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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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nicht unnütz ausgibt.« Custine kramte wieder in seinem Werkzeugkoffer, doch dann schüttelte er den Kopf. »Ich hatte gehofft, ich hätte vielleicht etwas dabei, womit ich diese Drähte wieder verbinden könnte, aber Fehlanzeige. Dazu müsste ich noch einmal ins Büro zurück.«
    »Du glaubst, dass du es reparieren kannst?«
    »Ich kann es versuchen. Wenn wir davon ausgehen, dass nichts entfernt wurde, geht es nur darum, die getrennten Verbindungen wiederherzustellen.«
    »Für mich sehen sie alle gleich aus«, sagte Floyd und lugte durch einen schmalen Spalt im Vorhang vor dem Balkon. Fünf Stockwerke tiefer hatte die Vormittagssonne die feuchte Straße in einen funkelnden Spiegel verwandelt. Er beobachtete die Passanten, wie sie sich zwischen den Pfützen bewegten, dann erweckte etwas seine Aufmerksamkeit.
    »So ist es«, sagte Custine. »Trotzdem kann es nur eine begrenzte Anzahl von Möglichkeiten geben. Wenn ich bis zum Ende dieses Nachmittags nicht weitergekommen bin, bezweifle ich, dass ich mit mehr Zeit mehr erreichen werde.« Custine wartete einen Moment. »Floyd? Hast du gehört, was ich gerade gesagt habe?«
    Floyd wandte sich vom Fenster ab. »Entschuldigung.«
    »Du hast wieder an Greta gedacht, nicht wahr?«
    »Um genau zu sein«, sagte Floyd, »habe ich über das kleine Mädchen nachgedacht, das auf der anderen Straßenseite steht.«
    »Ich habe kein Mädchen gesehen, als wir hier eintrafen.«
    »Es war auch gar nicht da. Aber jetzt sieht es danach aus, als würde es dieses Zimmer beobachten.«
    Er ließ den Vorhang zurückfallen. Er hatte das Kind lange genug gesehen, um in Zweifel zu geraten, ob es dasselbe war, das am Vorabend Blanchards Haus verlassen hatte. Trotzdem erweckte die Art, wie das Licht auf das Gesicht des Mädchens fiel, in ihm den Wunsch, den Blick in eine andere Richtung zu wenden.
    »Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ein Kind etwas mit diesem Mord zu tun hat, oder?«, fragte Custine.
    »Natürlich nicht«, sagte Floyd.
    Sie gingen die Treppe hinunter zum Mathis. Als sie den Wagen erreichten, war die Beobachterin verschwunden.

 
Acht
     
     
    Augers Shuttle löste sich von der Twentieth Century Limited und steuerte den Mars an. Sie drückte das Gesicht an die Scheibe eines Bullauges und spürte die Vibrationen in den Knochen, während die Steuerdüsen des Shuttles tuckernd arbeiteten. Obwohl sie sich nicht richtig vorstellen konnte, wohin sie gebracht wurde – oder wie ihre Aufgabe mit der Geschichte zusammenhing, die Peter ihr erzählt hatte –, war sie froh, den schrottreifen alten Raumklipper verlassen zu können. Nach fünf Tagen hatte sich der Reiz verflüchtigt, und selbst eine geführte Tour in die Innereien des Schiffs zum letzten noch funktionieren Antimaterietriebwerk im Sonnensystem bot kaum mehr als eine Stunde mäßig aufregender (eher erschreckender) Unterhaltung. Der Mars versprach zumindest neue Möglichkeiten, und sie empfand ein kribbelndes Gefühl der Vorfreude, während das karamellbonbonfarbene Antlitz des Planeten immer größer wurde. Es war nicht nur der Mangel an Geld gewesen, der sie bislang von einem Flug zum Mars abgehalten hatte. Sie dachte sich, dass es etwas Makabres hatte, wenn Touristen die Reise unternahmen – der morbide Wunsch, sich an den Schrecken zu ergötzen, die dem Planeten widerfahren waren. Doch nachdem sie nun auf Befehl eines anderen hingeschickt wurde, war es schwierig, nicht den gleichen Wunsch zu verspüren.
    Die Verödete Zone begann südlich der Hellas Planitia, reichte im Norden bis nach Cydonia und umfasste das gesamte kraternarbige Hochland von Arabia Terra. Zwischen den Polen war die restliche Oberfläche des Mars mit schwachem Blaugrün bestäubt – gewaltige Prärien mit zäher, genmanipulierter Vegetation, die über hundert Jahre zuvor ausgebracht worden war. Die Kanäle zerschnitten mit laserhafter Präzision die Oberfläche und warfen funkelnd das gespiegelte Sonnenlicht zurück. An den Naben und Kreuzungen des Bewässerungssystems machte Auger das gebrochene Weiß von Städten und Ansiedlungen aus, die vorsichtigen Kratzer von Straßen und die Stränge für die angeleinten Luftschiffe. Es gab sogar ein paar zarte Wolkenstreifen und sechseckige Seen, die sich wie Bienenwaben aneinander drängten.
    Doch zwischen Hellas Planitia und Cydonia wuchs nichts. Hier lebte oder bewegte sich nichts. Selbst die Wolken schienen diesen Bereich misstrauisch zu meiden. So war es hier seit dreiundzwanzig Jahren, seit den letzten

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