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Exit to Eden

Exit to Eden

Titel: Exit to Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Trainer sind, es gibt zu viele Momente, wo man mit seinen Gedanken allein gelassen wird.
    Am Anfang fürchten die Sklaven den Club. Sie haben eine Heidenangst davor. Aber der Club ist eigentlich ein großer Mutterleib. Er ist eine riesige Gemeinschaft, wo niemand vernachlässigt wird und wo die Lichter niemals ausgehen. Kein wirklicher Schmerz oder Schaden wird irgendwem zugefügt. Im Club gibt es niemals Unfälle.
    Aber wie gesagt, ich gehe zur Zeit nicht zu den Versteigerungen, und ich war schon seit einiger Zeit nicht mehr dort.
    Ich bin einfach zu sehr mit meinen anderen Pflichten beschäftigt - dem Überwachen unserer kleinen Zeitung, The Club Gazette , und der Befriedigung der unersättlichen Nachfrage nach Andenken und Neuheiten, die im Clubladen verkauft werden.
    Weiße Lederklatschen, Strapse, Stiefel, Augenbinden, sogar Kaffeetassen mit dem Clubmonogramm - wir können einfach nicht genug gestalten und liefern. Und diese Gegenstände enden nicht in Schlafzimmern irgendwo in den Staaten. In San Francisco und New York werden sie zusammen mit älteren Ausgaben der Gazette viermal so teuer wie ursprünglich verkauft. Das heißt, daß diese Souvenirs uns inzwischen repräsentieren. Um so wichtiger ist es, erstklassige Qualität zu liefern.
    Dann sind die neuen Mitglieder bei ihren ersten Besuchen zu begleiten, und man muß ihnen die nackten Sklaven persönlich vorstellen.
    Und dann ist da natürlich die überaus wichtige Schulung, das Training und das Perfektionieren der Sklaven, worin meine eigentliche Arbeit besteht.
    Ein guter Sklave ist nicht nur ein durch und durch sexualisiertes Wesen, das bereit ist, dir jeglichen Wunsch im Bett zu erfüllen. Ein guter Sklave kann dich baden, massieren, mit dir reden, wenn du das willst, mit dir schwimmen, mit dir tanzen, dir Drinks mixen, dir dein Frühstück mit dem Löffel füttern. Du brauchst nur den entsprechenden Wunsch zu äußern, dann kannst du auch einen Sklaven haben, der fähig ist, Gebieter oder Gebieterin zu spielen und dich zum Sklaven zu machen, wenn dir der Sinn danach steht.
    Nein, es bleibt mir keine Zeit mehr, zu den Versteigerungen zu gehen.
    Und außerdem habe ich festgestellt, daß es ebenso spannend ist, die neue Sklavenlieferung abzuwarten und mir denjenigen auszusuchen, den ich trainieren will.
    Wir kaufen riesige Mengen, mindestens dreißig auf einmal, wenn die Auktionen groß genug sind, und ich bin nie enttäuscht worden. Außerdem habe ich jetzt schon seit zwei Jahren die erste Wahl. Das heißt, ich wähle vor allen anderen Trainern denjenigen Sklaven aus, den ich selber ausbilden will.
    Es kam mir vor, als kreise das Flugzeug schon seit einer Stunde. Ich wurde immer ungeduldiger. Ich fühlte mich wie in einem existenzialistischen Theaterstück. Dort unten ist meine Weit, aber ich kann nicht hinkommen. Vielleicht habe ich mir das alles nur eingebildet. Warum zum Teufel können wir denn nicht endlich landen?
    Ich wollte nicht mehr an den verträumten Mister Heile Welt in San Francisco denken oder an das andere Dutzend glattrasierter Gesichter, die ich in Dallas oder New York gesehen hatte. (War er tatsächlich auf dem Weg zu unserem Tisch im » Saint Pierre « gewesen, als wir so plötzlich aufbrachen, oder hatte meine Schwester das erfunden?) Ich wollte nicht mehr an das »normale Leben« oder die kleinen Ärgernisse der Ferienwochen denken.
    Aber solange wir hier oben waren, zappelte ich im Netz. Ich konnte die Atmosphäre des Großstadtverkehrs nicht abschütteln, das endlose, oberflächliche Gerede, die Stunden mit meiner Schwester in Kalifornien und ihr Gejammer über Karrieren, Liebhaber, teure Psychiater und »bewußtseinserweiternde Gruppen«. All dieses Gewäsch über »Bewußtseinsebenen« und den »befreiten Geist«.
    Und dann die Mißbilligung meiner Mutter, während sie die Liste für das Kommunionsfrühstück zusammenstellte und meinte, wenn die Leute zur Beichte gingen, wären Psychiater überflüssig; altmodischer Katholizismus gepaart mit ihrem müden Gesichtsausdruck und der unveränderlichen Unschuld in ihren kleinen, schwarzen Augen.
    Ich war noch nie so gefährlich nah drangewesen, ihnen alles über »dieses gewisse Kurheim« zu erzählen, das immer in den Klatschspalten erwähnt wurde, über diesen skandalösen »Club«, über den sie im Esquire oder im Playboy gelesen hatten. »Ratet mal, wer den gegründet hat. Ratet mal, was wir im Club mit >Bewußtseinsebenen< machen?«
    Ach, traurig. Barrieren, die man nie beseitigen

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