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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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diese Arbeit waren zwei Männer nötig, und Floyd zweifelte nicht, dass er vor großen Schwierigkeiten gestanden hätte, wenn Custine nicht dabei gewesen wäre. »Schau mal«, sagte er, als das Radio einen halben Meter von der Wand entfernt stand. »Auf dem Boden liegen drei Schrauben und Holzsplitter. Wie es scheint, wurden sie aus der Rückseite des Radios gerissen.«
    Custine blickte ihm über die Schulter und hielt sich ein Taschentuch vors Gesicht, um sich vor dem Staub zu schützen. »Jemand hat sich daran zu schaffen gemacht«, sagte er.
    »Und zwar in großer Eile.« Floyd zog die Rückverkleidung des Radios zur Seite, die nur noch mit einer Schraube befestigt war. »Es hätte fünf Minuten gedauert, die Rückseite wieder anzuschrauben, aber wer immer das getan hat, wollte sich offenbar nicht die Zeit nehmen, nach einem Schraubenzieher zu suchen. Sie müssen etwas in den Spalt gesteckt und die Verkleidung ausgehebelt haben, gerade weit genug, um ans Innenleben zu gelangen.«
    »Dann ist es gut, dass ich einen Schraubenzieher dabeihabe«, sagte Custine und holte seinen Koffer. Custine hatte stets ein paar Werkzeuge zur Hand, ganz gleich, an welcher Art Fall sie gerade arbeiteten.
    »Versuche die Verkleidung abzumontieren«, sagte Floyd.
    Custine entfernte die letzte Schraube, und die Sperrholzplatte löste sich, sodass sie nun ins Innere des Radios blicken konnten.
    »Das ist … interessant«, sagte Floyd.
    »Komm«, sagte Custine, »wir wollen es ins Licht drehen. Ich möchte mir das genauer ansehen.«
    Sie drehten das Gerät, bis die offene Rückseite in Richtung der Balkonfester stand. Ein Strahl aus morgendlichem Sonnenlicht stach durch das Zimmer, erleuchtete die Staubteilchen in der Luft, fiel ins freigelegte Herz des Radios und ließ das Vogelnest aus Drähten, Glasröhren und emaillierten Bauteilen schimmern. Praktisch der gesamte Innenraum des hölzernen Gehäuses war mit elektrischen Komponenten voll gestopft, die ein komplex verknüpftes Geflecht bildeten.
    »So ein Radio habe ich noch nie gesehen«, sagte Custine. »Es sieht eher wie ein verrücktes Beispiel moderner Kunst aus, etwas, wofür man gutes Geld vergeudet, um sich davorstellen zu dürfen, sich am Kinn zu kratzen und nachdenklich dreinzuschauen.«
    »Vielleicht war sie doch eine Spionin«, sagte Floyd.
    »Aber was soll das hier sein? Was hat sie damit gemacht?«
    Floyd schaltete das Radio aus und schob dann zaghaft einen Finger in das Drahtgewirr. Er achtete darauf, nichts zu verändern. Manche Drähte waren lose, bemerkte er. Die blanken Metallenden funkelten im Tageslicht, und er konnte Tropfen aus Lötzinn erkennen, wo sie aus den größeren elektronischen Bauteilen herausgerissen worden waren.
    »Für mich sieht es völlig chaotisch aus«, sagte er. »Aber du verstehst mehr von diesen Dingen als ich. Erkennst du darin irgendein System?«
    »Das hängst davon ab, was du mit ›System‹ meinst«, sagte Custine. »Auf jeden Fall sind mir die meisten dieser Bauteile bekannt. Das hier sind Glättungskondensatoren … dort sind zwei Entstörungskondensatoren … das da sind ganz gewöhnliche Röhren … und das hier dürfte ein Zweifach-Abstimmkondensator sein. Alles ziemlich normaler Kram. Das Ungewöhnliche daran ist nur, so viel davon auf so wenig Raum zu sehen. Aber um so etwas zu bauen, hätte man nicht einmal ein Fachgeschäft gebraucht. Man müsste sich nur ein paar Dutzend Radios besorgen, und schon hätte man alles zusammen.« Er lächelte. »Natürlich abgesehen von einem Diplom in Elektrotechnik und einer sehr ruhigen Hand, mit der man den Lötkolben hält.«
    »Vielleicht war weder das eine noch das andere ein Problem für sie. Wenn man einen Spion ausbildet, damit er einen bestimmten Code benutzen kann, kann man ihm auch beibringen, Dinge zusammenzulöten.«
    »Also glaubst du ernsthaft, dass Susan White diesen Apparat gebaut hat?«
    Floyd sah seinen Partner an. »Sie oder einer ihrer Kollegen. Für mich gibt es keine andere Erklärung.«
    »Aber warum war es überhaupt nötig, so etwas zu bauen? Wenn sie eine Spionin war, hätte sie doch ihre eigene Radioausrüstung mitbringen können.«
    Dieser Punkt machte auch Floyd Sorgen, aber er hatte keine befriedigende Erklärung. »Vielleicht wollte sie vermeiden, dass man so etwas in ihrem Gepäck entdeckt. Wenn sie offiziell in dieses Land eingereist ist, musste sie ihre Sachen durch den Zoll bringen.«
    »Spione haben doch angeblich immer doppelte Böden in ihren Koffern. Oder

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