EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung
Sonntagsausgabe«, erklärte Brencis in geschäftsmäßigem Ton, während sie sich setzten. »Der Artikel steht bereits – ein ausführlicher Bericht über die Ausweitung Ihrer Aktivitäten und die Umbenennung der Solidaritätsbewegung in ›Texas First!‹. Toller Name übrigens.« Brencis grinste.
»Danke. Ist mir so eingefallen«, winkte Osman ab und rückte seine Texas-Lone-Star - Krawatte zurecht. Die Mickey-Krawatten zog er auf Anraten eines PR-Beraters seit einiger Zeit nicht mehr an.
Brencis aktivierte sein Journalistennicken. Dann blickte er um sich. Als er sah, dass sie alleine in der Lobby waren, entschied er, das Interview gleich vor Ort zu machen. Er hatte es wegen der hektischen Atmosphäre nicht in der Redaktion durchführen wollen. Nachdem er die Aufzeichnungsfunktion des Handys eingeschaltet und es auf den Holztisch gelegt hatte, stellte er die erste Frage. »Mister Osman, zuerst einmal vielen Dank, dass Sie sich heute Zeit genommen haben. Sie sind ja als Unternehmer, Wohltäter, engagierter Texaner und ab morgen auch als Vorsitzender einer Partei ein viel beschäftigter Mann. Darf ich zuerst fragen: Wie geht es Ihnen heute?«
Mit einem Ruck entschied David Isler es zu wagen. Er legte einige Unterlagen in den Aktenkoffer, verließ sein Kellerbüro und verschloss die Tür. 8.45 Uhr. Der Abflug des Bundespräsidenten stand kurz bevor. Er hastete die Treppe hinauf ins Erdgeschoss. Mit einem »Muss noch mal weg!« verschwand er einen Moment später aus dem Haus und rannte zur Garage. Der starke Regen passte ihm gar nicht. Um noch rechtzeitig am Flugplatz Belp anzukommen, blieb ihm nichts anderes übrig, als zum ersten Mal das Blaulicht zu benutzen. Er hatte es vor Jahren von der Bundespolizei bekommen – es war nur für den äußersten Notfall vorgesehen. Irgendjemand in der Verwaltung des SND hatte gefunden, Isler brauche es als Analytiker möglicherweise einmal. Er hatte nichts dagegen gehabt und den obligatorischen Fahrkurs absolviert.
Jetzt musste es schnell gehen. In der Garage angekommen, warf er den Aktenkoffer auf den Beifahrersitz, nahm die Kiste mit dem Blaulicht vom Regal und befestigte es mit dem Vakuummechanismus auf dem Dach seines schwarzen Volvos. Isler setzte sich ins Auto, ließ den Motor an, öffnete das Fenster ein Stück weit, um das Kabel des Blaulichts mit dem dafür vorgesehenen Stecker am Armaturenbrett zu verbinden. Er drückte auf die beiden Knöpfe, die er noch nie gebraucht hatte. Ohrenbetäubend laut startete die Sirene und schien die kleine Garage zum Zittern zu bringen. Was seine Frau und Olivia wohl dachten? Das Blaulicht, von den Wänden ins Auto zurückgeworfen, machte die Garage zur Disko. Es war keine Zeit mehr zu verlieren! Isler gab Gas und fuhr auf die Stra ß e des beschaulichen Wohnquartiers. Aus dem Augenwinkel sah er die Nachbarn zum Fenster hinausstaunen. Sechzehn Kilometer Blaulichtfahrt, ein nicht angemeldetes Gespräch mit dem Bundespräsidenten und eine mitgebrachte These, die bei den allermeisten Menschen – vielleicht auch bei Mattei – nur Kopfschütteln auslösen würde. Genügt das für eine Kündigung?
Isler konzentrierte sich, um auf den nassen Stra ß en keinen Unfall zu verursachen. Er rief sich die Regeln für Blaulichtfahrten in Erinnerung. Wie war das noch mal? Der Fahrkurs war Jahre her, und so folgte er einfach dem gesunden Menschenverstand. Vor Kreuzungen abbremsen, Augen auf!, aber dann ohne mit der Wimper zu zucken bei Rot über die Ampel. Nach einigen Kilometern, als er die Autobahn A6 erreichte, begann es, ihm Spaß zu machen. Mit hundertsechzig Stundenkilometern flog er Richtung Belp. Er versuchte seine Gedanken für das Gespräch mit Mattei zu ordnen. Am Flugplatz vorbeirasend sah er, dass die Falcon der Bundesregierung noch auf dem Vorfeld stand. Nach zehn Kilometern Autobahnfahrt erreichte er die Ausfahrt Rubigen.
Drei Minuten später parkte er sein Auto vor dem Eingang zum Terminal – ein Gebäude, nicht viel größer als ein Einfamilienhaus. Er schnappte den Aktenkoffer und rannte zur Passkontrolle. »Strategischer Nachrichtendienst, ein Notfall, ich muss den Bundespräsidenten sprechen!«, ließ er den Grenzpolizisten wissen und zeigte seinen Dienstausweis. Die Schiebetür zum Vorfeld öffnete sich und Isler rannte in den strömenden Regen hinaus.
Er sah Mattei unter einem Schirm vor der Treppe zum Flugzeug stehen und mit einem seiner Mitarbeiter reden.
»Stopp!« Dreißig Meter,
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