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Extraleben

Extraleben

Titel: Extraleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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Landung gelingt, gibt es kaum Punkte, weil- totaler Spießerfaktor - auch der Spritverbrauch in die Wertung eingeht. Normalerweise wäre das der Punkt, an dem wir zuhause, ohne ein einziges Wort zu verlieren, ein anderes Spiel reinwerfen würden. Doch hier geht es ja nicht um Spaß, sondern die Sache. Also reiße ich mich zusammen und schalte auf die Streber- Strategie um, betätige die Steuerdüsen nur in umweltverträglichen Dosen, schwebe elfenhaft die Landestelle an und versuche, jedes Mal butterweich aufzusetzen. Kurz gesagt: Statt den großen Schritt für die Menschheit zu wagen, fliege ich wie ein Mensch mit einem kleinen Schritt. Ein Vergnügen ist das nicht, wird aber vom Programm mit ordentlich Punkten belohnt. Eine erfolgreiche Landung reiht sich an die nächste. Zwischen zwei Runden halte ich ab und zu die Hand aus dem Fenster, um den Schweiß zu trocknen: Der Fahrtwind fühlt sich an wie ein Föhn. Wir sind mitten in der Mojave-Wüste, und nach und nach nähert sich die Landschaft einem Computerspiel des Jahrgangs 1990 an, als die Grafik eben noch nicht gerendert war, sondern nur aus unterschiedlich vergrößerten Bitmaps bestand. Wir rollen an einem Panorama vorbei, das prozessorschonender nicht sein könnte: Beide Straßenränder säumt ein Meer aus völlig identischen Sagebrush-Büschen, die einzige Pflanze der USA, deren Namen wir uns gemerkt haben, allein weil sie gefühlte 95 Prozent der Biomasse ausmacht. Am Horizont zeichnen sich schroffe Felsen im Morgendunst ab, die sich rundherum wie eine schlechte Textur zu wiederholen scheinen. Alle 20 Minuten vom Bildschirm aufschauen reicht bei dieser Landschaft völlig aus, da sich in der Zeit am Ausblick ohnehin nichts ändert. Nach gut zwei Stunden fange ich an, nicht mit dem Spiel, sondern mit der Software herumzuspielen, und entdecke die ersten Bugs: Wenn ich mit Vollgas frontal in einen Berghang fliege, bekommt das Programm das nicht mit, und die Landefähre gondelt innerhalb des Hügels herum; wahrscheinlich ist die Kollisions-Routine zu lahm. Außerdem tankt sich die Fähre selbst wieder voll, wenn sie mit dem letzten Tropfen Sprit aufgesetzt wird. Mehr Erkenntnisse haben die letzten 180 Meilen leider nicht produziert. Nick fliegt immer noch hoch und treibt unseren Wagen mit genau 73Meilen pro Stunde über die Interstate - also genau jene drei Meilen zu schnell, bei denen die Highway Patrol gerade noch ein Auge zudrückt. Wie immer, wenn er das tut, fühle ich mich etwas unwohl, zumal die Straße, dafür, dass wir durch eine menschenleere Wüste fahren, ziemlich voll ist. Ständig schießen auf der linken Spur irgendwelche Ami-Papas mit ihren Bootsanhängern vorbei, während uns von rechts gigantische Chemielaster und Touristen-Wohnmobile in die Zange nehmen. Sind die Fahrspuren hier eigentlich enger als bei uns oder wirkt das nur so, weil Nick das verdammte Lenkrad nicht ruhig halten kann? Ab und zu schweift mein Blick automatisch vom Bildschirm in den Seitenspiegel, obwohl das natürlich nichts bringt. Selbst wenn wir Verfolger hätten, würden wir sie bei diesem Verkehr - man kann nicht mal das übernächste Auto richtig erkennen - nicht bemerken. Trotzdem schaffe ich es irgendwie nicht, mich richtig zurückzulehnen. Weil es totaler Schwachsinn wäre, hier auf der Rennstrecke nach L.A. irgendetwas auch nur halbwegs Lokales zu erwarten, fahren wir an einer Megatanke raus und gehen zu Burger King - aus meiner Sicht immer eine gute Wahl, da hier der Whopper auf Wunsch auch ohne Majo zu haben ist. Wir tragen unser Tablett zu einem Platz, der maximal weit von den anderen Gästen entfernt ist. Auf dem Weg dorthin kommen wir an einer Familie vorbei, die still auf ihren Plastikstühlen kauert und zum Beten die Köpfe gesenkt hat. Wir finden den Anblick traurig, können aber nicht sagen, warum. Nach dem Essen versuche ich bei Moonlander noch ein paar andere Strategien: so schnell wie möglich landen, möglichst hoch fliegen, so lange wie möglich in der Luft bleiben. Doch die Pausen zwischen meinen Flugversuchen werden länger, bis ich irgendwann nur noch aus dem Fenster starre, während das Programm auf meinem Schoß still vor sich hin blinkt. Ich beschließe, es wie Nick zu machen, und lehne mich zurück. Scheiß auf Moonlander, scheiß auf die Datacorp. Mein Chauffeur hat schon lange ausgecheckt: Seit der Ausfahrt von Twentynine Palms fummelt er unentwegt am Radio rum, um die ersten Sender aus L.A. reinzubekommen - obwohl es von hier aus bis in die

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