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Expedition Mikro

Expedition Mikro

Titel: Expedition Mikro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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sie sich dieses Gefühls. Sie war sein Vertreter, hatte die gleiche Ausbildung wie er, Explorer-Ingeniering. Dazu eignet sich nicht jeder. Ich muß Gefühle zurückdrängen, nahm sie sich vor.
    Gela ging jetzt dicht hinter Chris. Sie grübelte nicht mehr, verscheuchte die Erinnerungen und konzentrierte sich auf die Umgebung.
    Vor ihnen schoben sich sattgrüne, oben spitz zulaufende Gewächse über den Rand der Plattform. »Schau«, bemerkte Gela, »Wasser!«
    Zwischen mehreren der überdimensionalen Halme hingen große glänzende Wasserkugeln.
    Chris war stehengeblieben.
    »Wollen wir?« fragte sie mit einem Blick, der verriet, daß sie es gern sähe, wenn er ja sagte.
    Er verstand. »Ich habe kein…«, sagte er.
    »Aber ich habe«, unterbrach Gela. »Habe ich immer.« Und sie lachte, daß ihre Zähne leuchteten. Unter den Halmen war es dämmrig. Sie holte flugs aus ihrer Umhängetasche eine Sprayflasche hervor und begann die größte Kugel, die nahe der Plateauoberfläche hing, auf der oberen Kalotte zu besprühen, nachdem sie einen schrägen Halm erklommen hatte, dessen Höhe ihr das Herankommen an die Kugel ermöglichte. Mit der Linken knöpfte sie sich bereits den Anzug auf. »Ob sie das aushält?« fragte Chris.
    »Na klar, da habe ich Übung!« Gela sprühte gleichmäßig. Sie achtete peinlich darauf, daß die Fläche nicht zu groß wurde.
    Dort, wo der Nebel hintraf, erlosch der Glanz. Kleine Wellen liefen durch das Wasser. »So, das reicht«, stellte sie fest. »Ein paar Züge können wir schwimmen.«
    Gela war im Nu ausgezogen.
    Noch bevor eine Befangenheit, für die er sich einen Narren schalt, von Chris Besitz ergriffen hatte, begann er sich ebenfalls rasch zu entkleiden.
    Gela rannte übermütig eine der sehr schräg liegenden Pflanzensäulen hoch. Silhouettenhaft zeichnete sie sich vor dem hellen Hintergrund ab.
    Chris verhielt im Ausziehen seines linken Schuhs und sah zu ihr hoch. Was für ein Mädchen, dachte er. Und er stellte sich zum wiederholten Male die Frage: Muß ich wirklich ihren verschollenen Freund respektieren? Ich mag sie! Muß sie unbedingt nur mein Kamerad, mein Expeditionsgefährte bleiben, vor allem jetzt, wo ich die Verantwortung habe? Aber ob sie es überhaupt anders wollte? Ich brauche eine Gelegenheit, es ihr zu sagen. Jetzt? Hier? Er spürte Herzklopfen.
    Gela hatte ihr Ziel erreicht. Sie riß die Arme hoch, stieß einen kleinen Schrei des Wohlbehagens aus und stürzte sich kopfüber in die Wasserkugel. Es waren immerhin um die zehn Fuß Höhe, aber sie traf genau die Mitte der besprühten Fläche, die nun ohne Spannungshaut war. Spritzer flogen zu Chris, der lachend seinen Schuh vom Fuß schleuderte, dann aber erneut innehielt, weil Gela nun wie ein Fisch bis zum Grund der Kugel tauchte, dann eine elegante Wende vollführte und auf Chris’ Seite, eingehüllt in einen wogenden Haarschleier, der Kugelwölbung folgend, emportauchte. Wieder über Wasser, rief sie prustend: »Chris, das ist herrlich, beeil dich!«
    Chris war nun auch soweit. Er schritt den Stamm hoch, an dem die Kugel hing, dann trat er auf ihre Oberfläche dort, wo Gela nicht gesprüht hatte, und begann, auf der Spannungshaut zu wippen. Mit geschlossenen Füßen sprang er hoch, ließ sich fallen, zurückfedern, wieder fallen und so fort, bis er eine beträchtliche Amplitude erreicht hatte.
    »Hör auf«, rief Gela lachend. »Wenn sie abfällt, kommst du nicht mehr zum Baden!«
    Chris stieß sich ab und glitt mit einem Hechtsprung ins Wasser.
    Sie tauchten und tollten, schwammen an der Oberfläche eine Weile im Kreis.
    Dann wollte Gela ebenfalls Trampolin springen. Sie stellte sich nicht ganz geschickt an, so daß sie die ulkigsten Figuren beschrieb, um das Gleichgewicht zu halten.
    Chris gab vom Wasser aus Ratschläge und erfreute sich an ihrem Anblick.
    So hatte er sie noch nicht kennengelernt, so ausgelassen fröhlich und vital. Ihr Gesicht war gerötet, die Haare hingen strähnig über Antlitz und Schultern, die kleinen Brüste hüpften im Gegentakt zu ihren Sprüngen. Und wenn sie zu ihm hinuntersah, dann gab der leicht konvergente Blick ihrem Gesicht etwas spitzbübisch Lustiges.
    Er hätte hinaufsteigen, ihren Kopf zwischen die Hände nehmen und ihr sagen mögen, wie lieb er sie hatte. Statt dessen rief er: »Linkes Bein mehr anziehen, jetzt Arme hoch, Füße geschlossen halten…«
    »Komm, mach mit«, rief Gela.
    Plötzlich fühlte Chris erneut so etwas wie Befangenheit in sich aufsteigen. Dann wuchtete er

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