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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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kampflos mit der Dose herauskomme.«
    »Wie gesagt, es ist nur eine Dose mit ein paar Zetteln drin. Und ich will Ihnen das Leben nicht schwerer machen, als ich muss. Eine Schwester auf diese Art zu verlieren …«
    Sie streckte ihm die Hand entgegen. »Sie waren sehr freundlich, Mister Floyd.«
    »Ich mache nur meine Arbeit.«
    »Ich hoffe, dass sich für Sie und Ihren Partner alles zum Besten wendet. Sie haben ein wenig Glück verdient.«
    Floyd zuckte die Achseln. »So wie jeder auf diesem Planeten.«
    Sie wandte sich um und warf ihm einen Blick über die Schulter zu. Ihr Haar rahmte ihr Gesicht in einen weiß schimmernden Heiligenschein ein, wie die Sonne hinter einer Gewitterwolke. »Nochmals danke. Ich finde alleine nach draußen.«
    »Es war mir ein Vergnügen.«
    An der Tür hielt sie noch einmal inne. »Mister Floyd? Sie haben mir Ihren Vornamen noch nicht verraten.«
    »Ist das wichtig?«
    »Ich wüsste ihn gerne. Schließlich waren Sie so freundlich.« .
    »Er lautet Wendell.«
    »Gefällt er Ihnen nicht?«
    »Er klang in meinen Ohren immer wie ein Name für einen Idioten. Deshalb nennen meine Freunde mich Floyd.«
    »Ich muss sagen, dass ich ihn mag«, bemerkte sie. »Wendell hat so einen ehrlichen Klang – zumindest in meinen Ohren.«
    »Dann bin ich für Sie Wendell.«
    »In diesem Fall … auf Wiedersehen, Wendell.«
    »Auf Wiedersehen, Miss Auger.«
    »Verity, bitte«, korrigierte sie ihn. Dann verließ sie das Büro und schloss die Tür hinter sich.
    Floyd wartete einen Augenblick, dann steckte er die Hand in die Tasche und vergewisserte sich, dass die Postkarte noch da war.
    Er mochte sie. Sie sah gut aus und war anscheinend eine nette Frau. Aber unwillkürlich fragte er sich, wie sie wohl reagiert hätte, wenn er etwas von »Silberregen« erwähnt hätte.

 
Sechzehn
     
     
    Auger schloss die Tür hinter sich, Handtasche und Keksdose fest an die Brust gepresst, als könnte sie ihr jeden Moment jemand entreißen. Auf dem Treppenabsatz vor dem Detektivbüro musterte eine stark geschminkte alte Frau sie mit listigen, wissenden Augen und hüllte sich in silberblauen Zigarettenrauch. Sie schwieg, aber ihr Gesichtsausdruck vermittelte sowohl Anklage als auch gelangweilte Gleichgültigkeit, als hätte sie jede mögliche Sünde der Welt gesehen und wäre längst nicht mehr zu schockieren. Ihre Aufmerksamkeit wanderte für einen Sekundenbruchteil zur Dose, die Auger so schützend umklammert hielt, dann schweifte ihr Blick ab, und die Andeutung von Feindseligkeit in ihren Augen verschwand. Auger wollte gerade die Treppe zum nächsten Absatz hinuntergehen, als ihr auffiel, dass eine weitere Frau – diese jung und mit tiefschwarzem Haar, das sie sich mit einem gepunkteten roten Kopftuch aus dem Gesicht hielt – auf Händen und Knien die untersten Stufen wachste.
    Die Frau blickte auf, als Auger gerade heruntergehen wollte. »Dürfte ich Sie bitten …?«, fragte sie und machte eine Kopfbewegung in Richtung des gusseisernen Käfigs um den Aufzugschacht in der Mitte des Treppenhauses.
    Dankbar, dass der Aufzug bereits oben war, trat Auger hinein, zog die Gittertür zu und drückte den Knopf für das Erdgeschoss. Rumpelnd und quietschend fuhr der Aufzug zentimeterweise an der Putzfrau vorbei abwärts. Etwas weiter unten kam er plötzlich rasselnd zum Stehen, genau zwischen den Stockwerken. Auger fluchte und drückte den Knopf noch einmal, aber der Aufzug bewegte sich nicht mehr von der Stelle. Sie versuchte, die Schiebetür aufzustemmen, aber sie war fest verschlossen.
    »Hallo!«, rief sie. »Kann mir jemand helfen? Ich stecke in diesem Ding fest.«
    Sie hörte, wie die Putzfrau etwas sagte, aber es klang eher mitfühlend als hilfreich. Auger versuchte es erneut mit dem Knopf, genauso erfolglos wie zuvor. Langsam dämmerte ihr die deprimierende Erkenntnis, dass sie vielleicht stundenlang feststecken würde, während irgendein überarbeiteter Techniker an einem Samstag quer durch die Stadt hierher schlurfte. Vorausgesetzt, jemand war geistesgegenwärtig genug, Hilfe zu rufen, was möglicherweise zu viel erwartet war. Sie rief erneut – wenn die Putzfrau schon nicht antwortete oder sie nicht verstand, konnte sie vielleicht wenigstens Floyds Aufmerksamkeit wecken –, aber diesmal erhielt sie überhaupt keine Antwort.
    Eine Minute verging, ohne dass sich etwas tat. Auger konnte nichts hören außer ihrem eigenen Atmen und einem gelegentlichen metallischen Rasseln, wenn die Aufzugkabine durch ihre Bewegungen

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