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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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menschliches Wesen werden würde; aber im Moment war der Vorhang geschlossen, und die Requisiten im Umbau. Was vor das Rampenlicht treten würde, könnte eine neue Karen Farley Lanier sein oder nur eine Kopie der alten. Auf jeden Fall hoffte sie, daß es eine erfolgreichere sein möchte. Andi konnte ihr helfen; aber bis sie ihre Tochter wirklich zu sehen bekäme, würde sie so irreal und phantastisch sein wie der Nachthimmel.
    Die Feder schien länger zu werden, als die Minuten vergingen. Dann erkannte sie, daß die Erde sich drehte und Thistledown vielleicht sichtbar werden würde, falls es noch existierte.
    Sie hatte mit Garry keinen Kontakt mehr. Sie begann sich zu fragen, ob sie tatsächlich überbeansprucht gewesen wäre. Aber eine innere Stimme versicherte ihr, daß das Erlebnis real gewesen war. Es war Garry gewesen.
    Das allein konnte ihr Kraft verleihen. Wenn die Mächte hinter Mirsky ihren Gatten gerettet oder ihm eine andere Existenz jenseits des Todes verliehen hatten, dann würde vielleicht alles schließlich in Ordnung kommen. Vielleicht würde ihr Leben, obzwar trivial im Verlauf der Jahrtausende und gemessen an Lichtjahrhunderten, es wert sein, weiterzugehen.
    Aber nicht für immer.
    Garry hatte, wie auch immer seine letzten Zweifel gewesen sein mochten, ihr dieses hinterlassen: Daß Alter, Tod und Veränderung natürlich, wenn nicht gar notwendig waren. Vielleicht nicht für Bürger des Hexamons, aber doch für jene Menschen, die die langsame Entwicklung der Lebensdauer im Laufe der Jahrhunderte nicht gesehen hatten.
    Eines Tages würde sie es sich gestatten zu altern und zu sterben. Sie lächelte bei dem Gedanken, was Ram Rikura sagen könnte.
    Im Nordosten stieg etwas empor. Zu Anfang der violetten Fahne ein helles flimmerndes Ding, das weniger wie Thistledown aussah, als ein entferntes, anhaltendes Feuerwerk.
    Plötzlich wurde es so hell wie die Sonne und tauchte Melbourne in den Schein des Sommervollmondes. Noch mit dem Finger im Henkel des Bechers, riß sie den Arm hoch, um die Augen abzuschirmen und schlug sich schmerzhaft aufs Ohr. Der Becher fiel auf den Betonboden des Balkons und zerbrach.
    Sie fluchte auf Englisch und Chinesisch, stand auf und begab sich durch die offene Glasschiebetür ins Bad. Dort blinzelte sie sich im Spiegel an. Ihr Gesicht war verborgen hinter einem negativen blinden Fleck, der an den Rändern grün und rot wurde.
    Das Aufblitzen war geräuschlos gewesen. Das Hotel war ruhig. Sogar das Geräusch der entfernten Krawalle war verstummt. Als sich ihr Sehvermögen wieder einstellte, lugte sie um die Tür des Bads. Der Himmel draußen war dunkel. Vorsichtig ging sie zum Balkon und hielt die Hand in Nähe der Augen für alle Fälle. Dann schielte sie dorthin, wo Thistledown gewesen war. Die Fahne glühte noch schwach in der Finsternis. Ein paar Grade hinter ihrer Spitze war ein unruhiger, schwach roter Ball von Daumennagelgröße alles, was von Thistledown übrig geblieben war.

 
77. KAPITEL

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Thistledown City
     
    Farren Siliom fühlte das mahlende Geräusch, ehe er es hörte. Es kam durch die Anker und Hängekabel in die aufgehängten Bauten, vibrierte unter seinen Füßen und ließ seine Knochen schmerzen.
    Eine Fernsonde in der sechsten Kammer meldete ihre Eindrücke.
    Das nördliche, in die siebente Kammer führende Bohrloch spie eine Fontäne von intensivem Weiß und Grün aus. Diese wuchs längs der Achse der Kammer und breitete sich aus, als sie die Strecke von dreißig Kilometern durchquerte. Die Augen der Sonde verfolgten die Fontäne bis zur gegenüberliegenden südlichen Kappe, wo sie sich in strahlenden violetten und grünlich blauen Ringen ausdehnte.
    Die Maschinerie der sechsten Kammer arbeitete nicht mehr. Die Sonde richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Kammer selbst. Der Talboden schien sich zu krümmen. Aber das konnte nicht sein, das Geräusch und die Vibrationen hätten viel heftiger sein müssen. Dutzende von Kilometern weite Maschinenfelder bildeten Kugeln und stiegen zur Achse auf wie Seifenblasen. Auch das ergab keinen Sinn.
    Dann nahm das Geräusch zu. Die Nordkappe spaltete sich vom Zentrum auswärts wie eine von einer Kugel getroffene Glasscheibe. Radiale Splitter aus asteroidischem Gestein und Metall hoben sich von der Kappe ab und drehten sich unheimlich infolge der ungleichen inneren und äußeren Zentrifugalrotation. Mit traumhafter Langsamkeit senkten sie sich zum Talboden, prallten auf und zerkrümelten. Wo sie in der Kappe Lücken

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