Exit to Eden
antwortete er sofort.
»Nun, das zeigt das Ausmaß der Geschichte. Sic wollten nicht, daß du erfährst, was ich getan habe. Du hast Elliott trainiert und zu uns geschickt. Sie wollten wahrscheinlich, daß niemand es erfährt. Dumm von mir, zu glauben, daß sie dich anrufen würden.«
Ich nippte an dem Weißwein und versuchte, gegen die Übelkeit anzukämpfen.
Martin trank seinen Kaffee und versuchte, nicht das Gesicht zu verziehen.
»Ach, New Orleans«, sagte er kopfschüttelnd mit seinem entspannten, hinreißenden Lächeln. »Kaffee und Zichorien.« Er zog eine ironische Grimasse.
»Ich lasse dir einen richtigen Kaffee bringen«, bot ich an.
»Nein, unnötig. Wir Masochisten lieben miesen Kaffee.« Seine Hand drückte die meine ein kleines bißchen fester. »Berichte mir von Elliott. Erzähl mir die ganze Geschichte.«
»Ich weiß nicht, was schiefgegangen ist. Ich weiß nicht, wie es überhaupt so weit kommen konnte. Irgendwas ist mit mir passiert, über das ich nicht die geringste Kontrolle hatte, mir sind alle Sicherungen durchgebrannt. Ich habe alles verraten, an was ich glaube, alles, was ich die anderen zu glauben gelehrt habe.«
»Lisa, komm zur Sache.«
»Ich habe ihn rausgeschmuggelt. Ich habe seine Kleider aus dem Lager bringen lassen. Ich habe ihm gesagt, er solle sich anziehen. Ich habe ihn mit ins Flugzeug genommen. Ich ließ ihn in dem Glauben, das wäre im Club so üblich, man könne einen Sklaven mit rausnehmen und wieder zurückbringen. Wir sind nach New Orleans geflogen, und fünf Tage lang ... ich weiß nicht … vielleicht auch länger... haben wir einfach ... einfach alles Mögliche gemacht. Wir sind Tanzen gegangen und ausgegangen, wir sind mal nach Dallas gefahren und ... mein Gott, es gibt so viele Dinge, die wir niemals haben machen können ...« Ich verstummte. Es fing schon wieder an.
Ich verlor den roten Faden in der Woge einer Gefühlsaufwallung.
»Ich habe etwas Schreckliches getan«, fuhr ich fort. »Ich habe seinen Vertrag gebrochen. Ich habe ihn betrogen, Martin, und ich habe den Club betrogen, und dich auch.«
Seine Augen verengten sich, und es wirkte wie die höflichste Geste überhaupt. Seine Art, sein Gegenüber wissen zu lassen, daß er wirklich zuhörte, obgleich sein Gesicht so ruhig und wohlwollend blieb wie immer.
»Und wo ist Elliott jetzt?« wollte er wissen.
»Im Club. Sie kamen her und haben ihn wieder mitgenommen. Es war unglaublich. Sie waren wie zwei Bullen, Richard und Scott. Sie sahen aus, als würden sie für das FBI arbeiten. Der Aufsichtsrat ist außer sich. Natürlich haben sie mich nicht gefeuert. Mister Cross hat erklärt, daß ich unersetzlich sei. Sie wollen nur, daß ich zurückkomme. Sie haben Elliott mitgenommen, und weiß der Henker, was in seinem Kopf vorgeht.«
Plötzlich konnte ich nicht mehr sprechen. Meine Stimme versagte, als hätte mir jemand die Hand an die Gurgel gelegt. Ich schaute ihn nicht an. Ich betrachtete den Teller mit dem Silberrand. Ich wollte nach meinem Weinglas greifen, aber ich konnte nicht. Es war schier unmöglich, diese winzige Bewegung zu machen.
»Warum redest du nicht weiter?« fragte er. Warme, trockene Finger. Er neigte den Kopf ein wenig, um mir in die Augen zu schauen.
»Hilf mir, Martin«, flüsterte ich.
»Ich bin kein Arzt, Lisa. Das weißt du. Aber ich kann gut zuhören, und ich möchte, daß du es mir von Anfang an erzählst, alles, und in allen Einzelheiten.«
Ich nickte. Aber es war sehr schmerzlich, diese fünf Tage wieder aufleben zu lassen, sie irgendwem verständlich zu machen. Ich heulte schon wieder. In den letzten Tagen habe ich mehr geheult als in den vergangenen zehn Jahren.
»Martin, ich möchte, daß du mir etwas ganz offen sagst.« Ich nahm seine Hand in beide Hände. »Ich ß es wissen.«
Ich sah die Besorgnis in seinen Augen, aber er sah bei weitem nicht so erschrocken aus wie Elliott, als ich im Court of the Two Sisters angefangen hatte zu weinen. Elliott hatte ausgesehen, als ob er gleich umkippen würde.
»Ist das, was wir tun, in Ordnung, Martin? Oder ist es schlecht? Sind wir das Gute, das wir uns selber einreden zu sein, sind wir die gute Sache, die wir anderen gegenüber zu sein behaupten? Oder sind wir üble, abartige Personen, die eigentlich nicht existieren dürften? Sind wir schlecht?«
Er schaute mich geraume Zeit nur an; falls er sich angegriffen fühlte, so zeigte er es nicht.
»Das fragst du mich , Lisa?« antwortete er zögernd. »An dem Abend, als du zum in
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