Exil
still. Truddi steht auf, geht auf die Toilette. Leise höre ich das Spülgeräusch und ein Poltern. Kurz darauf kommt sie zurück. Ich muss noch warten, bis sie wieder schläft, aber Truddi wälzt sich unruhig hin und her. Was ist los mit ihr? Masturbiert sie? Auf dem Flur knallt eine Tür.
»Minna, Minna!«, höre ich Diana rufen. Es wird an einer Tür geklopft. Truddi springt aus dem Bett. Tazim ist ebenfalls aufgewacht. Wir gehen auf den Flur. Der Boden ist überschwemmt. Minna kommt im Nachthemd aus ihrer Wohnung, das Haar in Unordnung.
»Was ist passiert?«
»Eine der Toiletten ist kaputt«, sagt Diana. Scheiße. Minna geht in den Toilettenraum. Fast alle sind jetzt auf den Beinen. Wir folgen ihr. Der Spülmechanismus meiner Toilette ist kaputt, das Wasser läuft aus. Minna holt Seppo, der den Wasserhahn abdreht. Er fischt die zerbrochene Weinflasche aus dem Spülkasten, riecht daran.
»Wein«, sagt er. Minna dreht sich um. Guckt uns scharf an, ihr Blick bleibt prüfend an mir hängen.
»Wer hat die Flasche in den Spülkasten gelegt?« Wir schauen uns an, aber die meisten blicken auf mich.
»Es war Sam, sie hatte den Wein«, behauptet Truddi.
»Wovon redest du? Das ist nicht mein Wein.«
»Samantha«, sagt Minna. »Wenn es dein Wein war, musst du es sagen.«
»Das ist nicht meiner. Truddi ist doch nur sauer auf mich, weil es mit Stefano nicht klappt. Weil sie frigid ist.«
»Samantha!«, ermahnt mich Minna.
»Geht in eure Zimmer und bleibt dort«, greift Seppo ein. Kurz darauf kommt er mit Minna herein. Stubengang mitten in der Nacht. Minna findet meine Zigaretten, die unter Truddis Bett kleben, aber Truddi kommt davon, denn Minna ist überzeugt, dass es sich um meine handelt.
»Tja, dann musst du mich wohl bestrafen, obwohl du keine Beweise hast«, sage ich. »Alles, was hier nicht korrekt läuft, ist offenbar meine Schuld.«
»Hör jetzt auf damit, Samantha«, erwidert Minna.
»Hör du erst einmal auf, ständig deine Hand über diese Tussi zu halten.«
»So reden wir hier nicht übereinander.«
»Ich schon.«
Danach gehen Minna und Seppo in die Jungenabteilung, um dort die Zimmer zu kontrollieren.
Katzenminze
Sonntagmorgen beim Frühstück herrscht Unruhe. In der Jungenabteilung des Kiongozi wurden Zigaretten, Konyagi, Kondome, etwas bhangi , Pfeifen, Pornohefte, Mädchenunterwäsche und Kontaktleim gefunden; der Leim gehörte natürlich einem Norweger, sie schnüffeln ständig. Alle wollen wissen, wer die Unterwäsche hatte und wem sie gehört, denn in unsere ganze Wäsche sind Namensschildchen genäht. Gideon behauptet, es hätte sich um Truddis Höschen gehandelt, aber der Slip wurde auf der Toilette gefunden und es gibt keinen Hinweis, wer ihn gestohlen haben könnte.Ich gehe mit Panos zum Kijana-Haus. Vor den versammelten Bewohnern steht Seppo in der Tür des vierflügeligen Gebäudes.
»Ihr müsst hier draußen warten, bis Sally einen nach dem anderen holt, wir führen einen Stubengang durch.« Panos zuckt die Achseln und lehnt sich gegen die offene Metallpforte, die nachts geschlossen wird, so dass man an einer Ecke des Hofs über die Mauer klettern muss, wenn man einen nächtlichen Ausflug unternehmen will. Salomon murmelt etwas von Polizeistaatmethoden. Dann hören wir Sallys Stimme, und es wird still.
»Sandeep, du kannst deine Katze nicht hierbehalten, wenn sie ins Zimmer pinkelt«, sagt sie und tritt auf den Flur. Sandeep folgt ihr.
»Sie pinkelt nicht«, widerspricht er. »Sie ist reinlich.«
»Hier riecht es nach Katzenpisse«, sagt Sally zu ihm und schaut zu uns hinüber.
»Vielleicht liegt ja ein totes Eichhörnchen auf dem Dachboden und vergammelt, das stinkt fürchterlich«, ruft Panos ihr zu. »Ich habe gehört, wie die nachts da oben rumlaufen.«
Sally ruft Philippo, der die Deckenplatten lösen muss. Er findet drei bhangi -Pflanzen über Sandeeps Bett.
»Panos«, seufzt Sally.
»Was denn? Ich rauche so etwas nicht. Das ist mir zu hinduistisch. Es untergräbt die gesellschaftliche Moral, habe ich in den Daily News gelesen.« Die Zeitung enthält häufig Appelle an die Jugend, keine Katzenminze zu rauchen. Wir benutzen die Seiten manchmal als Toilettenpapier, wenn es keins zu kaufen gibt.
»Salomon?«, sagt Sally.
»Meins ist es nicht.«
»Ich dachte, du seist Rasta?«, grinst Panos.
»Ich bin Rasta«, erwidert Salomon. Sandeep wird hinausgeschickt, Panos ins Zimmer gerufen. Aber natürlich findet sich nichts in seinem Zimmer, es lag ja über Sandeeps
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