Exil
nehme mir ein Glas und schlendere umher. Es gibt Unmengen von Essen, und glücklicherweise ist die Party nicht formell: Man bittet einfach einen der Kellner um die Dinge, die man auf seinem Teller haben möchte, und setzt sich an einen der kleinen Tische im Garten. Wir essen. Hinterher halte ich mich an Alison, die im Garten herumgeht und die Leute begrüßt. Fackeln brennen, und in einem großen Barzelt werden Cocktails ausgeschenkt.
»Wie haben Sie Ihrem Mädchen beigebracht, so etwas zu kochen?«, fragt Alison die Ehefrau des schwedischen Botschafters.
»Oh, Maria ist sehr anstellig«, antwortet die Botschaftergattin. »Ich muss ihr die Dinge nur zwei-, dreimal zeigen, dann kann sie es.« Wir hatten Crêpe Suzette zum Dessert. Es sind doch nur Pfannkuchen. Sie reden über das Küchenmädchen wie über einen Hund, der die Tricks gut beherrscht, die man ihm beigebracht hat.
Das ganze Verhältnis zu den Dienstboten ist wie zu Hunden, denn auch ein Hund ist abhängig von seinem Besitzer, und er weiß es. Ist er nett zur Familie, bekommt er Futter. Einige haben natürlich auch Angst vor ihren Hunden. Sie glauben, sie könnten auch mal zubeißen.
Ich entferne mich, bevor die Damen sich mir zuwenden oder anfangen, über Alisons Bauch zu reden. Alison und Frans werden wegen Frans’ Job bei der KLM zu unglaublich vielen Festen in Botschaftskreisen eingeladen – er kann auf den letzten Drücker noch Flugtickets besorgen.
Jede Menge Schweden sind unter den Gästen. Die Bar besteht aus langen Tischen mit gelb-blauen Tischdecken, wie die schwedische Flagge. Die Männer sind in den Vierzigern, sie sind zu dick und sehen müde aus. Einige haben schwarze Frauen, die sich im Hintergrund halten oder mit den anderen schwarzen Frauen plaudern, die ebenfalls eine weiße Giraffe geschossen haben. Und dann gibt es noch die weißen Frauen.
»Klaut Ihr Koch?«, erkundigt sich eine von ihnen.
»Ja, die klauen doch alle. Aber so lange es nicht überhand nimmt«, antwortet eine andere.
Frans taucht neben mir auf, nimmt meinen Arm und zieht mich von den plappernden Damen fort.
»Man sollte sich niemals über sein Dienstpersonal beschweren«, sagt er. »Man sollte sich auch nie über den Verkehr beschweren, wenn man hier Auto fährt, denn sonst endet es mit einem Nervenzusammenbruch oder einem Magengeschwür. Dann sollte man lieber wieder nach Hause gehen«, fügt er so leise hinzu, dass niemand sonst es hört. Frans ist okay.
»Ist doch in Ordnung mit dem Verkehr«, sage ich. Wir schlendern ein bisschen durch den Garten. Ich schnorre eine Zigarette von ihm.
Alison kommt zu uns.
»Wollen wir fahren?«, fragt Frans. Alison legt die Hände auf den Bauch.
»Allzu lange will ich nicht mehr bleiben«, sagt sie und nickt einer hübschen Einheimischen mit großen Brüsten zu.
»Ist sie noch mit dem deutschen Handelsattaché zusammen?«, will Frans wissen.
»Ja, offenbar hat sie ihn am Haken«, erwidert Alison.
»Ich hole uns noch ein paar Drinks.« Frans geht zur Bar, an der schwarze Kellner mit dunklen Hosen und Jackett bedienen.
»Am Haken?«, frage ich nach. Und Alison erzählt, dass die Frau Witwe mit zwei kleinen Kindern ist und seit drei Jahren regelmäßig auf diesen Festen auftaucht. Sie arbeitet daran, den richtigen weißen Mann zu finden, der bezahlen kann.
»Hey, Mädels!« Es ist Jack. »Wollen wir feiern?«
»Wir müssen los«, sage ich.
»Nein«, widerspricht Jack, als Frans mit unseren Drinks und einem Fruchtsaft für Alison zurückkommt.
»Ich muss auf mich aufpassen«, sagt Alison mit einem Blick auf ihren Bauch.
»Wenn Sam bleibt, verspreche ich, sie nach Hause zu fahren«, schlägt Jack vor.
»Vermutlich bist du nicht mehr ganz sicher am Steuer«, wendet Frans ein.
»Ich habe einen Chauffeur«, erklärt Jack.
»Frag Samantha, ich bin nicht ihre Mutter«, sagt Alison mit einem Lächeln.
»Na ja, klar, ich bleibe gern.« Kurz darauf verabschieden sich Alison und Frans. Jack und ich gehen auf die Toilette und pudern uns die Nase. Wir saufen wie die Fische, laufen herum, hören den Leuten zu und feixen, bis Jacks Vater uns bittet, uns ein wenig zurückzuhalten. Wir besorgen ein paar Dosen Bier und lassen uns zur Oysterbay fahren, schwimmen nackt, sitzen im Sand. Trinken, rauchen und plaudern.
Am nächsten Morgen: Zähneputzen. Kopfschmerzen wegen letzter Nacht. Alison ruft mich, sie will mich beim Einkauf und beim Friseur dabeihaben.
»Ich muss mich noch kämmen!«, rufe ich zurück. Es tut weh. Ein
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