Exil
Passagier.
Fleischköppe
Alison und Frans wollen übers Wochenende nach Sansibar, außerdem sind einige Schüler zum Schuljahresende nach Dar zurückgekehrt. Ich telefoniere und lade ein paar Leute ein, am Samstagabend vorbeizukommen. Bespreche mit dem Koch, dass er etwas zubereitet, das ich nur aus dem Kühlschrank holen muss. Stelle Plastikbehälter mit Wasser in die Gefriertruhe, um genügend Eis für die Kühlung des Biers in der Badewanne zu haben. Ich habe die Erlaubnis. Ein ganz neues Gefühl.
Jack kommt. Aziz bringt Diana mit. Jarno und Salomon, der sich die Haare wieder hat wachsen lassen. Jack taucht mit ein paar netten Marines auf. Ein paar einheimische Mädchen, die normalerweise im Marine’s Club sind. Ich gehe mit Jack und Aziz ins Badezimmer, wir wollen uns die Nase pudern.
Im Wohnzimmer reden alle darüber, was sie vorhaben. Diana will in Kanada studieren; sie erzählt, dass Tazim eventuell nach Portugal geht. Jarno muss in Finnland ins Gefängnis und zum Militärdienst, Aziz hat einen Job im Import-Export-Geschäft seines Vaters bekommen, zu mehr reichen seine Noten nicht. Salomon will an die Mailänder Universität. Die Marines müssen zurück in die USA und dort tun, was man in den USA so tut. Und die einheimischen Mädchen hoffen, dass sie mitgenommen werden. Aber sie irren sich. Und ich … ich habe keine Ahnung. Bald sind sie alle fort. Bald sehe ich sie nicht mehr, dann sind sie tot. So tot wie Gretchen. Ich höre nichts von ihr, sie hört nichts von mir.
Ich habe zu wenig gegessen, ich werde zu schnell betrunken. Gehe in den Garten, um Luft zu schnappen und eine Zigarette zu rauchen. Jarno kommt und legt einen Arm um mich. In dem dunklen Garten läuft es mir eiskalt den Rücken hinunter. Die Erinnerung überwältigt mich: Baltazar im dunklen Garten der Strand-Brüder bei dem Fest in Arusha.
»Hör auf, mich anzufassen!«, sage ich scharf. Meine Stimme überschlägt sich ein wenig. »Mir geht es nicht so gut«, füge ich hinzu. Er lässt mich los. Die Musik aus dem Wohnzimmer wird lauter. Ich gehe wieder hinein. Salomon sitzt am Tisch und rollt Joints, ein paar Gäste tanzen. Ich will mich hinlegen. Gehe in mein Zimmer. Eines der Mädchen hat ihren Kopf in Aziz’ Schritt. Er liegt auf meinem Bett. Wie ein Stempel bewegt sich ihr Kopf über seinem Schwanz.
»Raus!«, brülle ich und trete sie in den Hintern. Sie geht. Aziz bekommt auch einen Tritt. »Du dummes Schwein. Raus jetzt!«
»Nun mal mit der Ruhe«, sagt er und schubst mich weg, als ich versuche, ihn noch einmal zu treten. Er steht auf und zieht den Reißverschluss hoch. Das Mädchen hat sich verdrückt. Ich schiebe ihn zur Tür und brülle ihn an. Gehe mit ihm ins Wohnzimmer und stelle die Musik ab, damit er mich hören kann: »Verdammte Scheiße, du hast zum Ficken nicht mein Bett zu benutzen!«
Aziz dreht sich um. Alle starren uns an.
»Ich habe nicht gefickt. Mir ist einer geblasen worden, das ist ein Unterschied«, sagt er und geht in den Flur, wo Mick in der Tür steht. Er muss gerade gekommen sein. Ich hatte bei seinem Koch eine Nachricht hinterlassen. Mick schaut mich an. Aziz geht an ihm vorbei zu dem Mädchen, das auf ihn wartet. Irgendjemand stellt die Musik wieder an.
»Komm rein«, fordere ich Mick auf.
»Was läuft hier, Samantha?«, fragt er.
»Ich schmeiße das Schwein raus.«
»Wieso hast du ihn überhaupt reingelassen?«
»Es ist doch nur … eine Fete.«
Mick schaut an mir vorbei ins Wohnzimmer: »Und diesen Pseudo-Rasta Salomon, noch so ein Idiot. Jarno, der Mann, der keinen Stock in ein Stück Scheiße stecken kann, ohne dass beides kaputt geht.« Der Ausdruck meines Vaters. »Und ein Haufen Fleischköppe aus den USA mit eingeborenen Nutten. Das ist keine Fete, das ist ein Abstieg.« Er dreht sich um und geht zur Tür.
»Mick?« Ich laufe ihm hinterher. Er setzt sich in seinen Wagen. Ich stehe auf der Fahrerseite. Er kurbelt das Fenster herunter.
»Victor«, sagt Mick. »Er schmuggelt Waffen und Drogen. Und er hat deinen Vater irgendwie in der Hand. Das ist die Situation.«
»Woher weißt du das?«, schreie ich. Er guckt mich an.
»Von deinem Vater«, sagt er, schaut sich um und setzt in der Einfahrt zurück, bevor ich noch etwas sagen kann. Auf die Straße. Er fährt davon.
Hilfe
Alison und Frans haben Gäste zum Abendessen: Holländer. Vater ist auch gekommen. Ich habe mich ordentlich angezogen. Benehme mich anständig. Wir essen am Tisch. Setzen uns auf die Couch-Garnitur. Vater steht auf
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