Ewigkeit
Partials wurde durch die Hilfsberichte des City-Gedächtnisses verworfen mit der Begründung, daß unter Notstandsgesetzen alle Einsprüche von körperlichen Personen vorzubringen wären. Dies war so lächerlich, daß es sie nicht einmal ärgerte. Sie war über Ärger hinaus und begann traurig zu werden.
In ihrem Apartment hatte Ram Kikura gewußt, daß das Partial versagen würde. Dies neue Hexamon entblödete sich nicht, im Verlauf seines Vorgehens die Regeln zu bestimmen. Sich öffentlich der Wiedereröffnung zu widersetzen, war nicht mehr so gefährlich, als vielmehr ungeschickt, unhöflich im Sinne von politisch verfehlt. Seit Jahrzehnten waren Gesetze und Politik des Hexamons darauf gegründet gewesen, daß man die Grenzen beachtete, die zwischen Chaos und Katastrophe lagen. Präsident und Premierminister hatten korrekt die Stimmung der orbitalen Körper ergründet und taten jetzt alles, was in ihrer Macht stand, um innerhalb der Schranken ihrer Pflicht zu bleiben, aber das Votum der mens publica und die Empfehlung des Nexus’ durchzuführen. Sie schienen auch grimmig entschlossen, die extremen Konsequenzen dieses Mandats zu demonstrieren, als ob sie das Hexamon – und sogar ihre Gesinnungsgenossen – für diese beschwerliche Pflicht bestrafen wollten. Ram Kikura war der Zugang zu keinem City-Gedächtnis gestattet. Das heißt, sie konnte auch nicht mit Tapi sprechen, der jetzt jede Stunde geboren werden konnte. Es war ihr auch verboten, mit Korzenowski oder Olmy zu sprechen. Wie man ihr berichtet hatte, ging es ihnen recht gut, und sie kooperierten voll mit der Notstandsbemühung.
In Neuseeland brachte der Frühling freundliches Wetter und die Freude der Lämmer. Lanier betreute ihre kleine Herde schwarzgesichtiger Schafe. Karen half, wenn sie nicht gerade von nervöser Angst befallen war. Da sie nicht arbeiten konnte und auf ihr Haus und Tal beschränkt war, fühlte sie sich nicht wohl.
Sie arbeiteten zusammen, hielten aber auf Distanz. Lanier hatte jeden Enthusiasmus für das verloren, was Mirsky angestiftet hatte. Er wußte nicht, was als nächstes geschehen würde. Er war ihm auch nicht sehr wichtig.
Er hatte auf seine Weise einst das Hexamon verehrt und alles, wofür es gestanden hatte. Im Laufe der letzten Jahre hatte er aus Distanz den sich verändernden Charakter der orbitalen Bezirke gesehen, die dahingleitende Politik des Hexamons. Jetzt, da er in seinen eigenen Nöten und Enttäuschungen steckte, hatte das gleiche Hexamon, das für die Rettung der Erde gearbeitet hatte, ihn letztlich verraten und Karen verraten… und die Erde verraten.
Die Rettung der Erde war noch nicht beendet.
Vielleicht würde es weder jetzt noch überhaupt jemals geschehen, was auch immer die orbitalen Körper allnächtlich rund um die Erde im Radio versicherten. Er fand dies besonders ärgerlich. Geschmeidig, unterhaltsam und informativ belehrten sie die Erde über Fortschritte bei der Wiederöffnung.
Hin und wieder hörte Lanier von Rettungsbemühungen, die planlos weitergingen.
Er fühlte sich wieder alt und sah auch älter aus.
Abends auf der Terrasse sitzend hörte er, wie kühle nächtliche Brisen durch das Gebüsch raschelten, und hatte Gedanken, die so wirr und unscharf waren wie Garnknäuel.
Ich bin nur ein einzelnes Menschenwesen, sagte er zu sich. Es ist richtig, daß ich wie das Blatt an einem Baum verwelken sollte. Ich bin jetzt fehl am Platze. Ich bin am Ende. Ich hasse diese Zeit und beneide nicht diejenigen, welche jetzt geboren werden.
Das Schlimmste von allem war vielleicht, daß er für einen kurzen Augenblick wieder den alten Funken gespürt hatte. Mit Mirsky hatte er geglaubt, den guten Kampf zu kämpfen. Er hatte gehofft, daß da vielleicht eine Wirkungszentrale wäre, die mächtiger und weiser als alle sein könnte.
Aber Mirsky war verschwunden. Niemand hatte ihn seit Monaten gesehen.
Lanier versuchte, sich aus seinem Sitz zu erheben, zu Bett zu gehen und für eine kurze Zeit all diese quälenden Gedanken loszuwerden. Seine Hände drückten auf das Holz, und sein Rücken bewegte sich nach vorn, aber er konnte sich nicht selbst aufrichten. Seine Hosen schienen irgendwo festzukleben. Verwundert beugte er sich über eine Seite des Stuhls. Lautlos explodierte etwas. Eine dunkle Kugel drängte sich von einer Seite in seine Augen, und sein Kopf wurde riesengroß.
Die finstere Kugel rückte in die Mitte und wurde zu einem großen Tunnel. Er packte die Lehnen seines Sessels, konnte sich aber
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