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Exil

Exil

Titel: Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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Bett.
    »Daran sind die Amerikaner schuld«, behauptet Salomon.
    »Woran?«, frage ich.
    »Das Kraut ist in den USA verboten, weil es das bevorzugte Rauschmittel der schwarzen Sklaven war, gesund und sauber. Und es segnet seine Benutzer mit göttlicher Einsicht. Der weiße Mann hat das heilige Kraut immer gefürchtet, weil er die spirituelle Welt und das natürliche Zusammensein der Menschen mit den Geistern nicht versteht. Daher zwingen die Imperialisten die afrikanischen Staaten, das Kraut zu verbieten. Eine Forderung, bevor sie uns helfen wollen, die Schäden zu überwinden, die ihre eigene Jagd auf Sklaven und der Kolonialismus auf unserem Kontinent angerichtet haben. Gleichzeitig setzt sich die Ausbeutung fort. Mit hohen Löhnen locken sie unsere besten Köpfe fort und stehlen unsere Rohstoffe, bezahlen uns aber nur ein Trinkgeld. Und statt des heiligen Krauts sollen wir unseren Geist und unsere Glieder mit babylonischen Flüssigkeiten abstumpfen.« Er redet von Alkohol. Es ist ein ewiger Strom von pseudoreligiösem Rasta-Scheiß, der aus ihm herauskommt. Ich begreife nicht, was Tazim an ihm findet.
    Aufregung
    Wir müssen früh auf den Zimmern sein. Mama Hussein – die Krankenschwester der Schule, die das Kijito-Haus leitet – kommt, um mit uns zu reden. Wir sind neugierig. Mama Hussein ist einer der beiden einheimischen Angestellten der Schule, natürlich abgesehen von den Gärtnern, den Köchen, dem Wachpersonal und den Putzfrauen. Mama Hussein ist eine Mischung aus Afrikanerin und Araberin aus Sansibar; eine stattliche Frau, alleinerziehende Mutter von zwei Söhnen und ziemlich direkt in ihrer Art.
    »Ich soll euch nicht über die Fortpflanzung aufklären, über Sex, denn Sex ist hier an der Schule nicht gestattet«, beginnt sie. »Aber es könnte ja sein, dass ihr in den Ferien Sex habt, daher ist es wichtig, die Zusammenhänge zu kennen, denn den Jungs ist es egal, was passiert. Sie denken nicht, wenn sie erregt sind.« Ein paar Mädchen kichern. »Und ihr wollt doch nicht euer Leben zerstören.«
    Sie erklärt es auf eine Weise, die alle verstehen. Minna kommt aus der Tür ihrer Wohnung, die den Mädchen- und den Jungentrakt im Kiongozi trennt. »Wie kannst du ihnen so etwas erzählen«, sagt sie mit hochrotem Kopf.
    »Misch dich da nicht ein, Minna. Hör auf, mich zu stören«, erwidert mama Hussein und fährt fort. Minna zieht sich hastig zurück und wirft die Tür zu.
    »Truddi«, flüstere ich, als wir in unseren Betten liegen und das Licht gelöscht ist.
    »Ja?«
    »Du musst aufpassen, dass du nicht schwanger wirst, wenn du deinen Slip anziehst.«
    »Wieso denn?«
    »Weil alle Jungen ihn als Wichsvorlage benutzt haben.«
    »Du bist so blöd!«
    Tazim kichert in ihr Kopfkissen.
    Am nächsten Tag läuft mama Hussein mit einem wütenden Gesichtsausdruck herum. Seppo hat Mr. Owen von gestern erzählt, und mama Hussein musste zu einem Gespräch bei ihm erscheinen. Seppo – noch so ein religiöser Narr.
    Besuch
    Die Sekretärin des Direktors kommt in der letzten Stunde und ruft mich ins Büro.
    »Was ist denn?«, erkundige ich mich, als ich mit ihr den Flur hinuntergehe.
    »Ich weiß es nicht«, antwortet sie. Was habe ich getan? Zigaretten geraucht? Ja, ständig. Getrunken? Nicht seit neulich. Gestohlen? Nein. Meine Abschlussaufgabe geschrieben? Auch nicht. Vielleicht steht lediglich meine Persönlichkeit unter Anklage. Wir betreten das Büro, und dort sitzt er.
    »Victor!«
    »Hey, Samantha.« Er steht auf und umarmt mich kurz. »Ich bin dein Onkel«, flüstert er mir ins Ohr, bevor er laut sagt: »Ich habe ein paar Sachen von deiner Mutter für dich.«
    »Okay«, sage ich und schaue Owen an. »Tja, das ist mein Onkel Victor.« Ich wende mich wieder Victor zu. »Wie lange bleibst du?«
    »Ich muss nachher schon wieder fahren. Aber ich wollte dich zum Mittagessen einladen.«
    »Okay.«
    »Hauptsache, du bist zur Hausaufgabenstunde wieder zurück«, sagt Owen lächelnd.
    »Klar.« Wir fahren in Victors Land Rover zu einem Lokal, das Golden Shower Restaurant heißt, etwas östlich der Stadt.
    »Was hast du von Mutter dabei?«
    »Ich kenne deine Mutter überhaupt nicht. Das war bloß eine Ausrede, um dich zu sehen. Kein Mensch weiß, dass ich hier bin.«
    Was soll ich sagen? Ich frage ihn, wo er gewesen ist. In einem Trainingslager in Uganda für Tutsis aus Burundi. Wir bestellen.
    »Und zwei Bier, oder?« Er sieht mich fragend an.
    »Klar.«
    »Na, wie läuft’s in der Schule? Was machen die

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