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Exil

Exil

Titel: Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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stehe einfach auf und gehe.
    »Du reagierst überempfindlich«, ruft Vater mir nach. Als ich wieder nach Hause komme, sind die Whitesides gegangen. Durch die Fenster sehe ich, dass die Alten im Wohnzimmer sitzen und trinken. Alison ist auch dabei. Sie hat ihr perfekt geplantes Leben. Erst ein bisschen Hotel, die Tochter, die das Geschäft der Eltern rettet. Dann zu einem Mann mit einem guten Job nach Dar. Tja. Ich gehe in mein Zimmer, höre Musik über Kopfhörer und blättere in Magazinen, die deutsche Touristen liegengelassen haben. Gehe ins Bett. Schlafe ein.
    »Kommst du nicht zu deinen Eltern, Töchterchen?« Es ist Vater. Er steckt den Kopf durch die Tür, schaltet das Licht ein. Ich halte eine Hand vor die Augen. Seine sind blutunterlaufen.
    »Ich schlafe.«
    »Schlafen kannst du, wenn du alt bist. Wir reden über die Zukunft. Wir schmieden Pläne.«
    »Ich gehe in die Schule, was willst du denn noch?«
    »Du bist so langweilig, Samantha. Wir haben ein großes Familientreffen, komm schon.«
    »Ich schlafe.«
    »Ach«, knurrt er und schließt die Tür, ohne das Licht zu löschen.
    Am nächsten Tag kommt Mick zurück, von einer Staubschicht überzogen.
    »Ein neuer Job in Dar, in zwei Wochen«, berichtet er. Mick soll Vorarbeiter einer Baufirma werden. »Ich kann dich gerade noch zur Schule bringen, Samantha.«
    »Die Schule«, entgegne ich. »Scheiße.«
    »Lass uns ein bisschen herumfahren«, schlägt er vor. Wir donnern über die staubigen Straßen.
    »Kommst du mit, duschen?«, fragt er, als wir wieder am Hotel halten.
    »Nein, ich hab keine Lust.« Ich gehe ins Haus.
    Glücksritter
    Später Nachmittag. Ich laufe zum Strand, um eine Zigarette zu rauchen, weil Mutter nicht will, dass ich rauche, obwohl sie selbst qualmt wie ein Schlot. Als ich zurückkomme, hält ein kleiner Land Rover vor dem Hotel, den ich schon einmal gesehen habe. Victor! Er sitzt mit Vater auf der Veranda.
    »Hey, Victor.«
    »Samantha. Wie geht’s?«
    »Gut«, antworte ich lächelnd.
    »Wir haben hier noch etwas zu besprechen«, erklärt Vater.
    »Okay.« Ich gehe hinüber zur Werkstatt, wo Alison sich mit Mick darüber unterhält, wie man das Baobab Hotel zu einem festen Ort für Gruppenreisen machen kann.
    »Vater hat Besuch«, sagt Alison.
    »Ja, hab ich gesehen. Ich hab ihm guten Tag gesagt.«
    »Was meinst du, was haben Vater und Victor vor?«
    »Keine Ahnung.«
    »Glücksritter«, wirft Mick ein. Alison lacht.
    »Was meinst du?«
    »Noch ein weißer Mann, der in Afrika nach einer Abkürzung zu Glück, Abenteuer und Reichtum sucht. Aber leicht muss es sein, arbeiten will er dafür nicht.«
    »Dann ist er genauso wie wir«, erwidert Alison.
    »Ja«, sagt Mick. »Aber wir wissen, dass es nicht möglich ist. Wir arbeiten.«
    »Aber wir überanstrengen uns nicht«, entgegnet Alison.
    »Das wird noch kommen«, meint Mick und sieht mich an.
    »Was?« Ich überlege, ob Victor hier übernachten wird. Bekommt er einen Bungalow? Ich könnte mich nachts zu ihm schleichen. Aber das wage ich ja doch nicht, das weiß ich genau.
    »Bald Zeit für einen Sundowner«, sagt Alison. Mick wischt sich die Hände an einem Lappen ab. Ich gehe hinaus. Victor packt irgendwelche Sachen hinten in seinen Land Rover. Vater ist nirgendwo zu sehen. Ich gehe zu Victor.
    »Musst du schon wieder los?«
    »Ja, leider. Aber es könnte ja sein, dass ich dich mal wieder in Moshi besuche.«
    »Könnte schon sein.«
    »Ich schick dir ein Telegramm, bevor ich komme. Und schreibe dir, wo ich wohne.«
    »Und dann musst du abwarten, ob ich auftauche.«
    »Ich glaube, das wirst du«, sagt er, als Alison und Mick aus der Werkstatt kommen.
    »Hey«, verabschiede ich mich und gehe auf die beiden zu – aber langsam, denn meine Wangen brennen. Sie bleiben stehen und warten auf mich. Ich schlucke.
    »Was hat er gesagt?«, erkundigt sich Alison.
    »Er hat mich gefragt, ob ich wüsste, wo man hier Zigaretten kaufen kann.«
    »Tsk«, schnalzt Mick. »Kann der Mann nicht mal Zigaretten finden?«
    Alison grinst und versetzt Mick einen Stoß, der mit »was ist?« reagiert.
    »Ein bisschen muffig?«, fragt sie.
    »Ich bin nur diese ganzen Freibeuter, blinden Passagiere und Scheißtouristen leid«, erklärt Mick und wendet sich der Veranda und dem Sundowner zu – der täglichen Gin-Tonic-Infusion.
    Internal Revenue Service
    Ich komme zum Mittagessen. Ein dicker Schwarzer im Anzug sitzt mit Alison auf der Veranda und trinkt Bier. Meine Shorts und das T-Shirt sind voller Ölflecken. Alison

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