Ewigkeit
schließlich eine große, erfolgreiche Firma leiten, mit Zweigstellen auf der ganzen Welt?«
»Nächstes Jahr vielleicht«, antwortete er mit einem bedauernden Lächeln.
»Mir gefällt Ihre Einstellung, Mister Floyd. Sie scheinen nicht das Gefühl zu haben, dass das Leben Ihnen etwas schuldig ist.«
»Das ist es auch nicht. Ich habe mit einigen der besten lebenden Musiker Jazz gespielt. Und ich habe gesehen, wie sie in Flaschen mit medizinischem Alkohol bezahlt wurden, den sie glücklich runtergekippt haben, bis sie davon blind geworden sind. Solange ich ein Dach überm Kopf habe, muss ich mir nicht besonders Leid tun. Dieses kleine Detektivbüro wird aus mir und Custine keine reichen Männer machen, aber auf die eine oder andere Art schaffen wir es, von einem Jahr ins nächste zu stolpern.«
»Eigentlich – das klingt jetzt vielleicht ein bisschen taktlos –, eigentlich bin ich hier, um mit Ihnen über Ihre kleine Firma zu sprechen. Beziehungsweise über einen bestimmten Fall, in dem Sie ermitteln.«
»Ich habe mich schon gefragt, wann wir mit dem Smalltalk fertig sind. Schade – es hat gerade angefangen, mir Spaß zu machen. Sollen wir also zu Susans Hinterlassenschaft kommen?«
Er konnte die Erleichterung in ihrem Gesicht deutlich erkennen. »Also haben Sie sie. Ich habe mir schreckliche Sorgen gemacht, als ich hörte, was mit ihrem Vermieter geschehen ist.«
»Ich habe die Dose, auf die er für sie aufpassen sollte«, sagte Floyd. »Das ist das Einzige – und es ist reines Glück, dass sie bei mir gelandet ist.«
»Warum hat Mister Blanchard sie Ihnen gegeben?«
»Er dachte, dass ihr Inhalt vielleicht einen Hinweis darauf gibt, warum sie getötet wurde. Der alte Herr war ziemlich fest davon überzeugt, dass man sie ermordet hat.«
Auger seufzte. »Ich kann durchaus verstehen, warum er das geglaubt hat. Aber es war kein Mord.«
»Das wissen Sie sicher?«
»Ich kannte meine Schwester. Nicht sehr gut, wie ich schon sagte, aber gut genug, um nicht überrascht zu sein, dass es dazu gekommen ist.«
Floyd öffnete seine Schreibtischschublade und holte die Keksdose heraus. Er legte sie zwischen sich und Auger auf den Schreibtisch und nahm den Metalldeckel ab, damit sie sehen konnte, was sich darin befand. »Erzählen Sie weiter«, forderte er sie auf.
»Susan hatte Probleme. Selbst, als sie noch zu Hause gelebt hat, war sie dauernd in Schwierigkeiten. Sie hat sich ständig Lügenmärchen ausgedacht, damit die Leute glaubten, was ihr gerade in den Kram passte.«
»Das gilt für die Hälfte der Menschheit.«
»Susans Problem war, dass sie nicht wusste, wann man aufhören muss. Sie war eine Phantastin, Mister Floyd, die in ihrer eigenen Traumwelt gelebt hat. Und mit zunehmendem Alter wurde es immer schlimmer. Das war einer der Gründe, warum wir uns auseinander gelebt haben. Ich musste ihre Phantasien zu oft über mich ergehen lassen.«
»Mir ist nicht klar, was das mit dem Mord an ihr zu tun haben soll.«
»Was als einfache Phantasterei begonnen hat, nahm nach und nach unheimlichere Formen an. Irgendwann hat sie wohl an ihre eigenen Märchen geglaubt. Überall hat sie Feinde gesehen und sich eingebildet, dass die Leute hinter ihrem Rücken über sie flüstern und Pläne gegen sie schmieden.«
»Heutzutage könnte sie damit durchaus Recht haben.«
»Nicht so, wie Sie meinen. Sie lebte in einer paranoiden Wahnvorstellung, Mister Floyd. Ich habe die medizinischen Unterlagen, die es beweisen.« Auger griff in ihre Handtasche und holte einen Stapel Papiere hervor. »Sie können sie sich gerne ansehen. In ihren Zwanzigern war Susan wegen ihrer Wahnvorstellungen in Behandlung, bis hin zu Elektroschocktherapie. Ich muss wohl nicht eigens erwähnen, dass nichts davon geholfen hat.«
Floyd nahm die Papiere und blätterte sie durch. Sie sahen recht überzeugend aus. Er gab sie Auger zurück. Als sie sie entgegennahm, fiel ihm auf, dass sie keinen Ring am Finger trug. »Ich glaube Ihnen auch so«, erklärte er. »Aber mir ist nicht klar, wie Ihre Schwester in Europa landen konnte, wenn sie so krank war.«
»Im Nachhinein betrachtet war es eine dumme Idee«, sagte Auger, während sie die medizinischen Unterlagen in ihre Handtasche zurückstopfte, »aber sie hatte gerade ein paar vielversprechende Monate gehabt, und die Ärzte glaubten, dass ein Ortswechsel ihr vielleicht noch mehr helfen würde. Sie selbst hatte nicht besonders viel Geld, aber als Familie konnten wir genug zusammenkratzen, um sie in ein Schiff
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