Exil
Bahn geraten«, sagt er und sieht mich an. Ich erwidere nichts. »Wie sich herausstellte, war es ziemlich schwierig … das Leben.«
»Was war so schwer daran?«
»Ich kam zum Militär, zum SAS , und wurde diszipliniert. Ich habe gelernt, mich selbst in den Griff zu bekommen.«
»Diszipliniert wozu? Neger zu ermorden?«
»Dir fehlt die Disziplin, um dein Leben zu meistern. Selbstdisziplin. Und dafür musst du selbst sorgen, Samantha.«
»Wovon redest du?«, frage ich. Vater sieht mich an, wendet den Blick ab, seufzt.
»Ich weiß es nicht. Ich versuche, dir etwas zu vermitteln.«
»Was denn?«
»Ich weiß es nicht.«
»Wer weiß es dann?«
Er sieht mich wieder an: »Du solltest anders sein als ich. Wenn du es gut haben willst im Leben, dann solltest du anders sein als ich.«
»Das ist mir klar.«
»Wirklich?«, fragt er nach. Ich antworte nicht. »Es bleibt mir nichts übrig, ich muss dich zu deiner Mutter schicken.«
»Erst, wenn Alison ihr Kind zur Welt gebracht hat, okay?«, sage ich leise.
Er sieht mich skeptisch an.
»Es sind nur noch zwei Monate bis dahin.«
»Einverstanden«, sagt er.
Geilheit
Ich wache früh auf, laufe ans Wasser und schwimme. Dann gehe ich zu Jack. Das Hausmädchen öffnet die Tür nur einen Spalt weit. Ich grüße auf Swahili und frage, ob der Junge zu Hause ist.
»Der Junge ist noch nicht aufgestanden«, sagt sie, bereit, die Tür jederzeit zuzuschlagen.
»Dann wecke ich ihn einfach.«
»Ich weiß nicht …« Sie macht ein ängstliches Gesicht.
»Du weißt, dass der Junge ein msenge ist, nicht wahr? Sonst hätte er doch längst versucht, dich zu begrabschen.« Sie kichert und schaut zu Boden, hebt die Hände, um ihr Lächeln zu verbergen. Ich habe ihr gerade erzählt, dass der Sohn des amerikanischen Botschafters ein kleiner Schwulenarsch ist.
»Der Botschafter sieht es gern, wenn du mich hereinlässt«, sage ich. »Er hofft, dass ich den kleinen msenge wieder normal mache.« Jetzt lacht sie vollkommen unverhohlen, sperrt die Tür auf und lässt mich herein. Ich gehe in sein Zimmer und werfe mich auf Jacks Bett, er wacht auf.
»Hey, Sam«, murmelt er. »Willst du frühstücken?«
»Ich will vögeln«, sage ich, greife nach seiner Hand und ziehe sie mir zwischen die Beine.
»Hör auf damit«, sagt er und grinst. Versucht, die Hand zurückzuziehen.
»Komm schon, Jack, fick mich.« Ich werfe mich auf ihn.
»Nein, Sam. Ich hab keine Lust dazu … du bist ein Mädchen.« Er kämpft, um sich zu befreien. Ich ziehe mein T-Shirt über die Brüste.
»Magst du wirklich keine Titten? Du darfst mich auch von hinten nehmen.«
»Hör jetzt auf.«
»Und wenn wir das Licht ausmachen?«
»Stopp!«
»Ein Arsch ist doch so gut wie der andere?«
»Blöde Kuh!« Er stößt mich weg. Ich stöhne.
»Mann, ich brauch’s so«, jammere ich.
»Nimm dir eine Zigarette«, erwidert Jack und springt aus dem Bett. Sein Penis zeigt keinerlei Reaktion. Er geht zur Tür und ruft in seinem gebrochenen Swahili: »Bitte um Frühstück für zwei, danke!«
Wir essen. Dann fährt Jack mich nach Hause. Er will mit Flaschen tauchen, dazu habe ich keine Lust; zu viel Wasser über mir.
Die Tage und Wochen vergehen auf diese Weise mit Nichtstun. Alison spricht nicht über England. Vater will, dass ich bei Mutter wohne, sobald Alison entbunden hat. Aber ich will nicht. Ich hoffe nur, dass sich irgendetwas Neues ergibt, irgendeine Gelegenheit.
Imperialisten
Range Rover, Land Rover, Land Cruiser, Nissan Patrol, Cherokee Jeep, neue Wagen von Peugeot und Mercedes, ein Scheiß-Porsche ‒ die Autos halten, frisch gewaschen vom Dienstpersonal, in der Einfahrt des schwedischen Botschaftsgebäudes. Frans parkt seinen blankgeputzten Range Rover.
»Wir benehmen uns anständig«, ermahnt mich Alison, als wir über den feinkörnigen Kies der Einfahrt gehen, vorbei an den Fahrern in ihren kackbraunen Uniformen, die darauf warten, dass die Herrschaften besoffen genug sind, um sich nach Hause verfrachten zu lassen.
»Selbstverständlich«, erwidere ich. Die Botschaften haben das Recht zur unbegrenzten Einfuhr von steuer- und zollfreien Waren, die Kataloge habe ich bei Christian in Moshi und neulich auch bei Jack gesehen. Dänische Firmen, die alles verkaufen: Möbel, Kleidung, Süßigkeiten, Lebensmittel, Schnaps, Schmuck, Gardinen, Toilettenpapier, Zigaretten, Zelte, einfach alles. Ein Kellner im Jackett eilt uns mit einem Tablett entgegen, auf dem langstielige Gläser mit einem Willkommensdrink stehen. Ich
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