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Extraleben

Extraleben

Titel: Extraleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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Polizisten, die mit ihrer Radarpistole Rasern auflauern, traut sich das normalerweise kein Autofahrer, schon gar nicht nachts. Dafür ist die Gefahr, von einem betrunkenen Dorfdeppen mit seinem Monstertruck platt gemacht zu werden, viel zu groß. Scheint ein grauer Taurus zu sein. Je länger ich ins Dämmerlicht starre, desto stärker bilde ich mir ein, zwei Umrisse im Wagen erkennen zu können. Sollte ich Nick darauf hinweisen? Lieber nicht, er hatte die letzten 12 Stunden schon genug Recht, und außerdem vertrage ich keine Verschwörungstheorien auf leeren Magen. Wir sind die ersten Gäste, sogar noch vor der Bedienung. Deshalb nimmt eine nette Mom, die sonst wohl in der Küche steht, unsere Bestellung auf. »They're really huge «, warnt die in die Jahre gekommene Sally Field meinen Kumpel, als der, wie jeden Morgen, einen Dreierstapel Pancakes bestellt. Damit hat sie Nick natürlich an seiner Jungs-Ehre gepackt, und er schüttet, kaum dass die Lady seine Bestellung gebracht hat, noch einen Hektoliter Ahornsirup über den Pfannkuchenberg. Punk! In diesem Moment piepst aus einer Kuckucksuhr an der Wand der Beatles- Hit »The long and winding road«. »Nice, isn't it?«, fragt uns Mom stolz. Wir nicken heftig, aber wortlos, um keinen Angriffspunkt für ein längeres Gespräch zu bieten. Dann befördern wir wortlos unser Essen in den Magen. »Carbing up« lautet die Devise - schnell Kohlenhydrate auffüllen. »Also«, nuschelt Nick, nachdem er ungefähr ein Drittel seines Pancake-Gebirges weggeschaufelt hat, sodass es jetzt wie ein Pac-Man aussieht. »Fest steht, dass mit Quarter sicher nicht ein Stadtviertel gemeint ist, sondern halt der Geld-Quarter.« In Amerika kostet ein Spiel am Automaten traditionell 25 Cent, also einen Vierteldollar oder Quarter. Die Herren von der Datacorp haben uns diesmal anscheinend ein Worträtsel hinterlassen. »Aber wo wurde der First Quarter, der erste Quarter gespielt?«, drehe ich Nicks Gedanken weiter, »Anfang der Siebziger kam ja mit Computer Space der erste Arcade-Automat auf den Markt, aber der war ja kein richtiger Erfolg, da hat kaum jemand einen Quarter reingeworfen. Das ist sicher nicht gemeint.« Nick schaufelt weiter Pancakes in sich hinein, während ich die Reste meines Bagels mit einem O-Saft runterspüle. Zwischen zwei Bissen fasst er zusammen: »Okay, dann gibt es nur einen Kandidaten - Pong .« Natürlich, die offensichtliche Wahl, der Einzeller der Spiele- Evolution. Mit dem Game verließen Computerspiele die Labors und Universitäten, um ihren Aufstieg zum wichtigsten Medium des 21. Jahrhundert zu beginnen. Bei uns zuhause zog der Klassiker als TV-Multi-Spiel-Gerät ein. Universum, die Elektronikmarke des Versandhauses Quelle, hatte die graue Kiste - so groß wie eine Warmhalteplatte im China-Restaurant -, gerade billig auf den Markt geworfen. Für das Familienleben sollte der Zuwachs ein Desaster werden: Denn von dem Abend an, an dem mein Vater das Ding nach Hause gebracht hatte, zockten wir in jeder freien Minute nur noch Squash oder Fußball - beides nur leicht veränderte Varianten von Pong . Das heißt, man musste mit einem weißen Balken einen weißen Punkt gegen eine Wand lenken. Damals erschien uns die Technik wie Magie: ein Knopfdruck, und die Schläger schrumpften auf halbe Breite, ein weiterer, und der Ball raste mit doppeltem Tempo über den Bildschirm. Wir liebten den Kasten und spielten so lange, bis uns die Augen brannten oder Kulenkampffs »Einer wird gewinnen« im Ersten anfing; dann war Eurovision statt Telespielen angesagt. In den Ohren eines Grundschülers klang das monotone » Pong «, das der Ball bei jedem Abprallen gemacht hat, wie der Sound der Zukunft schlechthin. Legenden zu Pong gibt's natürlich fast mehr als Kopien des Spiels, aber welche hat mit einem »Quarter« zu tun? Doch, da gab es mal eine. Ohne zu fragen, lange ich über den Tisch und ziehe Nicks Rechner zu mir rüber, den er als echter Nerd schon vor dem Frühstück hochgefahren hat. Zugang ist auch kein Problem, da das Motel um die Ecke seinen Router liebenswerterweise mit dem Passwort »admin« schützt. Ich klicke mich durch ein paar Datenbanken. Das könnte es wirklich sein. »Schon mal was von Andy Capp's gehört?«, frage ich - stolz, auch mal was zu unserer Spurensuche beitragen zu können. »Nö«, sagt Nick. Alle aufgepasst, jetzt kann ich mal was erklären: »Mann, das ist das Cape Canaveral der Spiele - der Ort, wo die Sache das erste Mal richtig abgehoben hat!« In

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