Extraleben - Trilogie
um 18 Stellen nach links und so weiter. Und wenn du am Ende von DATACORP angekommen bist, fängst du wieder von vorne mit dem >d< an. Alles klar?«
Gut erklären konnte Nick noch nie. Trotzdem nicke ich, da er sich so freut, mal wieder sein Informatikwissen anbringen zu können.
»Klingt in der Tat banal«, lüge ich schamlos.
»Ist es auch - aber nur, weil wir das Geheimwort schon kennen. Ansonsten müsste man eine statistische Analyse machen, und die würde bei den paar Bytes wahrscheinlich scheitern.«
Im Klartext: Wer nicht weiß, dass die Datacorp hier eine Nachricht versteckt hat, wird sie auch im Leben nicht finden, weil ihm das entscheidende Schlüsselwort fehlt. Wieder vergehen lange Sekunden, in denen ich mir mal wieder wünsche, auch etwas richtig zu können - und nicht nur ein paar Jahre mit nationalökonomischen und philosophischen Bröckchen verschwendet zu haben. Dann hält Nick inne.
»Da schau her«, flüstert er und dreht den Bildschirm zu mir rüber. In einem Meer von Buchstaben erscheint ganz klar eine weitere Botschaft unserer Gegenspieler aus dem 20. Jahrhundert: DATACORP WELCOMES YOU. CONVENIENTLY LOCATED JUST ACROSS FROM THE FIRST QUARTER. Wir springen auf den Betten herum und überschütten uns mit dem Rest aus unseren Miller Longnecks.
LEVEL 11
»Okay, du musst zugeben, dass an der Sache was dran ist. Aus irgendwelchen Gründen hat jemand vor 25 Jahren diese Schnitzeljagd veranstaltet. Und bei dieser Verschlüsselung kann es gut sein, dass wir die einzigen Teilnehmer sind!«, rattert Nick runter. Beneidenswert: Obwohl er auch nicht länger als vier Stunden geschlafen hat, kann mein Beifahrer schon wieder Vollgas geben; sein Blues von gestern Abend scheint endgültig verflogen zu sein. Und auch wenn es mir nicht passt, muss ich zugeben, dass er ausnahmsweise Recht hat. Langsam werden die Beweise erdrückend, das muss ich zugeben: »Mm, stimmt schon. Aber was will uns diese Botschaft sagen: located across from the first quarter. Geht es da um ein Viertel, so wie das French Quarter in New Orleans?«
Wir sitzen im Roadside Café, einem Verschlag, der - wie der Name verspricht - direkt neben einem Bundeshighway steht. Vom Boden bis zu den Schallschutzplatten an der Decke sind es wie immer kuschelige 2 Meter 20, die Bestuhlung schreit »Swinging Sixties«, genau wie die Tische mit ihrer abwaschbaren Plastikversiegelung. Auf unserem Tisch stehen Salz, Pfeffer und - wie immer bei Ortschaften mit mehr als 1000 Einwohnern - auch Süßstoff der Marke Sweet&Low. Wären es weniger, würden an seine Stelle ein Fläschchen Tabasco und A1-Steaksoße rücken. Die Deko im Laden trägt deutlich die Handschrift der Dame des Hauses: Geklöppelte Tagesdeckchen baumeln vor den Fenstern, Stockenten bevölkern alle Ecken, die Wand ziert ein Reliefbild mit Pferden. Dafür, dass der Laden vom Highway nur durch einen Parkstreifen getrennt wird, ist es überraschend still. Nur ein verirrter Cop rauscht draußen durch die Nacht, während im Gastraum leise die Kaffeemaschine vor sich hingurgelt und jene perfekt dünne Plörre braut, die bis heute Abend völlig selbstverständlich allen hereinkommenden Gästen angeboten wird. Gutes, altes Amerika. Denkt man sich das ganze Plastik weg, könnte Norman Rockwell hier noch heute reichlich Motive finden. Bis zum ersten Kaffee ist natürlich nicht an Konversation zu denken, und so starrt jeder in seine Highway-Richtung aus dem Fenster. Ich gen Osten, Nick nach Westen. Auf meiner Seite der Straße parkt ein paar Meter entfernt ein Wagen direkt auf dem Grasstreifen. Komisch: Bis auf Polizisten, die mit ihrer Radarpistole Rasern auflauern, traut sich das normalerweise kein Autofahrer, schon gar nicht nachts. Dafür ist die Gefahr, von einem betrunkenen Dorfdeppen mit seinem Monstertruck platt gemacht zu werden, viel zu groß. Scheint ein grauer Taurus zu sein. Je länger ich ins Dämmerlicht starre, desto stärker bilde ich mir ein, zwei Umrisse im Wagen erkennen zu können. Sollte ich Nick darauf hinweisen? Lieber nicht, er hatte die letzten 12 Stunden schon genug Recht, und außerdem vertrage ich keine Verschwörungstheorien auf leeren Magen. Wir sind die ersten Gäste, sogar noch vor der Bedienung. Deshalb nimmt eine nette Mom, die sonst wohl in der Küche steht, unsere Bestellung auf.
»They're really huge «, warnt die in die Jahre gekommene Sally Field meinen Kumpel, als der, wie jeden Morgen, einen Dreierstapel Pancakes bestellt. Damit hat sie Nick natürlich an
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