Exit to Eden
das Haus in San Francisco gekommen bist, habe ich dir erzählt, wie ich zu alldem stehe.«
»Ich muß es noch einmal hören, Martin, bitte, als ob ich es nie begriffen hätte.«
»Lisa, was mich betrifft, ist das Haus ein Beweis für meine Weigerung, ein schlechter Mensch zu sein. Das weißt du.«
»Aber ist es schlecht oder gut, was wir machen?« fragte ich wieder.
»Lisa, wir haben die Suche nach exotischem Sex aus den Bars, von den Straßen und aus den schäbigen Nepp-Hotelzimmern geholt; wir haben uns dagegen gewehrt, zu Verbrechern und Bettlern gemacht zu werden. Wie kann das nicht gut sein? Aber du hast das schon gewußt, als du zum erstenmal in das Haus gekommen bist, und seither hat sich nichts geändert. Der Club ist ein Meisterwerk, das auf den gleichen Prinzipien aufbaut; dort wurde nie jemand hintergangen, der je über seine Schwelle getreten ist.«
»Nun, Elliott Slater wurde hintergangen«, sagte ich.
»Hmm. Das weiß ich nicht. Aber was ist geschehen, daß du nicht mehr an das glaubst, was wir erreicht haben?«
»Das ist es ja. Ich weiß es nicht! Ich weiß es beim besten Willen nicht. Es brach einfach alles auseinander. In einem Augenblick wußte ich noch, wo ich hingehörte und wer ich war, und im nächsten war ich jemand, den ich nicht kannte, und ich verstand absolut nicht mehr, was los ist.«
Er schaute mich an. Er wartete. Aber ich wußte, daß ich nicht mehr sagen konnte.
»Lisa«, sagte er geduldig, »es ist Jahre her, seit wir das letzte Mal miteinander geredet haben, Jahre seit jener ersten Nacht, als wir uns in dem Untergeschoßzimmer getroffen haben und ich dir erklärt habe, was das Haus ist. Aber ich erinnere mich ganz genau daran, wie und wer du damals warst. Du warst ein bezauberndes junges Mädchen, wenn auch bei weitem nicht so hübsch wie heute. In deinem Gesicht lag eine solche Weisheit, beinahe engelhaft, daß ich in jener Nacht mit dir gesprochen habe wie nur mit ganz wenigen Menschen in meinem Leben.«
»Ich erinnere mich an jenen Abend«, sagte ich.
Ich wollte, daß er es wieder heraufbeschwor, das Wunder, das Gefühl einer Erkenntnis, die großartige, beruhigende Illusion des Hauses, von etwas, das schon verwirklicht, etabliert war.
»Ich habe über Liebe und über Ideale gesprochen«, sagte er, »und von meiner Oberzeugung, daß die Leute eines T ages hören würden, eine so bedeutsame Angelegenheit wie abweichendes Sexualverhalten der Polizei oder dem zu überlassen.«
Ich nickte.
»Ich erinnere mich, daß ich dich gefragt habe, ob du die Leute lieben kannst, die in mein Haus kommen«, fuhr er fort. »Weißt du noch, was du geantwortet hast? Du sagtest, ß du alle sexuellen Abenteurer liebtest, die anderen nichts zuleide tun, ß du ihnen gegenüber gar nicht anders fühlen könnest. Du empfändest Liebe und Mitleid mit dem alten Exhibitionisten im Park, der seinen Mantel aufschlägt, für den Kerl im Bus, der sich an einem hübschen Mädchen reibt und sich nie trauen wird, das Wort an sie zu richten. Du wärst voller Liebe für die Transsexuellen und die Transvestiten. Du sagtest, du seist sie und sie seien du. Es sei so gewesen, solange du dich erinnern könntest.«
Er schob die Kaffeetasse beiseite und lehnte sich ein bißchen vor.
»Nun«, fuhr er fort, »zuerst dachte ich, dieses Mädchen ist ebenso romantisch wie ich und fünfzigmal unschuldiger, als ich je gewesen bin, und vielleicht ein bißchen verrückt. Aber zwei Jahre später, nachdem du an jedem Wochenende im Haus gearbeitet hattest, als du die Gäste kanntest wie ich, da wußte ich, ß es tatsächlich so war. Du liebtest sie wirklich. Nichts Sexuelles war dir zuwider oder verstörte dich oder ging dir gegen den Strich. Du warst genau so, wie du es von dir behauptet hattest. Aber es ist vollkommen normal, ß eine solche Liebe nicht ewig dauert.«
»Nein, das ist es nicht«, widersprach ich. »Es ist nicht so, daß sie sich verändert hätten oder ich mich. Irgend etwas völlig Unerklärliches ist dazwischengekommen.«
Er trank einen Schluck Wein, der während der Mahlzeit unberührt geblieben war, und hob die Flasche, um das Glas wieder zu füllen.
»Also gut«, sagte er. »Dann fang mit dem Moment an, ab dem die Sache schieflief. Ich werde einfach zuhören.«
Ich nahm meinen Kopf zwischen die Hände, lehnte mich über den Tisch und schloß die Augen,
»Ich glaube, es fing irgendwann während der Ferien an«, sagte ich. »Als ich in dem Hotel in Dallas diesen Videofilm anschaute - Angelo, My
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