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Ex en Provence

Ex en Provence

Titel: Ex en Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Ahlswede
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– meldet sich mit einem unangenehmen Ziehen in der Magengegend. Zu meiner großen Überraschung verspüre ich auch praktisch keinen Hunger. Aber egal, »einen Appen« werde ich notfalls schon herunterbekommen, keine Frage.
    »Wunderbarre, isch werde dir präsentierrenne die französische Küsche, die wahre Haute-Cuisine, nischt dieser Touristen-Fraß in die Stadt, sondärne die eschte Küsche der Provence, ›la cuisine du terroir‹, du verstähsst?«
    Terror-Küche?
    Mein Magen protestiert gurgelnd.
    »Aber natürlich«, lüge ich.
    »Du wirst es libben, das Essen, meine isch, oh là là!«, haucht mir Philippe ins Ohr und knabbert ein bisschen an meinem Ohrläppchen.
    Bon appetit!
    #
    Zehn Minuten später
    Im »Pot au Feu«
    Die Auberge steht der Scheune in der Kategorie Baufälligkeit kaum nach. Aber schon auf der Fahrt hat mir Philippe versichert, dass das Restaurant in der Region seinesgleichen suche. Ich suchte währenddessen vor allem die kurvenreiche Straße, die im wieder einsetzenden Regen und mit Philippes Hand auf meinem Bein gar nicht so einfach zu treffen war. Er habe im »Pot au Feu« vorsichtshalber schon einmal einen Tisch reservieren lassen, sagte Philippe. Von einem »copain«, der die Köchin kennt. Anderenfalls wäre da frühestens in drei Jahren ein Tisch zu bekommen.
    Madame, die Köchin, sei nämlich in ihrer doch sehr männlich geprägten Zunft eine absolute Ausnahmeerscheinung, erklärt mir Philippe jetzt, nachdem wir im Restaurant Platz genommen haben. Schon seit Jahren sei sie eine Anwärterin auf einen der begehrten Michelin-Sterne. Das nächste Mal würde es sicher klappen. Auch ihr Sommelier habe Spitzenrang.
    Sommelier? Noch bevor ich in den Tiefen meines von der Fahrt gut durchmischten Gehirns nach einer passenden Übersetzung fahnden kann, steht der Weinkellner auch schon vor uns und erklärt wortreich die verschiedenen Einflüsse, die den Bordeaux XY zu einem der besten seiner Klasse gemacht hätten. Philippe nickt bei jeder Beschreibung genießerisch und wissend – und bestellt eine Flasche für schlappe 65 Euro, wie er mir zuraunt. Auch das Menü wählt Philippe aus. Nicht nur sein Menü, sondern auch meins!
    Was sagte Nathalie? »Wir geben den Männern das Gefühl, der Chef zu sein, aber eigentlich bestimmen wir.« Den letzten Teil muss ich wohl noch üben.
    »Isch abe eine Menü ausgewählt, die dir wird tseigenn das ganze Repertoire französischer Kochkunst«, freut sich Philippe.
    Och, nö. Mein Magen.
    Doch noch bevor ich protestieren kann, steht auch schon ein Teller Weinbergschnecken vor mir. Die Tiere sehen genauso aus wie im Garten meiner Oma, wo sie auf den hellen Terrassenplatten immer eine glänzende Schleimspur hinter sich hergezogen haben und eher früher als später dem Blaukorn meines Opas zum Opfer gefallen sind.
    »Mit eines bisschchen Knobe-lauch siind sie besonders délicieux!«, sagt Philippe, spießt das erste Weichtier auf eine kleine spitze Spezialschneckengabel und steckt sie mir in den Mund.
    Ja, der Knoblauch ist wirklich gut und zum Glück so reichlich, dass er erfolgreich von der Konsistenz der Schnecke ablenkt. Ich unterdrücke einen Hustenreiz und versuche, mich auf Philippes Augen und das wirklich romantische Ambiente in dieser Auberge zu konzentrieren. In einem offenen Kamin prasselt natürlich ein Feuer, auf unserem Tisch brennen zwei Kerzen in einem eleganten Silberleuchter, daneben steht ein Rosen-Bouquet, das vermutlich nicht viel günstiger war als die Flasche Bordeaux. Auch das Gedeck ist im extremen Kontrast zu dem doch sehr rustikalen Gebäude gewählt: edelstes Silberbesteck mit einer etwas unübersichtlichen Zahl an Werkzeugen, darunter besagte Schneckengabel.
    Philippe hat jetzt Austern serviert bekommen, bringt die erste mit einem Tropfen Zitronensaft zum Zucken – ein Zeichen für ihre Lebendigkeit – und schüttet sie mir praktisch direkt in den Mund. Hier versagt auch die größte Besteckauswahl.
    Dann verdrückt er selbst eine Auster. »Köstlisch!«
    »Kein Zweifel«, schnurre ich und versuche, nicht an die überaus lebendige Meeresfrucht in meinem Magen zu denken.
    »Die französische Küsche iist wirklische etwas gaaanz besonderes«, schwärmt Philippe ganz unbescheiden. »Isch weiß, auch iin Deutsche-londe es gieebt viele Leckereien: Schweins-axe miiet Sau-erkraout, Saumaggen, Kalbs-sünge uund so weitter. Du kannst sischer sehr gutte kochen.«
    Hm. Diese Gerichte gehören nun gar nicht zu meinem doch sehr italienisch

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