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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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mit der Ferse ein Stück vom Empfangspult weg. Dann scheint bei ihm der Knoten geplatzt zu sein: Er bückt sich runter, hebt die Kiste lässig auf und marschiert Richtung Ausgang, als sei er ein Kurierfahrer, der hier nur seinen Job macht. Wie ein Schlafwandler wanke ich hinter ihm her, unfähig zu protestieren. Noch fünf Meter bis zur Tür, noch drei Meter, noch zwei Meter. Ich glaube, im Rücken spüren zu können, wie der Empfangsmann in dieser Sekunde wieder aus seinem rosa Marmorverschlag kommt, erwarte schon sein scharfes »Sir!« und hastige Schritte. Der Mann sah zwar wie fünfzig aus, aber nicht unbedingt schmächtig. Noch ein Meter. Die Tür surrt auf, die stickige Mittagshitze schlägt uns entgegen, die Straße dröhnt. Wir sind raus. Geistesgegenwärtig dreht sich Nick nach rechts und marschiert die Straße herunter; eine Flucht über vier Fahrspuren wäre zu riskant. Ich sehe, wie der Schweiß in Strömen seinen Nacken runterfließt. Nach zwei Blocks biegen wir rechts in eine Wohnstraße ab und bleiben im Schatten einer großen Platane stehen. Neben uns zischt ein Rasensprenger vor sich hin, der den Golfrasen vor einem weißen Holzhaus wässert; alle paar Umdrehungen schießt er über sein Ziel hinaus und sprüht bis auf den Bürgersteig. Für ein paar Momente genießen wir die Kühle des Wassernebels.
    »Ja, dann hol ich mal den Wagen«, schlage ich vor. Stille. Dann prusten wir die ganze Anspannung raus und machen einen Highfive. Wir müssen einen ziemlich lächerlichen Anblick bieten, aber ausnahmsweise ist es uns egal. Wir fühlen uns so high wie Jungs, die gerade beim Zeitschriftenhändler ihre erste Panini-Aufkleberpackung geklaut haben. Definitiv der Höhepunkt dieser Reise, ach was, Top-Ten aller Zeiten. Zehn Minuten später sitzen wir im Wagen, trinken lauwarme Mountain-Dew-Limo von der Rückbank und fahren nach Süden. Um die Spannung zu steigern, haben wir beschlossen, frühestens heute Abend in den Karton zu schauen. Viel kann aber nicht drin sein, denn das Ding lässt sich mit einer Hand heben. Im Radio läuft ein Lied, das wie »I'm so excited « von den Pointer Sisters klingt. Unweigerlich nicken wir mit.
    »So ein Song läuft im Teeniefilm immer, wenn die Nerds ein Boot bauen, mit dem sie die Supersportler nachher schlagen«, assoziiert Nick frei.
    »Oder das Restaurant wieder aufbauen, das böse reiche Jungs mit Lacoste-Hemden oder um die Schulter gehängtem rosa Pullover vorher kaputt gemacht haben«, kontere ich, »Wichtig ist auch, dass sie der Zweite oder der Dritte im Namen tragen und den Kragen des Polohemds hochgestellt haben.«
    Mein Begleiter nickt: »Auf jeden Fall wird getanzt - und zwar auf diese unnachahmliche Achtziger-Art, bei der die Leute auf die Zwei und Vier so seltsam in die Knie gehen und dabei mit den Fingern schnipsen.«
    »Spielt Molly Ringwald mit?«
    »Auf jeden Fall!«
    Wir stehen an der roten Ampel, während in unserem Film gerade die Alle-sind-happy-Szene kurz vor dem Finale abläuft, und denken über die Obsession des vorletzten Jahrzehnts mit dem Tanzen nach. Alles fühlt sich leicht an, so leicht wie der Karton auf dem Rücksitz. Aus irgendeinem Grund würde ich mit Nick jetzt gerne in einer Einfamilienhauseinfahrt ein paar Körbe werfen, wie Kevin Arnold und Paul aus den »Wunderbaren Jahren «.
    Ich schaue zu ihm rüber: In einem seltenen Anflug von Unbeschwertheit hat er das Fenster ganz runtergelassen und surft mit seiner Hand im lauen Stop-and-go-Wind; seine blauen Augen lachen in der kalifornischen Sonne.

LEVEL 17
    Alles ist wieder gut. Wir stehen mitten auf einem einsamen Highway im Nirgendwo und atmen tief den Pinienduft ein, der durch das Seitenfenster zieht. Es ist der Geruch von Urlaub mit den Eltern in Südfrankreich; er erinnert an eine kühle Orangina nach zehn Stunden autoroute du soleil ohne Klimaanlage, an Siebzigerjahre-Ferienbungalows mit braunem Kachelboden, an FKK. Auch der Soundtrack könnte nicht besser sein: Tausende von Grillen zirpen im Straßengraben, gelegentlich unterbrochen vom Krächzen eines Walkie-Talkies. Es ist der Klang der kalifornischen Berge am Ende eines heißen Sommernachmittags - vor einer Baustelle. Nach einem atemlosen Sprint haben wir das Silicon Valley weit hinter uns gelassen. Zwischendurch erschien uns der Plan des Bösewichts aus »007 - Im Angesicht des Todes«, das ganze Tal unter Wasser zu setzen, ganz vernünftig - allein aus ästhetischen Gründen. Doch schon jetzt kommt es mir wie eine halbe Ewigkeit

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