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Expedition Mikro

Expedition Mikro

Titel: Expedition Mikro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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mit einer Gabel nach Süden.
    Sie fuhren herum. Zwischen den Baumstämmen war eine Bewegung, und zwar auf ihren Standort zu.
    Charles Ennil sprang mit einem Satz in den Hubschrauber. Er schrie: »Starten, Menschenskinder, starten!«
    Karl Nilpach machte ein paar zögernde Schritte auf die Maschine zu, verharrte dann unschlüssig, sah auf Chris Noloc.
    Carol hatte ihren Kopf nach rückwärts über die Stuhllehne gelehnt und die Hände vor das Gesicht geschlagen.
    Gela Nylf sprang auf, warf dabei ihren Stuhl um, aber sie verharrte am Tisch.
    Chris Noloc war sitzen geblieben. Er saß wie vor einer Kinoleinwand, nur daß er den Oberkörper verdreht halten mußte, da das Unbekannte seitlich nahte. Sein linker Arm hing jetzt nach hinten, die Hand bewegte er mit gespreizten Fingern ruhegebietend hin und her, und gleichzeitig rief er verhalten, ohne sich zum Helikopter umzudrehen: »Ruhe, verdammt noch mal!«
    Er meinte damit ohne Zweifel Ennil, der beschwörend in der offenen Hubschrauberluke stand, jetzt aber in die Kabine flüchtete.
    Was auf sie zukam, war unfaßlich, beängstigend, weil nicht definierbar. Zunächst schien es, als hätten sich die Stämme zweier dieser Zyklopenbäume selbständig gemacht und stapften im Wechselrhythmus auf sie zu.
    Das merkwürdige Gebilde war grünlich und von einer Verkleidung umgeben, die deutlich eine Struktur zeigte. Nach oben verlor es sich in den Zweigen und Blättern der Bäume und Büsche. Nach unten ging jeder der zylinderförmigen Stampfer auseinander wie die Wurzelansätze des Stubbens – nur, die Stampfer waren mit dem Boden nicht verbunden, sondern lösten sich von ihm, schnellten vor und zerstampften mit Getöse den Bodendschungel aus mannsstarken Stämmen und Blättern.
    Chris blieb immer noch sitzen, auch als einer der Stampfer ganz nahe war. Das Unbekannte war zu einer unüberschaubaren Strukturwand geworden, die flexibel schien und über die systemlose Wellen von beträchtlichen Ausmaßen liefen.
    Plötzlich hob sich etwas, eine schräge Wand, schwarz über den nördlichen Rand des Stubbens. Jetzt legte auch Chris den Arm schützend über den Kopf. Halb so breit wie der gesamte Stubben, flog es schwarz über sie hinweg, einmal, zweimal.
    Chris und Gela drehten sich um. Hinter dem Hubschrauber verschwanden unter Krachen und Bersten die zwei Gebilde.
    Sie entfernten sich, wie sie gekommen waren. Es gab noch ein Aufbäumen der Äste und Blätter, als wüte ein ungeheuerer, aber stark lokalisierter Orkan unter ihnen, obwohl sich kein Lüftchen regte. Einige Blätter stürzten nach unten – und dann war alles wie ein Spuk vorbei.
    »Alle Achtung!« sagte Karl Nilpach anerkennend. Niemand wußte, was er eigentlich meinte.
    Charles Ennil kam etwas beschämt aus dem Hubschrauber hervor. Er sagte aber dennoch: »Es ist ein ungeheurer Leichtsinn, einer derartigen Gefahr nicht auszuweichen. Wir hätten es noch geschafft!«
    »Gefahr, Gefahr«, sagte Chris unwillig. »Wir dürfen nicht immer nur Gefahren sehen! – Das… die Erscheinung hat uns überhaupt nicht beachtet. Versteht ihr? Wir existieren für die Großen hier überhaupt nicht!«
    »Gerade deshalb hat Charles recht«, widersprach Gela. »Die Gefahr droht, weil uns diese riesenhaften Lebewesen nicht sehen. Sie müssen uns deswegen nicht angreifen wollen. Stell dir vor, wir wären da unten.« Sie winkelte die Hand an und deutete zum Stubbenrand. »Das Ding hätte uns in den Boden gemalmt, ganz aus Versehen.«
    »Und wer sagt dir, daß zum Beispiel ein überhasteter Start, ein dauerndes Voretwasaufder-Flucht-Sein nicht viel gefährlicher wären. Ganz abgesehen vom Maschinenverschleiß.
    Heute nachmittag die Ausweichmanöver. Haben sie uns nicht gefährdet? Na also! Kennenlernen müssen wir das Leben hier.
    Erscheinungsformen müssen wir erforschen und uns danach verhalten.« Chris langte nach einem Teller und trocknete ihn ab.
    »Und wenn sich eine solche schwarze Platte auf uns gesenkt hätte?« fragte Ennil.
    Chris zuckte die Schultern. Dann sagte er, als er den ängstlichen Blick Carols gewahrte: »Der Boden hier ist so uneben, daß ein jeder von uns in einer der Mulden sicheren Schutz gefunden hätte. Den Hubschrauber freilich, den hätte es«, Chris lächelte spöttisch, »zerknackt.«
    Gela beobachtete Chris. Er tut nur so, dachte sie. Sie sah, daß er bleich war und daß seine Hand, die jetzt ein Messer hielt, zitterte. Aber das machte ihn ihr nicht unsympathisch. Plötzlich schien ihr, als sei dies alles nicht

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