Exil
er sie nicht zu vögeln hat?«
»Nein, aber er hat die Botschaft begriffen.«
Afro
Am nächsten Tag gibt es kein Wasser. Mutter ruft mich; ich soll ihr den Rücken waschen, sie sitzt in einer Wasserpfütze in der Badewanne. Sie sieht verbraucht aus: die Brüste hängen, ihre Haut an Armen und Beinen ist von der Sonne ledrig gegerbt. Ihr Hintern ist schrumpelig, der Bauch aufgetrieben vom Suff, die Schenkelmuskulatur schlaff. Traurig.
Am Nachmittag macht sie den jämmerlichen Versuch, ein paar Jane-Fonda-Workout-Übungen durchzuführen, nach einem Buch, das Alison aus England mitgebracht hat. Aber sie bringt nicht einmal die Disziplin für die Aufwärmübungen auf. Am nächsten Tag hat sie einen noch größeren Kater, sie steht nicht vor dem Nachmittag auf. Ich soll ihr das Haar mit irgendwelchen Chemikalien kräuseln, die meine Tante ihr geschickt hat. Ich gieße ihr irgendeine Flüssigkeit über den Kopf, wickele das Haar auf Lockenwickler und gieße noch etwas anderes darüber, das die Locken fixieren soll. Sie sieht aus wie ein Pudel.
Vater kommt herein. »Versuchst du’s jetzt mit ’ner Afro-Frisur?«
Sie geht ins Schlafzimmer und heult. Es ist … peinlich.
Mick ruft an und teilt mit, dass es noch ein wenig dauern wird, bis er zurückkommt. Alison fährt mit dem Auto nach Arusha, um mit Safariveranstaltern zu verhandeln. Ich könnte mitfahren, aber Mutter wäre unglücklich; als würde ich vor ihr fliehen.
Sie liegt im Bett, es geht ihr miserabel. Ich nehme eine Blutprobe und fahre ins Krankenhaus, um ihr Blut überprüfen zu lassen: Malariaparasiten. Doktor Jodha fährt mit mir zurück und verpestet den Wagen mit seinem Gestank nach Betelnüssen und Mottenkugeln. Er spuckt roten Speichel aus dem Fenster und wischt sich den Mund ab. Im Hotel verabreicht er Mutter eine Malariaspritze und eine Menge Tabletten, wobei er mit seinen rostroten Zähnen lächelt: »Ich komme morgen wieder vorbei und sehe nach Ihnen, Miss Richards.«
Doktor Jodha kommt am nächsten Tag wieder und gibt Mutter noch eine Spritze; nun müsste es helfen, aber es passiert nichts. Sie hat keinen sonderlich großen Appetit. Sondern Fieberanfälle. Die Spritzen wirken nicht. Vater trägt sie in den Wagen, ich fahre sie ins Krankenhaus. Sie wird aufgenommen und bekommt Fansidar, das wie eine Chemotherapie wirkt. Am späteren Nachmittag bringe ich ihr etwas zu essen – im Krankenhaus stirbt man den Hungertod, wenn man keine Hilfe bekommt. Sie hat den Appetit total verloren, ihr Mund ist wund, sie ist krank wie ein Hund. Hier an der Küste sind alle Mücken resistent, Chinin wirkt nicht mehr. Mutters täglicher Einsatz an der Gin Tonic-Front war umsonst.
Blutunterlaufen
Alison kommt zurück. Sie ist Feuer und Flamme und hat unzählige Pläne für die Zukunft des Hotels.
Mutter wird aus dem Krankenhaus entlassen, es geht ihr besser. Sie versucht, sich zu beschäftigen, wirkt normal.
Sie lädt die Whitesides zum Mittagessen ein. Es fängt bereits gut an, als ich morgens aufstehe und ins Bad will. Mutter reißt die Badezimmertür auf.
»Kannst du nicht abwaschen oder das Gemüse putzen? Die Whitesides kommen in drei Stunden!«
»Hol doch jemand aus dem Hotel.«
»Die kommen mir nicht in meine Küche«, erklärt sie – besessen von der Idee, dass sie eine Funktion in ihrem Dasein hat.
»Es sind nicht meine Gäste«, erwidere ich. Sie bleibt stehen und starrt mich an: »Du isst auch von dem Essen, also musst du auch helfen.«
Die halbe Nacht hat sie getrunken und nun verschlafen. Ihr Gesicht sieht aus wie ein Arschloch, das zu müde ist zum Scheißen. Es ist bitter, aber es ist nicht mein Problem.
»Ich habe meine Tage. Ich brauch ein Bad.«
Als sie geht, schreit sie: »Wo ist Alison?« Aber Alison ist früh aufgestanden und nach Tanga gefahren, um ein paar Handwerker zu finden, die eine neue Treppe für die Küstenböschung bauen können. Sie kommt zum Mittagessen zurück, das ohne Probleme verläuft.
»Du solltest dich mit diesem Mick zusammentun«, sagt Vater während des Essens.
»Verflucht, wovon redest du?«
Whitesides starren mich an.
»Sprich anständig«, ermahnt mich Mutter.
»Er ist ein guter Typ«, fügt Vater hinzu, »tüchtig.«
»Du hast dich nicht in meine Angelegenheiten einzumischen.«
»Ach ja, habe ich nicht?«
»Hört schon auf«, geht Alison dazwischen.
»Wieso sollte ich mit ihm zusammen sein?«
»Du brauchst jemanden, der dich versorgt, wenn ich keine Lust mehr dazu habe«, erklärt Vater. Ich
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