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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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zu stellen?«
    »Ich habe bereits Fragen gestellt«, sagte Floyd. »Und Sie haben sie zu meiner Zufriedenheit beantwortet. Lassen Sie mich ehrlich sein: Ich habe mir den gesamten Inhalt dieser Dose angesehen und nichts von Wert entdeckt. Wenn ich Bargeld gefunden hätte – oder Blankoschecks oder den Schlüssel zu einem Bankschließfach –, dann hätte ich vielleicht konkretere Beweise verlangt, dass Sie wirklich die sind, als die Sie sich vorgestellt haben. Aber eine Hand voll alter Landkarten, ein paar bedeutungslose bedruckte Blätter und ein abgelaufener Zugfahrschein? Nehmen Sie es mit, Miss Auger. Ich hoffe nur, es verschafft Ihrer Schwester etwas Frieden, dass die Dose jetzt bei ihrer Familie ist.«
    »Das hoffe ich auch«, erwiderte Auger. Sie nahm die Dose und stellte sie unter ihren Stuhl. »Da wäre nur noch eine Sache. Sie sind sehr freundlich und hilfsbereit, Mister Floyd, und deshalb tut es mir Leid, Ihnen auch noch Ihren Fall wegzunehmen.«
    »Meinen Fall?«, fragte Floyd.
    »Wie ich schon sagte, es gab keinen Mord. Vielleicht hat meine Schwester sich mit Absicht das Leben genommen – sie hatte schon einen Selbstmordversuch hinter sich –, oder vielleicht hatte sie im Wahnzustand einen Unfall, während sie dachte, sie würde angegriffen. Wie dem auch sei, ich bin mir absolut sicher, dass es keinen Mord gegeben hat, und deshalb gibt es auch keinen Mordfall.«
    »Das ist schon in Ordnung«, sagte Floyd. »Der Fall hat sich für mich in dem Moment erledigt, als Blanchard auf der Straße aufgeschlagen ist.«
    »Stimmt«, sagte sie und nickte. »Sie haben diesen Fall für ihn untersucht?«
    »Ja, und jetzt, wo es ihn nicht mehr gibt, bezahlt auch niemand unsere Rechnungen. Und nach dem, was Sie sagen, gab es sowieso nie einen richtigen Fall.«
    »Glauben Sie, dass Blanchards Tod etwas mit dem von Susan zu tun hat?«
    »Ich habe darüber nachgedacht«, antwortete Floyd. »Man soll natürlich nicht schlecht von Toten reden … besonders von jemandem, der erst seit ein paar Stunden tot ist. Aber ich könnte mir vorstellen, dass Blanchard die ganze Zeit über geahnt hat, was wirklich los war. Vielleicht dachte er, dass er mehr hätte tun können, um ihr zu helfen, sodass ihn die Schuld immer stärker belastet hat. Am Ende war es wohl einfach mehr, als er ertragen konnte.«
    »Dann hat Blanchard sich umgebracht, weil Susan gestorben ist? Ist es das, was Sie sagen wollen?«
    »Es muss einen Zusammenhang zwischen den beiden Todesfällen geben. Die Theorie, dass der Vermieter sich aus irgendeinem vagen Verantwortungsgefühl heraus das Leben genommen hat, würde vielleicht kein Geschworenengericht überzeugen, aber immerhin passt sie besser als die, dass irgendeine dritte Partei schuld ist.«
    »Hören Sie«, sagte Auger. »Es tut mir sehr Leid, wie das alles gelaufen ist. Sie waren der Gelackmeierte bei einer Angelegenheit, die eigentlich gar nichts mit Ihnen zu tun hatte.« Sie griff in ihre Handtasche und holte einen unbeschrifteten braunen Briefumschlag heraus. Sie schob ihn über den Tisch zu Floyd, der ihn wie eine tickende Bombe vor sich liegen ließ. »Es ist nicht viel, aber ich bin Ihnen für Ihre Bemühungen dankbar – immerhin haben Sie auf die Dose aufgepasst –, und ich habe das Gefühl, dass Sie sich eine Prämie verdient haben, jetzt, wo der Fall abgeschlossen ist.«
    Floyd legte eine Hand auf den Umschlag und spürte, wie verführerisch dick er war. Darin waren auf jeden Fall einige hundert Franc, wenn nicht mehr. »Das ist nicht nötig«, sagte er. »Ich hatte einen Vertrag mit Blanchard, nicht mit Ihnen.«
    »Das ist normale menschliche Anständigkeit, Mister Floyd. Bitte nehmen Sie es an. Ich habe mit ein paar Leuten im Mietshaus geredet, und ich weiß, dass Sie ein paar schwere Tage hinter sich haben. Bitte nehmen Sie es als Entschädigung an.«
    »Wenn Sie darauf bestehen.« Floyd nahm den Umschlag und legte ihn in dieselbe Schreibtischschublade, in der sich zuvor die Keksdose befunden hatte. »Ich weiß die Geste zu schätzen.«
    »Dann wären wir wohl fertig«, sagte Auger und erhob sich. Sie hängte sich ihre Handtasche über die Schulter und klemmte sich die Dose unter den Arm.
    »Scheint so«, antwortete er und stand ebenfalls auf.
    Sie lächelte. Es war das erste Mal, dass er einen erkennbaren Ausdruck auf ihrem Gesicht sah. »Irgendwie hatte ich erwartet, dass es komplizierter wäre. Papiere unterschreiben, sich mit Juristen herumstreiten … Ich hätte nicht gedacht, dass ich hier

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