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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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gut. Theorie Nummer eins. Sehen Sie diese Anzeigen für die Belastungsenergie? Sie stehen in Relation zur Tunnelgeometrie genau vor uns.«
    »Womit messen Sie diese Geometrie? Radar?«
    Skellsgard schüttelte den Kopf. »Nein. Radar oder andere elektromagnetische Ortungssysteme funktionieren im Hypernetz nicht besonders gut. Die Photonen werden von den Wänden absorbiert oder chaotisch gestreut, wenn sie mit der pathologischen Materie interagieren. Und der Blick nach vorne ist etwa so wie der Versuch, mit bloßem Auge Sonnenflecken erkennen zu wollen. Neutrino- oder Gravitationswellensensoren funktionieren möglicherweise besser, aber im Transporter ist nicht genug Platz für solche Systeme. Damit bleibt uns nur der Sonar.«
    »Schallwellen?«, fragte Auger. »Aber wir bewegen uns doch in einem nahezu absoluten Vakuum.«
    »Nahezu, richtig. Aber wir können eine Art akustisches Signal dazu bewegen, sich bis zur Begrenzung der Wände auszubreiten. Es ist ähnlich der Kompressionswelle, von der der Transporter getragen wird, nur etwa eine Milliarde Mal schneller. Sie pflanzt sich durch eine festere Schicht fort, einen anderen Phasenzustand der pathologischen Materie, die eine wesentlich höhere Dichte besitzt. Auf diese Weise schicken wir auch Signale durch die Röhre, um mit dem Portal auf der E2-Seite zu sprechen. Das Problem ist nur, dass es nicht funktioniert, wenn ein Schiff in der Röhre ist. Wir haben die gleiche Wirkung wie ein Spiegel und werfen jedes Signal in die Richtung zurück, aus der es gekommen ist. Wir jedoch können Signale aussenden. Sie sind nicht stark genug, um das Portal am anderen Ende zu erreichen, aber wir können sie genauso wie ein Echolot einsetzen und damit Hindernisse und Unregelmäßigkeiten in den Wänden ertasten.«
    »Das erklärt immer noch nicht, warum es hier überhaupt Unregelmäßigkeiten gibt.«
    »Schauen Sie sich das an«, sagte Skellsgard und lenkte Augers Aufmerksamkeit auf einen Knoten aus wandernden Bogenlinien, die sich sehr nahe waren. »Das ist der Versuch des Computers, die Form einer sich nähernden Irregularität in der Tunnelwand zu interpretieren, auf der Grundlage der Sonarechos. Wenn die Bogen symmetrisch zusammengezogen wären, hätten wir es mit einer Verengung im Tunnel zu tun. Aber hier geschieht etwas anderes. Es gibt Stellen, wo die Tunnelwand den Eindruck erweckt, als hätte sie Löcher bekommen oder als wäre sie eingedrückt worden. Theorie eins besagt, dass dies Symptome für eine Art Zersetzung dessen sind, woraus die Verbindung besteht, entweder aus Mangel an Wartung oder weil sie nicht von genug Schiffen benutzt wird.«
    »Nicht genug Schiffen?«
    »Es könnte sein, dass die Schiffe dazu gedacht sind, Reparaturfunktionen auszuüben, während sie hindurchfliegen. Das bezeichnen wir als die ›Pfeifenreiniger-Hypothese‹.«
    »Gut. Was ist mit Theorie zwei?«
    »Damit wird die Angelegenheit sehr spekulativ«, warnte Skellsgard. »Manche Leute haben die Verbindung genau untersucht, diese Irregularitäten aufgezeichnet und Daten von möglichst vielen Durchgängen gesammelt. Natürlich sind die Daten stark verrauscht und nicht konkreter als die vage Interpretation des Navigationssystems. Also nimmt man diese Aufzeichnungen und gibt sie in ein Maximalentropie-Programm ein, das die latenten Strukturen herausquetscht. Dann nimmt man die Ergebnisse dieses Durchlaufs und gibt sie in andere Programme ein, die latente Sprachmuster erkennen können. Eine dieser Prozeduren ist der Zipf-Test. Dabei werden die logarithmischen Frequenzen des Auftretens unterschiedlicher Muster in den Wänden bestimmt. Zufallsdaten haben einen Zipf-Wert von null, während die Zipf-Werte der Tunnelmuster etwa bei minus eins liegen. Das bedeutet, dass die Signale in diesen Wänden erheblich mehr Bedeutung tragen als beispielsweise die Rufe von Totenkopfäffchen, die mit einer Zipf-Messung nur einen Wert von minus null Komma sechs erreichen.«
    »Das ist allerdings nicht schlüssig«, sagte Auger.
    »Die Wissenschaftler haben an diesem Punkt natürlich nicht aufgehört. Es gibt noch eine andere statistische Eigenschaft, die als Shannon-Entropie bezeichnet wird. Dadurch lässt sich sogar ermitteln, wie reichhaltig Kommunikation ist. Menschliche Sprachen – zum Beispiel Englisch oder Russisch – weisen eine Shannon-Entropie achten oder neunten Grades auf. Das bedeutet, wenn ich acht oder neun Worte in einer dieser Sprachen sage, können Sie mit recht hoher Treffsicherheit vorhersagen,

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