Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ex en Provence

Ex en Provence

Titel: Ex en Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Ahlswede
Vom Netzwerk:
einen Bart! Aber wie sag ich das auf Französisch?
    »… So wie sie ja auch nicht einparken können.«
    Touché.
    »Bitte, gib mir die Karte«, säusele ich.
    Schnurr.
    »Na, wenn du darauf bestehst …«
    Es funktioniert.
    Ich blicke auf die Karte, die eindeutiger nicht sein könnte. »Rechts«, sage ich und danke meinem Sportlehrer, den ich von der achten bis zur zehnten Klasse für seinen Orientierungslauf gehasst habe.
    »Nein, links natürlich«, erklärt Eric.
    »Also haben wir uns doch verlaufen?!«, brüllt jetzt ein Junge.
    »Hast du dich im Weg geirrt, Eric?«, fragt ein anderer.
    »Ja, ist doch klar, hat er«, sagt ein Mädchen.
    »Dann gehen wir den Weg, den Anja will«, erklärt Chloé.
    Eric schluckt.
    »Ich will auch nach rechts«, sagt Jule.
    »Rechts! Rechts! Rechts!«, tönt es mittlerweile aus zwölf Mündern.
    #

16:49
    Rechts war wohl eine Abkürzung. Eine recht steile sogar. Hoffentlich kommen die Kinder hier überhaupt heil runter. Geröll und glitschiger Boden, wohin man sieht. Ein richtiger Weg ist dafür nur mit Mühe zu erkennen.
    »Gut, dass du heute deine Marschstiefel angezogen hast«, lästert Eric, der mit seinen leichten Joggingschuhen direkt vor mir mitunter knöcheltief durch den Schlamm watet und sich jetzt zu mir umdreht.
    »Das sind modernste Trekking-Schuhe«, erkläre ich. »Guter Halt auch in schwierigstem Gelände. Am besten, du legst dir für deinen nächsten Schulausflug dieselben zu!«
    »Jawoll«, sagt er auf Deutsch.
    »Das ist nicht witzig. Schließlich musst du doch mit gutem Beispiel voran… aaaaaah!«
    In diesem Moment trete ich in ein unerwartet tiefes Loch, das hinterhältig durch eine dicke Matsch-Schicht getarnt war. Ich rutsche aus und schlittere mindestens zwei Meter unkontrolliert den Berg herunter und lande schließlich …
    … direkt im Arm von Eric, der selbst nur mit Mühe das Gleichgewicht halten kann.
    Zwölf Kinder starren uns an, Chloé und Jule tuscheln, während ich mich schnell wieder ein Stück von Eric entferne.
    »Hey, nicht so anschmiegsam!«, sagt er und lächelt.
    »Wie witzig. Aber trotzdem, danke.«
    »Du bist wohl doch nicht so die begnadete Bergsteigerin?«
    »Aber du auch nicht das Naturtalent unter den Pfadfindern.«
    »Es ist eben nicht immer alles so, wie es erscheint«, murmelt Eric.
    »Nein, keinesfalls. Aber sieh mal: Da ist ja unser Bauernhof.«
    #
    Kurze Zeit später, beim »goûter«
    »Na, auch genug von zwei Dutzend Kindern?«, fragt Eric. Er lehnt an der Außenwand des Speisesaal-Stalls, den ich gerade wegen akuten Sauerstoffmangels und Lärmüberversorgung verlassen habe.
    »Nein, ich brauchte nur ein bisschen frische Luft.«
    »Natürlich. Also, mir war es da drin eben entschieden zu laut.«
    Ja, mir auch.
    »Ach, nein. Sie sind eben lebhaft, die Kinder.«
    »Ja, und manchmal ganz schön nervig.«
    »So würde ich das nicht sehen.«
    »Du möchtest gern perfekt sein, oder?«, fragt Eric, mit einer dampfenden Tasse Kakao in der Hand.
    »Wie kommst du darauf? Und was geht dich das überhaupt an?«
    »Nichts, aber so ist es doch, oder? Vielleicht war das nicht immer so, aber jetzt möchtest du noch mal so richtig durchstarten. So mit 35 …«
    »Äh …«
    »Ich weiß, du bist erst 25.«
    »Sehr witzig.«
    »Das ist doch völlig egal. Auf jeden Fall noch einmal zurück auf Los. Als ganz anderer Mensch.«
    »Was soll diese Psychoanalyse? Wir kennen uns doch kaum.«
    »Na ja, kaum ist ja wohl etwas untertrieben, schließlich bist du gerade eben noch in meinem Arm gelandet. Vor gar nicht allzu langer Zeit hast du deine Tochter bei mir geparkt, um einen wichtigen Geschäftstermin wahrnehmen zu können. Und ich hatte schon einmal das Vergnügen, dein Auto fahren zu dürfen.«
    »Also, das ist doch wirklich die absolute …«
    »… Wahrheit. Aber ich persönlich mag ja lieber kleine Schwächen.«
    »Vor allem bei anderen, nehme ich an.«
    »Nein, auch meine eigenen Fehler gefallen mir eigentlich ganz gut. Hier, möchtest du auch Kakao?«
    »Nein, danke.«
    »Das hieß doch bestimmt ja bitte, nicht wahr?« Eric hält mir seinen Becher direkt unter die Nase.
    Hmmmm, riecht der lecker. Wie lange habe ich schon keinen Kakao mehr getrunken? Zu lange.
    »Danke.« Ich greife zu und nehme einen großen Schluck Kalorienbombe, flüssig. »Welche Fehler hast du denn, mal abgesehen von ausgeprägter Arroganz, Dreistigkeit, Verschwiegenheit, chronischer Unpünktlichkeit und mangelndem Orientierungssinn?«
    »Das war’s«, grinst Eric. »Ach,

Weitere Kostenlose Bücher