und jedem einzelnen Einhorn einen wohlklingenden französischen Namen gegeben haben, der alle »Dschüll«- und »Dschülie«-Fans begeistern würde und von solchen Sprachkatastrophen wie Anna Quiche zehn Langenscheidt-Großwörterbücher entfernt ist.
Chloé selbst dürfte sich ein bisschen langweilen, denn sie hat ihre als Krankheits-Notfall-Versorgung bei uns deponierte DS vergessen. Vor lauter eigener Langeweile fing auch ich an, mich für dieses Ding zu begeistern. Jule und ich fahren also seit Tagen Autorennen und pflegen Chloés virtuellen Hund. Und ich frage mich, wie es wohl Chloés Meerschweinchen und ihrer Schildkröte während Chloés Abwesenheit geht. Damit nicht am Ende eines der Viecher bei uns landet, habe ich bisher nur mich selbst gefragt, nicht Jule.
Dabei habe ich in diesen Tagen viel mit Jule gesprochen. Sehr viel. Mein einziger erwachsener Gesprächspartner war eigentlich Jean-Claude vom »Casino«, der in L’Oublie die Stellung hielt. »Ach, wissen Sie. Ich habe ja keine Familie«, sagte er neulich, als wir bei ihm einkauften. »Da kann ich auch hierbleiben.« Etwas gerührt kaufte ich ihm gleich noch eine große Tüte Süßigkeiten aus dieser entzückenden Bonboniere für Jule ab. Ja, tatsächlich nur für Jule. Nach meiner krankheitsbedingten Kalorien-Auszeit bin ich noch Schokoladen-clean, fühle mich wunderbar und habe heute deshalb sogar einen neuen Shopping-Anlauf gewagt.
Dabei habe ich mir einen sehr eleganten Trenchcoat zugelegt, der mir sogar in der französischen 42 passt, sowie ein paar Herbststiefel, die wie durch ein Wunder in meiner Größe vorrätig waren und trotzdem einigermaßen feminin aussehen.
»La vie est belle!«
Jule kleideten wir in einem entzückenden Kinderklamottenladen komplett neu und sehr französisch ein. Mehrere Kleider gehören jetzt zu ihrer Garderobe, sogar noch eins in rosa, und diesmal ist es weniger schlicht, sondern sogar richtig mädchenhaft.
»Vive la France!«
Und ich werde ab sofort zu meinem Grundsatz zurückkehren, dass Männer doch nur Ärger bringen, Philippe nach diesem Taxi-Skiurlaub- SMS -Intermezzo offiziell zu meinem Ex erklären und mich ganz um meine Tochter, meinen Job, meine Figur, Fingernägel und Haare kümmern.
»Mais oui!«
Und jetzt kümmere ich mich erst einmal um meine E-Mails.
To:
[email protected] From:
[email protected] Date: 05. November, 22:24
Re: Scheidung
Liebe Anja,
unsere Scheidung verzögert sich. Ich habe gestern ein Schreiben meines Anwalts bekommen. Es gibt noch so viele Formalitäten zu erledigen. Das ist schwierig, solange du in Frankreich bist. Vielleicht können wir das Ganze etwas aufschieben.
Dein Ralph
PS: Wie geht es unserer Jule? Ich vermisse sie sehr. Wann passt euch ein Besuch?
Gar nicht.
To:
[email protected] From:
[email protected] Date: 06. November, 19:16
Re: Re: Scheidung
Ralph,
Jule geht es gut. Sie bekommt genug zu essen und regelmäßig ihre Freundin zu sehen. Scheidung sofort, bitte.
Anja
Das Telefon klingelt, voller Genugtuung über meine Antwort nehme ich etwas abwesend ab und melde mich mit einem unverbindlichen »Allô?!«. Ganz Französin. Es wäre zwar praktisch, sich mit Namen zu melden, tut hier aber niemand. So hat der Anruf für den – und vor allem die – Angerufene aber auch immer den Hauch des Geheimnisvollen.
»Anja? Bist du’s? Hier ist Ralph.«
»Oh, das ging aber schnell.«
»Ich habe gerade deine Mail bekommen, auf meinem neuen Smart …«
»Schon gut, was gibt es denn?«
»Schön, deine Stimme zu hören …«
Hallo?
»… Du klingst ein bisschen fremd, so französisch.«
Tatsächlich?
»Ralph, wenn du mich nicht verstehst, kann ich auch gern Frau Karstensen eine Mail schicken. Oder hat die keine Zeit mehr, auf Mails zu antworten? Zu sehr mit dir beschäftigt?«
War das zickig?
»Ach, Anja. Es tut mir leid wegen dieser Mail. Da hatte mich meine neue Sekretärin falsch verstanden. Sie sollte eigentlich nur einen Text aufsetzen.«
Ach so …
»Viel freundlicher«, fügt Ralph hinzu.
Na, dann …
»Und sie sollte ihn auch nicht gleich wegschicken. Aber du weißt ja, manchmal verselbstständigen sich die Angestellten so ein bisschen.«
Ja, so wie zum Beispiel Babysitterinnen und Gummibärchen.
»Ist schon okay …«
Ich bin der Großmut in Person!
»… Warum rufst du also an?«, erkundige ich mich so nonchalant wie möglich.
»Ich wollte mal hören, ob es für dich in