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Exil

Exil

Titel: Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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wirft mir einen warnenden Blick zu.
    »Shikamoo Mzee«, grüße ich höflich. Alison stellt mich vor, erklärt, der Mann sei vom IRS , Internal Revenue Service, dem Finanzamt. Ich zeige meine Hände und sage, dass ich ihm besser nicht die Hand gebe.
    »Ahh, Ihre kleine Schwester ist Mechanikerin«, grinst der Mann. Auf dem Tisch liegen die Rechnungsbücher des Hotels, ungeöffnet.
    »Bring uns noch etwas Bier«, bittet Alison. Ich laufe in die Küche und wasche mir die Hände, trage das Bier hinaus, öffne es, schenke ein und gehe wieder.
    »Leider gibt es momentan ein paar Probleme mit dem Hotel«, erklärt Alison dem Mann.
    »Wir haben alle unsere Probleme«, entgegnet der. In Tansania wird die Steuer bei einem halbjährlichen Besuch des IRS -Manns festgelegt; einer der besten Jobs, die es gibt. Kurz darauf sehe ich, wie der Mann sich in sein Auto setzt und fährt. Alison sitzt noch immer auf der Veranda.
    »Alison?«, rufe ich. Keine Reaktion. Ich gehe zu ihr. Sie sitzt wie versteinert auf dem Stuhl.
    »Vater schuldet eine wahnsinnige Summe«, sagt sie.
    »Wie viel?«
    »Sie können das Hotel konfiszieren.«
    »Werden sie es tun?« Alison seufzt.
    »Vielleicht. Ich habe den Kerl jetzt geschmiert, damit er vier Monate Ruhe gibt, dann wollen wir uns wieder unterhalten. Aber … ich weiß nicht, wie Vater sich das eigentlich vorstellt.« Sie schüttelt den Kopf.
    Wir reparieren die letzten Außenbordmotoren. Mick isst eine Unmenge, und er trinkt viel Bier, allmählich wird er wieder runder. Ich klopfe abends nicht an seine Tür, und er klopft auch nicht bei mir. Ich weiß nicht, warum. Er spricht nicht darüber.
    »Was ist mit Mick?«, erkundigt sich Alison.
    »Was soll sein?«
    »Er zieht nach Dar«, sagt sie und hebt die Augenbrauen.
    »Ja, aber ich will ihn nicht.«
    »Wieso nicht?«
    »Na ja, er arbeitet für seine Mutter. Und jetzt arbeitet er für eine Baufirma. Außerdem ist er … schwabbelig.«
    »Na und?«, erwidert Alison. »Ich arbeite für meinen Vater und habe kleine Titten.«
    »Na ja … er hat kein richtiges Interesse an mir.«
    »Da bin ich aber anderer Ansicht. Allerdings zeigst du ihm nicht, dass es dir gefällt – also lässt er dich in Ruhe. Er ist ein prima Kerl.«
    »Hör schon auf, Alison. Was ist bloß mit euch los? Bin ich eine Kuh, die verkauft werden muss, oder was?«
    Lichtmaschine
    Ich winke Alison, als Mick den Beach Buggy auf die Straße lenkt, Richtung Moshi und Schule. Alison hat uns Sandwichs geschmiert, wir haben Wasserflaschen dabei. Wir reden nicht miteinander, rumpeln nur über die Lehmpiste; Mick konzentriert sich darauf, den schlimmsten Schlaglöchern auszuweichen. Am späten Nachmittag halten wir im Schatten eines Baums, essen die Sandwichs, rauchen.
    »Ich will nicht in die Schule.«
    »Ist doch nur noch ein Jahr, Samantha.«
    »Es ist Folter.«
    Mick wirft seine Zigarette auf den Boden, tritt die Glut aus.
    »Lass uns fahren«, sagt er, und wir steigen ein. Mick dreht den Zündschlüssel. Keine Reaktion.
    »Was zum Henker?« Er versucht es noch einmal. Nichts. Steigt aus, geht zum Motor.
    »Sag jetzt nicht, dass der Scheiß kaputt ist«, sage ich.
    »Bleib ruhig, Samantha.« Er fummelt mit einem Schraubenzieher am Motor herum. Ich rauche, ohne ein Wort zu sagen, wedele Insekten weg.
    »Fuck!«
    »Was ist?«
    »Die Lichtmaschine ist im Eimer.«
    »Die Lichtmaschine?«
    »Ja, das Lichtmaschinen-System. Die Batterie lädt sich nicht mehr auf, wenn wir fahren.«
    »Und was bedeutet das?«
    »Dass wir nicht fahren können.«
    »Scheiße, Mick.«
    »Was ist?«
    »Wieso funktioniert dein Auto nicht einfach so, wie es sich gehört?«
    Er sieht mich an. »Weil das hier Afrika ist!«
    »Jesus!«
    »Wir müssen per Anhalter nach Moshi fahren«, erklärt Mick und schaut über die Straße, auf der wir gekommen sind. Es ist Sonntag, hier gibt es keinen Verkehr.
    »Wenn ein Bus kommt, kannst du ihn nehmen«, sagt er.
    Aber es kommt kein Bus. Ein paar Jungen tauchen auf und starren uns an. Mick erklärt ihnen, dass das Auto kaputt gegangen ist. Sie fragen nach Süßigkeiten. Wir haben keine Süßigkeiten. Sie fragen nach Geld. Mick fordert sie auf zu verschwinden. Nach einer Weile taucht ein schwer beladener Pick-up aus dem Hitzedunst auf und schlängelt sich langsam auf uns zu. Wir winken, der Mann hält.
    »Leider«, sagt er. »Ich kann euch nicht abschleppen. Ich hab schon viel zu viel geladen.«
    »Tja, das sehe ich«, antwortet Mick.
    »Wo fahren Sie hin?«, erkundige ich

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