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Exil

Exil

Titel: Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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alte Flamme. Benzingeruch. Aziz ist aus seinem Peugeot gestiegen, er steht wie gelähmt da und glotzt nur, während das vergewaltigte Mädchen vom Rücksitz aus zusieht. Shakila versucht, sich aus meinem Griff zu befreien und zu dem Jeep zu laufen.
    »Nein«, sage ich und halte sie fest. »Der explodiert.« In diesem Moment hören wir ein heftiges Sausen in der Luft, die Flammen schließen den Jeep ein und flackern wie eine Feuersäule in den Himmel, hoch oben schmiegen sie sich um die Palmenblätter. Die Blätter entzünden sich trocken knisternd, Funken fliegen auf und ähneln in der Dunkelheit einem Schwarm Feuerfliegen. Auf dem Beifahrersitz des Jeeps … ein brennender Mensch. Der Wind bringt die Palme zum Schwanken, das Feuer wird weitergetragen, von Palme zu Palme, Feuer im Himmel. Die Flammen sind schön, der Wind trägt sie, bläst sie hoch hinauf. Der Soldat liegt schluchzend im Sand und blickt auf seinen sterbenden Kameraden.
    Shakila reißt sich los und läuft zu dem Soldaten, hockt sich neben ihn. Ich sehe Aziz an, dessen Augen entsetzt aufgerissen sind, als sich unsere Blicke begegnen. Er springt in seinen Wagen, startet und fährt rasch davon. Ich gehe zu Shakila. Lege meine Arme um ihre Schultern.
    »Wir müssen hier weg«, sage ich und schaue auf den Soldaten, eine lange Wunde leuchtet rot auf seiner rußigen Wange. Dann werfe ich einen Blick auf das Oysterbay Hotel, ob irgendjemand uns beobachtet, aber dort ist niemand.
    »Er ist okay«, sage ich. »Los jetzt.«
    »Wir müssen doch auf die Polizei warten«, protestiert Shakila.
    »Nein. Ich will nicht mit der Polizei reden.« Ich zerre sie hoch, lege einen Arm um sie, führe sie über die Straße auf den Seitenstreifen, hinunter zum Villenviertel.
    »Warum nicht?«
    »Meine Aufenthaltserlaubnis. Vielleicht ist sie ungültig.« Shakila sieht mich an. Ich zucke die Achseln. »Mein Vater hat ein paar Probleme mit den Behörden.«
    »Der Söldner?«
    Die ersten Regentropfen fallen schwer auf uns herab, dann öffnet sich der Himmel und es gießt.
    Assistenz
    »Samantha, du musst aufstehen«, sagt Alison.
    »Wieso?«, murmele ich, schlaftrunken, verschwitzt und mit schwerem Kopf. »Warum ist die Klimaanlage abgeschaltet?«
    »Stromausfall.«
    »Scheißland«, sage ich und setze mich auf, reibe mir übers Gesicht. Stehe auf. Alison steht in der Tür. Ich wanke auf sie zu.
    »Es gibt auch kein Wasser«, sagt sie.
    »Ahhrrr.« Ich lehne meinen Kopf an ihre Schulter. »Was soll ich machen?«
    »Dich in jedem Fall anziehen, bevor du dich an den Frühstückstisch setzt. Und heute bitte auch einen BH , damit du nicht aussiehst wie ein Hippie.« Sie watschelt mit ihrem dicken Bauch den Flur hinunter. »Wir müssen Holzkohle kaufen.«
    »Aber ich will zum Strand.« Ich will die verkohlten Palmen sehen.
    »Du musst fahren«, sagt sie. Ich ziehe mich an. Sie will nicht allein fahren, weil sie bald entbinden wird; außerdem muss sie den Sitz ganz zurückschieben, um Platz für ihren Bauch zu haben, und dann sind ihre Arme zu kurz, um das Lenkrad zu erreichen. Ich frühstücke. Zwinge mich, ein Stück Papaya zu essen, ein weichgekochtes Ei und einen Toast, der wie Holzkohle schmeckt, dazu trinke ich Kaffee und Saft. Zünde mir eine Zigarette an. Was soll ich machen? Ach ja, fahren.
    »Hat Vater mit dir über das Flugticket geredet?«
    »Wieso, willst du mich gern loswerden?«
    »Nein, aber …« Sie beendet den Satz nicht. Ich kann nicht ewig bei ihr herumhängen. Aber es ist angenehm, und allein der Gedanke an England und was ich da soll … ich bin verwirrt, und ich habe einfach keine Lust. Ich will auf Feten gehen und Alkohol trinken, so viel ich will. Und Männer, die mich gierig anstarren. Einige von ihnen sind total neben der Spur. Ich würde ihnen gern sagen, dass es okay ist, nur sollten sie doch besser wieder nach Hause fliegen. Nur, ich will nicht weg. Ich bin hier zu Hause. Allerdings kann ich meine Aufenthaltserlaubnis nicht verlängern.
    »Nein, ich habe nicht mit Vater gesprochen. Ich habe ihn nicht mehr gesehen, seit er mich geschlagen hat und total besoffen auf dem Sofa eingeschlafen ist.«
    »Na gut. Lass uns fahren.« Alison geht hinaus. Ich rauche auf, ziehe mir die Schuhe an und gehe zur Garage. Der Gärtner und der Koch laden eine Holzkiste ins Auto. Sie können sie kaum tragen.
    »Was ist das denn?«
    »Ich soll sie für Vater vor dem Africana abliefern«, sagt Alison.
    »An wen?«
    »Victor Ray, ehemals SAS , kennst du ihn?« Ich wende den Blick

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