Exodus
zu. Ich glaube, die Jugend-Aliyah wäre genau das Richtige für Sie. Die Leiterin ist eine gute Freundin von mir. Ich werde es in die Wege leiten, daß Sie sich in Jerusalem einmal mit ihr unterhalten können.«
»Das ist sehr nett von Ihnen, aber ich möchte Ihnen wirklich keine Umstände machen.«
»Unsinn, das ist schließlich das mindeste. Falls es Ihnen möglich sein sollte, meine Gesellschaft ein paar Tage zu ertragen, wird es mir ein Vergnügen sein, Sie mit dem Wagen nach Jerusalem zu fahren. Ich muß zunächst nach Tel Aviv, wo ich dienstlich etwas zu erledigen habe; doch das macht nichts. Ich kann bei der Gelegenheit die Verabredung für Sie treffen.«
»Ich möchte nicht, daß Sie sich dazu verpflichtet fühlen.« »Ich tue es, weil ich es gern möchte«, sagte Ari.
Kitty hätte gern einen Seufzer der Erleichterung ausgestoßen. Es machte sie wirklich nervös, allein in einem fremden Land zu sein. Sie lächelte und dankte ihm.
»Also gut«, sagte Ari. »Wir werden heute nacht in Haifa bleiben müssen — wegen der Sperrstunde. Packen Sie einen kleinen Koffer mit dem Nötigsten für die nächsten paar Tage. Wenn Sie zuviel bei sich haben, werden die Engländer alle fünf Minuten Ihre Koffer kontrollieren. Ihre übrigen Sachen werde ich beim Zoll plombieren und verwahren lassen.«
Nachdem beim Zoll alles erledigt war, besorgte Ari ein Taxi und fuhr mit Kitty in den jüdischen Teil von Haifa, der sich an den Hängen des Karmelberges hinaufzog. Nicht weit vom Gipfel hielten sie bei einer kleinen Pension, die in einem Pinienhain lag. Ari meinte:
»Es ist besser, hier oben zu wohnen. Ich kenne allzu viele Leute, und ich hätte keinen Augenblick Ruhe, wenn wir im Zentrum der Stadt geblieben wären. Und jetzt ruhen Sie sich erst einmal aus. Ich fahre in die Stadt hinunter und versuche, einen Wagen zu organisieren. Bis zum Abendessen bin ich wieder da.«
Am Abend ging Ari mit Kitty in ein Restaurant, das auf dem Gipfel des Karmelberges lag und von dem aus man einen Blick auf die gesamte Umgebung hatte. Die Aussicht war atemberaubend. Der ganze Hang war mit Bäumen bewachsen, unter denen halb verborgen Villen und Wohnhäuser lagen. Die meisten waren aus bräunlichem Gestein und sehr modern gebaut. Die riesige Ölraffinerie war von hier oben aus nur ein kleiner Farbfleck, und als es dunkel wurde, zog sich eine goldene Kette von Lampen die Kurven der Straße entlang, die vom Hadar Ha-Karmel zum Arabischen Viertel in der Nähe des Hafens hinunterführte.
Kitty fand es sehr aufregend und sehr angenehm, daß Ari ihr gegenüber plötzlich so aufmerksam war. Sie war erstaunt, wie modern der jüdische Teil von Haifa war. Diese Stadt war viel moderner als Athen oder Saloniki! Und sie fühlte sich auch gar nicht mehr so fremd, als der Kellner und ein halbes Dutzend Leute, die Ari kannten und für einen Augenblick bei ihrem Tisch stehenblieben, sie auf Englisch ansprachen.
Als sie nach dem Essen einen Brandy tranken und Kitty schweigend die Aussicht genoß, sagte Ari:
»Finden Sie es noch immer so sonderbar, daß Sie hier sind?« »Sehr sonderbar. Das Ganze erscheint mir völlig unwirklich.«
»Sie werden feststellen, daß wir durchaus zivilisierte Leute sind und daß ich sogar geradezu charmant sein kann — jedenfalls gelegentlich. Dabei fällt mir ein, daß ich Ihnen noch gar nicht richtig gedankt habe.«
»Das ist auch gar nicht nötig. Sie bedanken sich auf eine sehr nette Weise, indem Sie mit mir hierhergegangen sind. Ich kann mich nur an einen Ort auf der Welt besinnen, wo es ebenso schön ist wie hier.«
»Das ist sicherlich San Franzisko, nicht wahr?«
»Kennen Sie denn San Franzisko, Ari?«
»Nein. Aber alle Amerikaner sagen, daß Haifa sie an San Franzisko erinnert.«
Es war inzwischen völlig dunkel geworden, und überall am Hang des Karmelberges brannten die Lampen. Ein kleines Orchester spielte leichte Tafelmusik. Ari schenkte Kitty noch einen Brandy ein, und sie tranken einander zu.
Plötzlich brach die Musik ab. Die Unterhaltung verstummte Ein Lastwagen brauste heran, hielt mit kreischenden Bremsen vor dem Restaurant. Englische Soldaten sprangen ab und bildeten rings um das Lokal eine Absperrung. Sechs Soldaten, angeführt von einem Captain, kamen herein und sahen sich um. Sie gingen von Tisch zu Tisch und verlangten die Ausweise zu sehen.
»Das ist nur das übliche«, sagte Ari leise. »Daran gewöhnt man sich hier bald.«
Der Captain, der die Leitung des Kommandos hatte, blieb stehen, sah
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