwandeln den Alkohol schneller in Zucker, als ich trinken kann.«
»Wie schade!« sagte Kanazawa.
»Ich könnte sie feiner abstimmen… wenn ich weniger nüchtern in die Situation passe…«
Kanazawa warf Lanier einen bezeichnenden Blick zu. Karen seufzte und sagte: »Du bist ein schwieriges Partygirl, meine Liebe.«
Der Nachthimmel von Hawaii war ein kühles Leuchten, das Lanier an die Gestirnte Nacht von van Gogh erinnerte. Kanazawa brachte einen schwachen Laser-Lichtzeiger auf den Rasen hinter dem Haus. Sie saßen auf dem Gras, aßen brasilianische Schokolade und tranken Aperitifs.
»Dies ist mein ganz privates Planetarium«, sagte der Senator. Er krümmte sich vorsichtig zusammen, streckte einen Fuß vor, fiel beinahe um, hockte sich dann wieder aufs Gesäß und schlug die Beine unter. »Wohl nichts, was sich mit dem wirklichen Aufenthalt im Weltraum vergleichen ließe… Aber ich bin damit zufrieden.«
Er schaltete den Laser ein und hob ihn. In der feuchten Meeresluft schnitt der Strahl einen geraden, glühenden Pfad Hunderte Fuß hoch zu den Sternen empor. Es schien so, als ob er sie einzeln berührte. Er sagte: »Ich kenne alle Sternbilder, die japanischen und chinesischen und die westlichen. Sogar einige babylonische.«
»Das ist wunderschön«, sagte Ram Kikura. Sie
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