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Exil

Exil

Titel: Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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ist nicht verschnitten. Ganz rein«, behauptet Aziz.
    »Ich werde dir etwas Ordentliches besorgen«, verspreche ich Jack, obwohl ich nicht weiß, wo.
    »Nur einen einzigen«, sagt Jack und steckt Aziz diskret ein paar Dollar zu. Er drückt ihm einen gefalteten Geldschein in die Hand, mitten in der Bar. So wird das gemacht. Das tansanische Geld ist nichts wert, die Gelddruckmaschine läuft, und das Kokain wird in einem zerknitterten Hundertschillingschein weitergegeben, damit man das Werkzeug direkt zur Hand hat, wenn man sich die Nase pudern will.
    Aziz verschwindet. Ein großer Kellner wechselt die vollen Aschenbecher.
    »Schau dir den an, sieht gut aus, oder?«
    »Bleib ruhig, Jack.«
    »Wir wollen heute im Marine’s Club essen.«
    »Hab keine Lust, dort wollen sie mir ständig an die Wäsche.«
    »Ja, und ich glaube, einer von ihnen will auch mir an die Wäsche«, sagt Jack.
    »Aber die sind so blöd wie Ziegelsteine.«
    »Und genauso hart.«
    »Du denkst auch nur an das Eine«, sage ich.
    »Das stimmt, meine Süße. Du und ich, wir sind aus dem gleichen Holz.« Wir gehen zum Auto. Jack fährt.
    Verkehr
    »Versuchen wir, was anderes zu finden«, schlage ich vor. »Von Aziz’ Zeug brennen dir die Stirnlappen durch.« Wir fahren in der Stadt herum und probieren es hier und da, fragen diskret die Barkeeper, ob man etwas für die Nase kaufen kann. Aber vergeblich. Es wird Abend, und wir haben Hunger, fahren zurück nach Upanga. Der Strom ist ausgefallen, es gibt nur das Scheinwerferlicht der Autos und Lastwagen. Der Verkehr ist dicht, man muss auf der Hut sein. Jack streift beinahe einen Fußgänger, der auf der Fahrbahn läuft – sie setzen ihr Leben aufs Spiel, nur um keinen Staub an die Füße zu bekommen.
    »Aaiiihhh!«, schreit Jack plötzlich auf. Du-dumm, tönt es von den Reifen. Ich sehe noch … einen toten Mann. Wir haben gerade einen toten Mann überfahren, seine gespreizten Finger haben die Autoreifen auf dem Asphalt platt gedrückt, der Torso ist von den schweren Lastwagen zerquetscht.
    »Oh, fuck!«, stoße ich aus und sehe mich um. Als ich Jack wieder ansehe, zittert er. Der kleine Schwulenarsch.
    »Wieso hat den denn keiner von der Fahrbahn geholt!«, brüllt er heiser.
    »Wer auf die Fahrbahn geht, wird überfahren.«
    »Aber das ist doch … total krank!«
    »Toter kann er nicht mehr werden, Jack.«
    »Ich kann nicht mehr fahren«, sagt er.
    Wir nähern uns der Selander Bridge. Fahren auf der Mittelspur, neben uns mehrere Lastzüge, an der Kreuzung müssen wir rechts abbiegen, aber es ist unmöglich, die Spur zu wechseln.
    »Du musst warten, bis wir an der Kreuzung sind«, sage ich.
    Der Geruch nach gammligem Tang und Kloakenabfällen dringt von dem stehenden Wasser westlich der Brücke durch die offenen Fenster. Jack biegt mit vibrierender Unterlippe auf den Kenyatta Drive und fährt sofort auf den Seitenstreifen. Er schnieft.
    »Was ist?«, will ich wissen.
    »Ich kann nicht mehr fahren«, stößt er hektisch aus.
    »Okay.« Ich steige aus und gehe zur Fahrerseite. Sofort stehen zwei Burschen da und wollen mir Erdnüsse und Zigaretten verkaufen; normalerweise arbeiten sie an der Kreuzung, wenn der Verkehr stillsteht.
    »Toka!«, schreie ich sie an – verschwindet! Jack rutscht umständlich auf die andere Seite, er heult theatralisch.
    »Jetzt hör schon auf, den Schaltknüppel zu ficken«, sage ich. »Ich will deine Scheiße nicht an meinen Händen haben.« Durch die Tränen lacht er.
    »Groß und hart«, sagt er und lässt sich auf den Beifahrersitz fallen. Ich löse die Handbremse, fädele mich in den Verkehr ein; großer Motor, gute Beschleunigung, Cherokee Jeep. Ich fahre die Oysterbay entlang. Der Wind peitscht durch die Seitenfenster.
    Auch hier ist der Strom ausgefallen, die großen Villen sehen aus wie düstere Burgen, bis auf diejenigen, die über einen Generator verfügen. Auf dem Meer sind die Lichter der Frachtschiffe zu erkennen, die in der Bucht vor Anker liegen.
    Appetit
    »Lass uns was essen«, sage ich.
    »Essen?«, wiederholt Jack. »Ich kann doch jetzt nichts essen.«
    »Es ist noch nicht lange her, da hast du gesagt, du hättest Hunger.«
    »Aber … dieser Tote. Also, ich kann jetzt nichts essen.«
    Ich bremse und drehe, um zum Haus von Jacks Vater an der Laibon Street zu fahren.
    »Ich habe Hunger«, erkläre ich. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so hungrig gewesen bin. Wir sind da. Der Marine’s Club und die Botschaft sind hell erleuchtet; natürlich

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