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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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seiner Jungs-Ehre gepackt, und er schüttet, kaum dass die Lady seine Bestellung gebracht hat, noch einen Hektoliter Ahornsirup über den Pfannkuchenberg. Punk! In diesem Moment piepst aus einer Kuckucksuhr an der Wand der Beatles—Hit »The long and winding road«.
    »Nice, isn't it?«, fragt uns Mom stolz. Wir nicken heftig, aber wortlos, um keinen Angriffspunkt für ein längeres Gespräch zu bieten. Dann befördern wir wortlos unser Essen in den Magen.
    »Carbing up« lautet die Devise - schnell Kohlenhydrate auffüllen.
    »Also«, nuschelt Nick, nachdem er ungefähr ein Drittel seines Pancake-Gebirges weggeschaufelt hat, sodass es jetzt wie ein Pac-Man aussieht.
    »Fest steht, dass mit Quarter sicher nicht ein Stadtviertel gemeint ist, sondern halt der Geld-Quarter.«
    In Amerika kostet ein Spiel am Automaten traditionell 25 Cent, also einen Vierteldollar oder Quarter. Die Herren von der Datacorp haben uns diesmal anscheinend ein Worträtsel hinterlassen.
    »Aber wo wurde der First Quarter, der erste Quarter gespielt?«, drehe ich Nicks Gedanken weiter, »Anfang der Siebziger kam ja mit Computer Space der erste Arcade-Automat auf den Markt, aber der war ja kein richtiger Erfolg, da hat kaum jemand einen Quarter reingeworfen. Das ist sicher nicht gemeint.«
    Nick schaufelt weiter Pancakes in sich hinein, während ich die Reste meines Bagels mit einem O-Saft runterspüle. Zwischen zwei Bissen fasst er zusammen: »Okay, dann gibt es nur einen Kandidaten - Pong .«
    Natürlich, die offensichtliche Wahl, der Einzeller der Spiele-Evolution. Mit dem Game verließen Computerspiele die Labors und Universitäten, um ihren Aufstieg zum wichtigsten Medium des 21. Jahrhundert zu beginnen. Bei uns zuhause zog der Klassiker als TV-Multi-SpielGerät ein. Universum, die Elektronikmarke des Versandhauses Quelle, hatte die graue Kiste - so groß wie eine Warmhalteplatte im China-Restaurant -, gerade billig auf den Markt geworfen. Für das Familienleben sollte der Zuwachs ein Desaster werden: Denn von dem Abend an, an dem mein Vater das Ding nach Hause gebracht hatte, zockten wir in jeder freien Minute nur noch Squash oder Fußball - beides nur leicht veränderte Varianten von Pong . Das heißt, man musste mit einem weißen Balken einen weißen Punkt gegen eine Wand lenken. Damals erschien uns die Technik wie Magie: ein Knopfdruck, und die Schläger schrumpften auf halbe Breite, ein weiterer, und der Ball raste mit doppeltem Tempo über den Bildschirm. Wir liebten den Kasten und spielten so lange, bis uns die Augen brannten oder Kulenkampffs »Einer wird gewinnen« im Ersten anfing; dann war Eurovision statt Telespielen angesagt. In den Ohren eines Grundschülers klang das monotone »Pong «, das der Ball bei jedem Abprallen gemacht hat, wie der Sound der Zukunft schlechthin. Legenden zu Pong gibt's natürlich fast mehr als Kopien des Spiels, aber welche hat mit einem »Quarter« zu tun? Doch, da gab es mal eine. Ohne zu fragen, lange ich über den Tisch und ziehe Nicks Rechner zu mir rüber, den er als echter Nerd schon vor dem Frühstück hochgefahren hat. Zugang ist auch kein Problem, da das Motel um die Ecke seinen Router liebenswerterweise mit dem Passwort »admin« schützt. Ich klicke mich durch ein paar Datenbanken. Das könnte es wirklich sein.
    »Schon mal was von Andy Capp's gehört?«, frage ich - stolz, auch mal was zu unserer Spurensuche beitragen zu können.
    »Nö«, sagt Nick. Alle aufgepasst, jetzt kann ich mal was erklären: »Mann, das ist das Cape Canaveral der Spiele - der Ort, wo die Sache das erste Mal richtig abgehoben hat!«
    In knappen Worten fasse ich zusammen, was ich mir selbst gerade angelesen habe, versuche dabei aber zu klingen, als hätte ich alle Details im Kopf, wie Nick halt. Wir schreiben das Jahr 1972: In München findet die Olympiade statt, Willy Brandt ist Bundeskanzler, Baader und Meinhof werden verhaftet. Unbeeindruckt von der prekären Weltlage schraubt ein Ingenieur in den USA zu dieser Zeit an einem alten Schwarz-weiß-Fernseher herum. Er hat die Röhre mit einem Haufen Transistoren verbunden, zu einem Gerät, das später Telespiel genannt werden wird. Anders als die Zukunftsprodukte der Fünfzigerjahre sieht dieses nicht stromlinienförmig oder elegant aus. Die Apparatur besteht aus einem Kabelwirrwarr und steckt in einer schmucklosen Holzkiste. Der Sinn dieses neuen Typs von Unterhaltungsgerät ist ganz einfach: Ein Spieler steuert einen weißen Balken auf dem Bildschirm rauf und

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