EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung
Sheriff blickte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.
»Natürlich nicht! Ich kenne den Canyon wie meine Hosentasche!«, lachte Tim und zwinkerte ihm zu.
»Aber dann der Weg in die Stadt ...« Shareef zuckte die Schultern und hob die Hände in die Höhe. »Riskante Sache!«
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Sonntag, 11. September 2016 14.12 CDT / 21.12 MESZ
Als Art Sinshy mit seinem Convoy durch den Holland-Tunnel und dann Richtung Norden zum Flugplatz Teterboro gebraust war, stand die G-70 startbereit auf dem Vorfeld. Eine Stunde nach der Abfahrt vom Freedom Tower landete Sinshys Helikopter auf der Wiese seines Anwesens bei Boston. Er hatte nicht viel Zeit. Schon am späten Nachmittag erwartete man ihn in einem Fernsehstudio in Boston; er sollte CNN für die Abendnachrichten ein Interview geben. Anschließend besuchte er eine weitere Gedenkveranstaltung in Cambridge, und ein weiteres Interview mit einem Journalisten des Boston Globe. Am späten Abend dann der Flug nach Washington D.C.
Richard Adams ignorante Stänkereien hatten in Sinshy den Wunsch geweckt, sich das überdimensionierte Werk von Marco Fabiaccio wieder einmal anzusehen. ›Mondo universale‹. Sinshy saß auf einem Sessel in der Eingangshalle seiner Villa und lächelte die fünfzehn Quadratmeter große Kollage an. Er war allein im Haus. Seinem Personal hatte er für den Nachmittag frei gegeben.
Mit Bedauern hatte er zur Kenntnis nehmen müssen, dass sein Rosengärtner schwer erkrankt war und ihn bald verlassen würde. Die Stelle musste neu besetzt werden. Zehn Jahre hatte der talentierte Botaniker sich um sein Anwesen gekümmert und einen prächtigen Rosengarten gezaubert. Einen wirklichen Rosengarten, nicht wie vor dem Weißen Haus. Seine Frau Chantalle war in Los Angeles, um ihn übermorgen bei einem Wahlkampfauftritt zu begleiten.
»Den Verwegenen gehört die Welt!« Sinshy lachte und stand auf. Er ging näher an das Kunstwerk und betrachtete seine vielen Details. Aus Tausenden von Papierstücken hatte Fabiaccio eine Weltkarte gezaubert. Manche nicht größer als ein Fingernagel. Andere so groß wie eine Zeitungsseite. Collage d’Art , wie Sinshy sie Besuchern vorstellte. Dass sie die Doppeldeutigkeit nicht wirklich verstehen konnten, lag in der Natur der Sache.
Seinen Ärger über das undankbare Verhalten der Präsidentin hatte er längst vergessen. Ganz im Gegenteil. So wie es jetzt war, fügte es sich viel besser in ein Ganzes. Wie die Collage d’Art , der er gegenüberstand. Gott hatte ihm wieder einmal unterstützend unter die Arme gegriffen.
In zwei Monaten schon würde er President-elect sein, der gewählte Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika! In gut vier Monaten, am 20. Januar 2017, mittags Ostküstenzeit, würde er vor der Westseite des Kapitols in Washington D.C. seine Rechte zum Schwur heben, die Linke auf die Bibel legen und den Eid des Präsidenten ablegen. Spätestens von jenem Moment an würde ihn zwar alle Welt mit Wonne kritisieren. Aber tatsächlich machte ihn das Amt fast unangreifbar.
»Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie ich mich auf die Gesichter freue!« Oberst Warren grinste Paul O’Brien an. Der lächelte müde zurück. Den Soziologen zu provozieren, war inzwischen zu Warrens Hobby geworden. Seine militärische Erfahrung und die Routine im Umgang mit Ausnahmesituationen machten Warren den Zivilisten im SitRoom weit überlegen. Warren hatte gesehen, wie Körper von Kameraden auf dem Schlachtfeld von Granatsplittern zerfetzt wurden. Das hatte ihn verändert, aber nicht gebrochen. Zu erleben, wie die Zivilisten erbleichten, nur weil ein Schie ß befehl erteilt wurde, ließ in ihm nur ein Gefühl aufsteigen: Verachtung. Nicht wegen der Reaktion. Sondern wegen der Naivität, mit der sie ein Jahr lang an Excess gearbeitet hatten. Wie Kinder waren sie in das Experiment hinabgetaucht, ohne sich auch nur einmal wirklich Gedanken darüber zu machen, dass es für die Menschen in Sandrock kein Experiment war, sondern bittere Realität.
Warren wusste, dass ein Zusammenbruch der alltäglichen Routine – wie in Kriegssituationen – die menschliche Psyche innerhalb von Minuten verändern konnte. Palmer und O’Brien hatten gedacht, dass die Eskalation des Medienszenarios nur einhundert Stunden dauern würde. Aber sie hatten nicht bedacht, dass einhundert Stunden genügten, um die Welt zu zerstören.
»Die Gesichter, wenn die Meldung kommt: Breaking News, die Präsidentin ist
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