EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung
außerdem die Kommunikation über Telefon und Datennetze landesweit starken Einschränkungen unterworfen. Nach genauer Abwägung wurde mit Rücksichtnahme auf die Bürger aber entschieden, die Netze wenigstens auf lokaler Ebene bis auf Weiteres in Betrieb zu lassen ...«
Also deshalb! Tim realisierte, dass er heute weder zu Josephina nach Amarillo fahren noch mit ihr telefonieren konnte. Und alles wegen dieser terroristischen Arschlöcher!
»Viertens. Von Montag den 12. bis mindestens Mittwoch den 14. September bleiben Banken, Börsen, Geschäfte und öffentliche Einrichtungen geschlossen. Ausgenommen sind Lebensmittelverteiler, Restaurants, alle Notfalldienste ...«
Tim lag quer über dem Sofa und rieb sich das Gesicht. Warum hatte er nicht schon vorher Josephina angerufen? Gestern Nachmittag? Vorgestern Abend? Verdammte Scheiße! Er hörte sich weiter die Ausführungen von Präsidentin Adams an. Er hatte für sie gestimmt. Möchte nicht in ihrer Haut stecken.
Nach der Pressekonferenz stand er auf und ging in die Küche, um sich Kaffee zu machen. Es begann gerade in der Maschine zu tröpfeln, als der Strom ausfiel. Tim dachte zuerst, es sei ein Problem mit dem neuen Fernseher, weil er nichts mehr hörte. Dann stellte er fest, dass nicht nur Fernseher, sondern auch Kaffeemaschine, Licht, Herd und der Warmwasserboiler der Dusche nicht mehr funktionierten. Er fluchte und schlug gegen die Wand. Er entschied, sich den Frust vom Leib zu laufen. Er zog T-Shirt, Shorts und Turnschuhe an. Zwei Minuten später verließ er das Haus.
Neben dem Excess-Szenario liefen im SitRoom auch die Originalsender.
»Dissoziative Identitätsstörung«, kommentierte Paul O’Brien ohne eine Miene zu verziehen, als die Präsidentin um 9 Uhr zufälligerweise eine Erklärung zum 11. September abgab, während ihr elektronischer Klon parallel dazu im Szenario einen Auftritt hatte.
»Was genau?«, fragte Patricia Palmer nach.
»Multiple Persönlichkeitsstörung«, schaltete sich Oberst Warren ein. »Kommt auch bei Menschen vor, die durch Kriegserlebnisse traumatisiert wurden. Ich könnte Ihnen da Geschichten erzählen ...« Er winkte grimmig lächelnd ab.
Fasziniert betrachtete man im SitRoom die beiden Präsidentinnen, die live aus dem Presseraum des Weißen Hauses sprachen. Kein Unterschied!
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Samstag, 10. September 2016 11.12 CDT / 18.12 MESZ
Neuneinhalb Stunden nach der Isolation herrschte im SitRoom eine routinierte Arbeitsatmosphäre. Während zwei der Stromausfälle in den ersten vier Stunden nach Beginn des Experiments war das Medienszenario wieder zeitlich synchronisiert worden. Je ein Medienserver, teure Geräte, wie sie auch von echten Sendern eingesetzt wurden, spulte eines der fünf Programme zuverlässig ab. Zusätzlich liefen Computer im Hintergrund mit, um bei technischen Problemen sofort übernehmen zu können.
Die Stromgeneratoren versorgten Sandrock mit Energie. Die Klimaanlagen, ausrangierte Großgeräte aus der Industrie, zogen so viel Strom aus dem texanischen Stromnetz, wie es dem normalen Tagesprofil von Sandrock entsprach. Drei Kommunikationscomputer simulierten die Telefonbeantworter aller Anschlüsse in Sandrock und zeichneten die eingehenden Nachrichten auf. Andere Computer wählten Telefonanschlüsse außerhalb des Dorfs an. Sie wurden umgeleitet und endeten in den Chips von Geräten, die von Landlers Firma für das Experiment aufgestellt worden waren. So sollte ein halbwegs reguläres Kommunikationsprofil geschaffen werden, um die Telefongesellschaften keinen Verdacht schöpfen zu lassen. Keine perfekte Konstruktion. Aber man hoffte, dass es für zehn Tage genügen würde.
Die lokalen Sender übertrugen inzwischen das Programm der großen fünf. Sport-, Cartoon-, Shopping- und Pornosender waren zum Teil schon abgeschaltet. Eine Texttafel wies auf die Programmunterbrechung aufgrund der aktuellen Ereignisse hin.
Oberst George Warren, der sich von seinem Arbeitsplatz aus in alle Systeme einschalten konnte, verfolgte unauffällig jeden einzelnen Schritt von Fred Reilly und Pit Cooper. Er hatte sich zwei Amateure für seine kleine Subverschwörung ausgesucht und wollte kein Risiko eingehen. Kopfschüttelnd hatte er kurz nach der Isolation vor seinem Bildschirmen gesessen und nur anhand ihrer Gestik und Mimik ablesen können, dass sich die beiden sehr unprofessionell verhielten. Aber jetzt war es zu spät – er saß mit ihnen in einem
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