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Exit to Eden

Exit to Eden

Titel: Exit to Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Love -, sie waren so lebendig, diese Zigeuner ... sie waren so unbestreitbar gesund, egal, was sie taten. Sie klauten und machten allen möglichen Scheiß und logen, aber sie lebten in dieser unglaublich vitalen, geschlossenen Gesellschaft, und ihr Leben hatte eine wundervolle Kontinuität. Du wolltest einfach, daß ihnen nie etwas zustieße, daß sie niemals Teil der Herde würden.«
    »So, wie du im Club.«
    »Na ja, normalerweise hätte ich so gedacht. Das ist ihre Welt, und dies ist meine. Aber so war das nicht mehr. Es war, als hätten sie etwas, das ich nie gehabt habe. Etwas, das ich mir schon als Kind gewünscht habe, du weißt schon, dieses heimliche Leben unser Leben, und ich dachte, Himmel, vielleicht werde ich es nie haben. Es werden immer nur Phantasien in meinem Kopf sein. Diese Hoffnungslosigkeit.«
    »Natürlich.«
    »Na ja, wie auch immer. Ich war in dem Hotel und war verrückt danach, in den Club zurückzukommen. Ich mußte wieder im Club sein. Und dann kam das Foto, das Bild von Elliott in der Akte. Es hat natürlich nichts mit dem Film zu tun, verstehst du, aber als ich es sah, da hat in meinem Kopf irgendwas gefunkt.«
    »Sprich weiter.«
    »Du weißt ja, ich habe immer behauptet, daß Frauen nicht in der gleichen Weise visuell stimuliert werden wie Männer. Du kennst diesen alten Streit, aber als ich das Foto gesehen habe....nur das Foto...«

LISA
     

Die ganz alltägliche Liebe
     
    Es dämmerte schon, und wir redeten noch immer.
    Wir hatten uns aus einem kleinen Lokal ins nächste treiben lassen, tranken hier ein Glas, dort einen Kaffee. Jetzt waren wir auf dem Weg durch die Straßen zum Hotel. Die ganze Stadt glimmte in der schwindenden Sonne, wie das nur in New Orleans möglich ist. Vielleicht hat das Licht in Italien diese Farben, im Augenblick wußte ich es nicht zu sagen. Warum an Venedig denken, wenn wir gerade in New Orleans sind? Im Moment waren die bunten Mauern, der milchig grüne Lack der langen Fensterläden, die purpurfarbenen, mit grünem Moos gesprenkelten Steinplatten einfach zu schön.
    Martin hatte den Arm um mich gelegt. Er hatte mir die ganze Zeit zugehört und mich nur hin und wieder unterbrochen, um die seltsamsten Fragen zu stellen. Zum Beispiel: »Was für Lieder haben sie im Mariott gespielt?« - »Welchen Abschnitt aus dem Buch hat er dir am Schwimmbad vorgelesen?« - »Was hast du empfunden, wenn er dich so angelächelt hat?«
    Jedesmal, wenn ich die Fassung verlor, wartete er und tröstete mich dann liebevoll.
    Aber so langsam beruhigte ich mich wieder.
    Im Hotel angekommen, gingen wir in die lange, dunkle Bar im Erdgeschoß. Wir bestellten uns etwas zu trinken, er seinen gewohnten Weißwein, ich meinen Bombay-Gin mit Eis, und dann setzten wir uns an einen der kleinen schmiedeeisernen Fische im Innenhof. Der Garten war leer.
    Martin trank einen Schluck Wein. Dann lehnte er sich zurück, streckte die langen Beine aus, die Füße übereinander geschlagen, und fragte leise: »Ist es wirklich möglich, daß du nicht weißt, was passiert ist?«
    »Mein Gott, ich habe es dir doch gesagt«, sagte ich. »Ich versteht einfach nicht. Es war, als löste ich mich plötzlich auf, als wäre ich noch nie jemand gewesen und hatte es plötzlich entdeckt. Als wären die Wände aus Papier und alles erstunken und erlogen. Ich bin mit ihm in das Flugzeug gestiegen, wie jemand, der in den Abgrund springt. Und trotzdem möchte ich niemand anderer sein als die, die ich bin. Himmel! Ich habe schließlich im Lauf meines Lebens ein paar außerordentliche Erfolge erzielt.«
    Er musterte mich einen Moment, ehe er nickte.
    Dann versank er in Gedanken. Es sah so aus, als wolle er etwas sagen, doch er schwieg lange, trank seinen Wein, genoß ihn und stellte schließlich sein Glas auf den Tisch, wandte sich mir zu und berührte meinen Handrücken leicht mit den Fingern.
    »Also gut«, sagte er, als habe er eine Entscheidung getroffen. »Sei nicht ungeduldig, wenn ich dies jetzt sage, aber während ich dir zuhörte, mußte ich immer wieder an eine andere Geschichte denken. Eine Kurzgeschichte, die ich vor einiger Zeit gelesen habe. Sie stammt von einem wahren Erzählgenie, einer Autorin namens Eudora Welty. Es ist mir unmöglich, ihr gerecht zu werden, wenn ich sie dir jetzt erzähle, aber ich möchte sie dir erzählen, so gut ich kann.«
    »Dann erzähl«, sagte ich ziemlich hastig.
    »Also gut«, sagte er wieder. Dann entstand eine Pause, in der er sich zu sammeln schien. »Sie trägt den Titel

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