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Exil

Exil

Titel: Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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Frage, holt einen Kuhfuß und einen Hammer aus dem Laster und bricht die Kiste auf. Vater sieht besorgt aus. Der Schwarze fängt an zu sprechen.
    »Das haben wir nicht abgemacht«, sagt er laut. Vaters Antwort höre ich nicht. »Versuch nicht, uns übers Ohr zu hauen! Wenn du verschwindest, wird niemand eine Frage stellen«, erklärt der Mann. Ich warte auf eine Reaktion, aber Vater bleibt mit hängenden Schultern stehen und antwortet leise. Der Schwarze steht direkt vor ihm, und Vater lässt einfach die Arme hängen. »Das will ich dir auch geraten haben!«, sagt der Schwarze und dreht sich um. Er droht Vater, und der reagiert nicht. Er hat Angst vor dem Schwarzen. Vater wirkt alt. Der Lastwagen wird angelassen und fährt. Ich laufe aus der Verandatür zum Strand. Werfe mich in die Wellen. Vater ist nicht zu Hause geblieben, damit ich meine Aufgaben erledige. Er hat darauf gewartet, dass diese Sendung im Hafen von Tanga landet.
    Als ich zurück ins Hotel komme, frühstücken wir. Kein Wort über den Lastwagen, aber Vater raucht Kette und rutscht unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Er geht an den Schreibtisch und holt die Liste, legt sie auf den Tisch. Er zeigt drauf.
    »Dir fehlen noch zwei Aufgaben. Du erledigst sie ordentlich, auch wenn ich jetzt fahren muss.«
    »Du musst fort?«
    »Es geht gleich los.«
    »Und was wird mit mir?«
    »Du hast frei bis zum Schulanfang«, erklärt Vater. »Ich rufe deine Mutter an, bevor wir fahren.« Er steckt die Hand in die hintere Hosentasche und zieht einen Umschlag heraus. Ich schaue ihn fragend an. »Die Raucherlaubnis«, sagt er. »Für die Schule. Mach’s gut.«
    Eine Stunde später sind sie fort. Ich schreibe die letzten Aufgaben, haue sie hin. Am nächsten Tag kommt Mutter aus Dar zurück, allerdings ohne Alison. Da die Ferien in ein paar Tagen vorbei sind, fährt mich Mutter zur Schule. Ich liefere die Aufgaben ab. Ein absurdes Gefühl, nicht damit hinterherzuhängen.
    Exodus
    Die wichtigsten Mädchen der Schule werden am Samstag zu einer Art Polterabend bei Parminder eingeladen, denn sie wird sich bald verloben – alle wichtigen Mädchen außer mir; ich bin schließlich kein anständiger Mensch. Shakila und Tazim sind eingeladen.
    »Mach dir nichts draus«, sagt Tazim am Freitag. »Ich bleibe einfach hier.«
    »Nein, das ist wirklich nicht nötig.«
    »Okay«, sagt sie sofort, weil sie gern dabei wäre. »Aber dann machen wir heute Abend irgendetwas.«
    »Was?«
    »Es ist eine Überraschung«, erklärt Tazim. Ich hätte auch gern an dem Fest teilgenommen. Indische Mädchen, die in paillettenbesetzten Gewändern tanzen. Blumenkränze und Hennamuster in den Handflächen, lackierte Nägel und Metallarmbänder. Tee trinken und parfümierte indische Kekse essen, wobei man in ausladenden geblümten Sofas sitzt, die mit dickem durchsichtigem Plastik bezogen sind, damit der Staub sie in der Trockenzeit nicht grau werden lässt. Die Schenkel kleben daran fest, man verursacht Geräusche, wenn man aufsteht, und auf den Armlehnen, dem Rückenteil und allen Anrichtetischchen liegen kleine gehäkelte Nylondeckchen. Ich kenne das von Kindergeburtstagen in der Schule von Arusha. Indische Mädchen haben etwas Faszinierendes, während du die Jungen in der Pfeife rauchen kannst.
    »Jetzt ist es so weit«, sagt Tazim Freitagabend. Sie hat Tee gekocht und irgendein Pulver in einer Tüte dabei, Henna.
    »Willst du mich bemalen?«, frage ich sie.
    »Ja.« Sie mischt die pulverisierte Rinde mit Tee zu einem dicken Brei. Mit einem dicken Rosenstängel will sie ihn auftragen.
    »Mit einer Sahnespritze wär’s einfacher.«
    »Nein, das ist gut so.«
    »Aber Tazim … ich will diese indischen Muster nicht.«
    »Wieso nicht?«
    »Das ist, als wär ich traurig, dass ich nicht eingeladen bin. Als würde ich …«
    »Was willst du dann?«
    Ich hole ein Stück Pergamentpapier, auf das ich den Titel der Bob Marley- LP Exodus gepaust habe, eigentlich wollte ich den Schriftzug auf ein T-Shirt malen. Tazim sticht mit einer Nadel Löcher ins Papier, dann legt sie es mir auf den Arm, drückt die Spitze eines orangefarbenen Filzstifts durch die Löcher und markiert den Umriss der Buchstaben.
    Sie schmiert den Hennabrei auf meinen Oberarm, und ich warte, bis er eingezogen ist. Es dauert lange. Aber ich werde die ganze nächste Woche in ärmellosen T-Shirts herumlaufen: Exodus – movement of Jah people. Oh yeah.
    Dreadlock
    »Klasse!«, sagt Jarno, als er meinen Oberarm sieht.
    »Danke.« Ich setze mich

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