Ewigkeit
kann Ihnen versichern, dass sie existiert, Mister Floyd. Sonst hätte ich eine Menge Schwierigkeiten, mir meine Kindheit zu erklären. Haben Sie einen Aschenbecher?«
Floyd schob ihr einen hin. »Das muss ein ziemlich kleines Kaff sein.«
Auger schüttelte den Kopf, während sie sich eine Zigarette anzündete. »Es gibt sich alle Mühe, zu einem kleinen Kaff zu werden.«
»So schlimm? Dann kann ich verstehen, dass Ihre Schwester das Gefühl hatte, von dort verschwinden zu müssen. So ein Ort kann sich leicht wie ein Gefängnis anfühlen.«
»Woher kommen Sie, wenn Ihnen die Frage nichts ausmacht? Ich weiß nicht einmal Ihren Vornamen.«
»Ich komme aus Galveston, Texas«, antwortete Floyd. »Mein Vater war bei der Handelsmarine. Mit sechzehn war ich bei den Trawlerfischern.«
»Und schließlich sind Sie in Paris gelandet?« Auger atmete einen dünnen Rauchfaden aus. »Ich hoffe, Sie waren nicht der Navigator.«
»Ich war der Navigator, der Funker und eine Menge anderes, bis zu dem Tag, an dem ich beschlossen habe, dass ich lieber Musik machen wollte als Fische fangen. Ich war gerade neunzehn und hatte gehört, dass Paris genau der richtige Ort war, wenn man sein Glück als Musiker machen wollte. Besonders, wenn man Amerikaner war. Bechet war dort gewesen, Baker, Gershwin. Also bin ich an Bord eines Schiffes nach Marseille gegangen und habe beschlossen, mir einen Namen zu machen. 1939 kam ich an, ein Jahr, bevor die Panzer in die Ardennen einrollten.«
»Und?«
»Ich versuche noch immer, mir einen Namen zu machen.« Floyd blies die Wangen auf und lächelte. »Ich habe meine ernsthaften Ambitionen als Jazzmusiker nach etwa sechs Monaten aufgegeben. Ich spiele immer noch, als Hobby, und dann und wann verdiene ich damit mehr Geld als mit dem Detektivbüro. Aber ich schätze, das sagt mehr über mein Detektivbüro aus als über mein Glück als Musiker.«
»Wie sind Sie zu dieser Arbeit gekommen? Vom Trawlerfischer zum Privatdetektiv ist es ein ganz schöner Sprung.«
»Das ist nicht über Nacht passiert«, antwortete Floyd. »Aber ich hatte schon vor meiner Ankunft in Frankreich einen Vorteil. Meine Mutter war Französin, und ich hatte die nötigen Papiere, um es nachzuweisen. Die französischen Truppen hatten zu wenig Rekruten und waren unvorbereitet, als die deutsche Armee an der Grenze Stellung bezog. Als sie schließlich aufwachten und begriffen, dass jemand bei ihnen einmarschieren wollte, waren sie nicht allzu wählerisch, wen sie ins Land ließen.«
»Und Sie sind in den Kampf gezogen?«
»Ich habe den Franzosen gesagt, dass ich es mir überlegen würde.«
»Und?«
»Ich habe es mir überlegt und bin zum Schluss gelangt, dass ich lieber etwas anderes tun wollte, als darauf zu warten, von deutschen Siebenundsiebzigern platt gemacht zu werden.«
Auger drückte ihre kaum angerauchte Zigarette im Aschenbecher aus. »Hat man nicht versucht, Ihnen mit dem Gesetz zu kommen?«
»Es gab kein Gesetz. Die Regierung hatte längst die Beine in die Hand genommen und die Stadt den Banden überlassen. Eine Weile sah es wirklich so aus, als wäre der deutsche Einmarsch von Erfolg gekrönt. Es war reines Glück, dass die Panzerdivisionen in den Ardennen stecken geblieben sind – ausnahmsweise hat das schlechte Wetter mal für uns gearbeitet. Das und der Umstand, dass wir ihre Probleme rechtzeitig bemerkt haben und ihnen ein paar Bomberstaffeln schicken konnten.«
»Mit anderen Worten, es war ziemlich knapp. Man fragt sich unwillkürlich, was wohl passiert wäre, wenn der Vormarsch nicht aufgehalten worden wäre.«
»Vielleicht wäre es gar nicht so schlimm gewesen«, sagte Floyd. »Bei den Deutschen hätte es zumindest eine Art von Ordnung gegeben. Trotzdem, soweit es mich betrifft, ist die Sache gut ausgegangen. Danach war eine Menge schmutzige Arbeit zu erledigen. Jemand, der Amerikanisch und Französisch spricht und im Zweifelsfall als Muttersprachler durchgeht, war damals ziemlich nützlich.«
Auger nickte. »Kann ich mir vorstellen.«
Floyd winkte ab, fasste all die Lebensjahre in dieser einen Geste zusammen. »Ich bekam einen Job als Leibwächter und Chauffeur für einen örtlichen Bandenchef. Dabei habe ich mehr Tricks gelernt, als ich mir bis dahin vorstellen konnte. Als die benachbarte Konkurrenzbande meinen Boss hochnahm, machte ich ein paar Seitwärtsschritte und fand mich als Leiter eines kleinen, ums Überleben kämpfenden Detektivbüros wieder.«
»Fehlt da nicht ein Kapitel – das, in dem Sie
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