Exit Mosel
Wegs. In der letzten Kurve brach das Heck des Wagens aus. Obwohl das Auto sehr schnell war, trat Gabi aufs Gaspedal, um den Wagen wieder in die Spur zu bringen. Unter der Brücke verlangsamte sie das Tempo.
Ein unbeleuchtetes Auto stand auf dem abschüssigen Hang zur Mosel. Gabi brachte den Wagen zum Stehen.
Noch während Walde seine Wagentür aufriss, sah er eine Gestalt, die vor dem Wagen eine Fackel anzündete. Die gleichen Fackeln hatten die Teilnehmer des Glaukosschwimmen mitgeführt. Nach ein paar Schritten nahm er den Geruch von Benzin wahr. Walde blieb stehen und hob die Hand, um seine Kollegen hinter ihm zurückzuhalten. Es war Grabbes Auto, das da vorn mit Benzin übergossen stand.
»Frau Holbach … bitte warten Sie!« Ein falsches Wort und es war vorbei. »Ihr Mann ist auch hier, er möchte mit Ihnen sprechen.«
Lydia Holbach hielt die Fackel in die Höhe. Sie drehte sich zu Walde um. Dabei schwankte sie, als wäre sie betrunken.
»Herr Holbach?«, raunte Walde.
»Schatz, mach’ keinen Scheiß!« Die Worte von Konrad Holbach erschienen Walde wenig hilfreich.
»Den Scheiß hast du fabriziert!«, rief Lydia Holbach mit belegter Stimme.
Walde beobachtete, wie sich etwas in den Hecken neben dem Wagen bewegte, in dessen Kofferraum sich wahrscheinlich Grabbe in höchster Lebensgefahr befand.
»Schatz, wir stehen das gemeinsam durch!«, rief Konrad Holbach.
»Was gibt es da noch durchzustehen?«, klagte sie.
»Wir finden eine Lösung«, versuchte es ihr Mann.
Walde hielt die Luft an. Eine geduckte Gestalt näherte sich von der Moselseite und huschte am Gebüsch entlang zum Wagen. Lydia Holbach hatte ihr den Rücken zugewandt.
»Ich kann nicht mehr«, Lydia Holbach torkelte nach hinten in Richtung des Wagens. Der Arm mit der Fackel sank nach unten.
Hinter ihr knackte es. Wahrscheinlich war die sich anschleichende Person auf trockene Pflanzenstängel getreten.
»Kommen Sie bitte!«, rief Walde, um das Geräusch zu übertönen.
Die Fackel in der Hand von Lydia Holbach senkte sich weiter Richtung Boden. Gleich würde sie auf die benzingetränkte Wiese fallen.
Die Gestalt kam hinter dem Wagen hervor. Es war Gabi, die auf die taumelnde Lydia Holbach zuschoss, ihr die Fackel entriss und sie im hohen Bogen zur Mosel schleuderte, wo sie zischend erlosch.
Walde lief zu dem Wagen. Seine Schuhe und die Schöße seiner Hose färbten sich dunkel vom Benzin. Im Wageninneren schien niemand zu sein. Eine Taschenlampe wagte er nicht zu benutzen. Der kleinste Funken konnte eine Explosion der Benzindämpfe auslösen. Bevor er den Knopf des Kofferraumdeckels drückte, atmete er tief durch. Drinnen lag Grabbe, zusammengekrümmt. Er zeigte keine Reaktion, als Walde ihn ansprach.
Meyer half ihm, den gefesselten Kollegen aus dem Wagen zu heben und in sicherer Entfernung abzulegen. Walde schob seinem bewusstlosen Kollegen seine Jacke unter den Kopf und befreite ihn von den Fesseln aus Panzertape, während Meyer den Puls fühlte.
»Er lebt.« Meyer brachte Grabbes Körper in Seitenlage.
Der Notarzt traf kurz vor der Feuerwehr und dem ersten Streifenwagen ein.
Nach einer Untersuchung im Krankenwagen wurde der immer noch bewusstlose Grabbe mit Sauerstoff und Infusionen versorgt und abtransportiert.
Wie Gabi feststellte, war auch die Kleidung von Lydia Holbach mit Benzin getränkt. Nicht nur Grabbe sollte sterben, sie hatte sich auch selbst für den Flammentod entschieden. Erst als sie Ersatzkleidung bekam, konnte sie im Streifenwagen weggebracht werden.
Sonntag
Walde, Gabi und Meyer hatten die letzten Stunden im Büro verbracht, ohne dass ein Wort zwischen ihnen gefallen war. Die Übermüdung und die Gedanken an die Ereignisse der Nacht ließen sie stumm dasitzen. Hinter den Fenstern deutete sich im Osten eine schwache Dämmerung an, als Sattler zur Tür herein kam.
»Wie geht es Grabbe?« Die Stimme des Technikers erschien Walde und Gabi, die vor sich hingedöst hatten, entschieden zu laut.
Gabi schüttelte den Kopf. »Unverändert, er liegt im Koma und muss weiter beatmet werden.«
Walde richtete sich auf und versuchte wach zu werden. »Habt ihr Spuren von Konrad Holbach gefunden?«
»Leider nichts, weder an Grabbes Auto noch am Benzinkanister«, antwortete Sattler. »Was haben die Vernehmungen gebracht?«
Gabi schenkte Kaffee aus einer Thermoskanne in eine Tasse und reichte sie dem Techniker. »Lydia Holbach hat gestanden, Gerhard Roth auf die gleiche Weise betäubt zu haben, wie sie es heute bei Grabbe
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