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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Silberregen direkt hierher transportieren. Sie konnten ihn einfach vom Weltraum aus in die Atmosphäre sprühen.
    Aber das war bestimmt nicht möglich. Niemand wusste, wo sich die AGS befand. Die Dauer eines Transits durch das Hypernetz stand nur entfernt in Relation zur realen Distanz in Lichtjahren … und es gab keinen Hinweis auf die Richtung. Augers Gedanken kehrten zum Vergleich mit dem Haus zurück. Das Hypernetz war wie ein gewaltiges, weit verzweigtes unterirdisches Tunnelsystem, das stellenweise in den Erdgeschossen vereinzelt stehender Landhäuser an die Oberfläche kam. Doch es waren sehr viele Häuser über die Landschaft verteilt, und aus dem Innern konnte man nicht feststellen, in welchem man gerade herausgekommen war. Die Fenster waren vermauert und die Türen mit Brettern vernagelt. Wenn man ein paar dieser Barrieren niederreißen konnte, war es vielleicht möglich, einen Blick auf die Umgebung zu erhaschen. Dann bestand die Chance, das Haus zu identifizieren, in das ein bestimmter Tunnel führte.
    Ließ sich die Schale irgendwie von innen aufbrechen?
    »Verity«, sagte Floyd leise. »Gibt es etwas, das Sie mir anvertrauen möchten?«
    »Ich habe Ihnen schon viel zu viel erzählt.«
    »Das sehe ich anders.« Er lehnte sich auf dem weichen Polster seines Sitzes zurück und musterte sie auf eine Weise, durch die sie sich gleichzeitig unbehaglich und vielleicht ein wenig geschmeichelt fühlte. Als Mann sah er gar nicht so schlecht aus, wirklich nicht. An den Rändern war er vielleicht etwas zerknittert, und er hätte ein Stück Seife und einen Kamm nötig, aber sie hatte schon Schlimmeres erlebt.
    »Es tut mir Leid, Wendell, aber ich habe Ihnen alles erzählt, was ich sagen kann.«
    »Aber selbst Sie haben noch eine Menge unbeantworteter Fragen, nicht wahr?«
    »Richtig«, sagte sie und war froh, ausnahmsweise völlig ehrlich zu ihm sein zu können. »Ich habe nur ein paar Puzzleteile, die Susan White mir hinterlassen hat, die vielleicht ausreichen, um die Antwort zu rekonstruieren, vielleicht aber auch nicht. Und wenn nicht, bin ich vielleicht nur zu begriffsstutzig, um die Antwort zu erkennen.«
    »Oder die Antwort ist gar nicht so offensichtlich.«
    »Das habe ich mich auch ständig gefragt. Ich weiß nur, dass Susan der Antwort näher gewesen sein muss, als ich es derzeit bin.«
    »Vergessen Sie nicht, was es ihr gebracht hat«, sagte Floyd.
    »Stimmt«, sagte Auger und hob zum Angedenken an Susan ihr Glas. »Aber zumindest ist sie beim Versuch gestorben, sich Gewissheit zu verschaffen.«
     
    Auger war allein auf den Champs-Elysées und bewegte sich über ein breites, von Bäumen gesäumtes Pflaster inmitten der strömenden Menschenmenge. Sie erinnerte sich, dass sie mit Floyd im Zug gewesen war, aber die Verfolgung dieser Spur hatte zu nichts geführt. Als sie in Berlin eingetroffen waren, hatten sie festgestellt, dass die Stadt von Eis bedeckt war und nur von zerstrittenen Stämmen tödlicher Maschinen bewohnt wurde. Die Reise war reine Zeitverschwendung gewesen. Wie hatte sie nur dieses entscheidende Detail vergessen können? Jetzt war sie wieder in Paris, allein und etwas traurig, trotz der munteren Stimmung der anderen Fußgänger. Es war Vormittag, und alle Leute waren bereits mit Einkäufen und bunten Blumensträußen beladen. Wohin sie auch sah, überall waren grelle Farben, von der Kleidung der Pariser bis zu den überquellenden Schaufenstern der Geschäfte und den Bäumen, die mit Früchten behangen waren, die wie Juwelen funkelten. Autos und Busse rasten in verwischten Schemen aus glänzendem Chrom und Gold vorbei. Selbst die Pferde strahlten, als wären sie von einem inneren Licht durchflutet. Über den bewegten Köpfen der Fußgänger erhob sich der Triumphbogen, behangen mit Wimpeln in tausend Pastellfarben. Auger hatte keine Ahnung, warum sie darauf zulief oder was sie tun würde, wenn sie ihn erreicht hatte. Es war das Einfachste, sich von den anderen Menschen mitziehen zu lassen. Überall in ihrer Nähe gab es Pärchen und Gruppen von Freunden, die lachten und sich für später verabredeten. Sie spürte, wie die Fröhlichkeit der Menschen auch ihre Laune besserte.
    Hinter ihrem Rücken hörte sie ein rhythmisches Schlagen. Sie schaute sich um, und durch die Lücken zwischen den Menschen sah sie im nächsten Moment ein Kind, einen kleinen Jungen, der mehrere Meter hinter ihr ging. Der Junge war neben ihr die einzige Gestalt, die allein unterwegs war, und während er mit

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