Extrem
den Sauerstoff in alle Teile des Körpers bringt, dann beginnt alles besser zu funktionieren. Und das ist ein Teil meiner Technik, die es mir ermöglicht, tiefer in meinen Körper vorzudringen.“
Das hört sich so an, als wäre da wirklich nichts Besonderes dabei – außer Training natürlich. Ich bin nun neugierig und will wissen, ob ich auch Sauerstoff in mein Gewebe atmen kann?
„Ja, ich kann Ihnen Dinge beibringen, über die Sie staunen werden – in nur fünf Minuten. Ich werde Ihnen zeigen, wie Ihr Körper wirklich funktioniert.“
Das klingt interessant. Und tatsächlich verrät mir Wim Hof eine Übung:
„Ok, Sie wissen, wie man einen Luftballon aufbläst? Setzen Sie sich entspannt hin und haben Sie ein bisschen Platz um sich herum. Jetzt blasen Sie den imaginären Ballon auf. Durch die Nase einatmen, durch den Mund wieder aus. Konstant, nicht zu tief, nicht zu flach, ohne viel Druck.“
Nach circa 45 Sekunden zeigt sich ein erstes Ergebnis:
„Es kann sein, dass Sie sich jetzt ein bisschen schwindelig fühlen“, meint Wim Hof. „Das ist gut, denn jetzt dringt der Sauerstoff aus Ihren Lungen in Ihren restlichen Körper. Noch zehn Mal, … acht … neun … zehn. Und jetzt (nach einer Minute und 30 Sekunden) tief ausatmen, tief einatmen … dann alle Luft rauslassen … am Schluss stoppen Sie. Und jetzt machen Sie Liegestütze – aber ohne zu atmen.“
Ich schaffe 28 Liegestütze – ohne ein einziges Mal Luft zu holen. Noch nie zuvor sind mir Liegestütze so leicht gefallen. Auch danach bin ich nicht außer Atem oder erschöpft. Es ist ein verblüffendes Resultat, das ich schon mit einer kleinen Übung von nur fünf Minuten erreichthabe. Dahinter verbirgt sich keineswegs Magie, sondern ein wissenschaftlich erklärbarer Vorgang: „So bringt man die Laktose aus dem System heraus, das ist der Stoff, der uns ermüden lässt. Das ist reine Chemie“, sagt Wim Hof.
Laktose ist ein Milchzucker, der in Milchprodukten enthalten ist. Um den Milchzucker verwerten zu können, muss der Körper ihn während der Verdauung aufspalten. Das kostet den Körper Energie, die ihm während dieses Vorgangs nicht mehr für andere – sportliche – Leistungen zur Verfügung steht. „Ich arbeite gerade mit Top-Sportlern und Olympia-Teilnehmern. Und sie fühlen es auch“, berichtet Wim Hof aus seinem beruflichen Alltag. Denn nicht nur das Sitzbad im Eis, auch andere extreme Unternehmungen gehören zu seinem Programm. Allein in Shorts bestieg er den Mount Everest, und nur mit Boxershorts und Mütze bekleidet, lief er 1999 in Sibirien bei −25 Grad einen Halbmarathon. Nebenbei gesagt: Für sibirische Verhältnisse waren das noch laue Temperaturen. Das zu Russland gehörende Sibirien liegt bis zu neun Monate im Jahr unter einer Schneedecke begraben und erreicht Minusgrade von bis zu 70 Grad. Nur in der Ostantarktis wird es noch kälter. Sie ist ein staatenloses Gebiet, das sich über Tausende von Kilometern um den Südpol ausbreitet. Hier wurde 1957 die niedrigste Außentemperatur der Welt von −89,2 Grad Celsius gemessen.
Würden Sie sich als extremen Menschen bezeichnen, frage ich Hof am Ende unseres Interviews. Seine Antwort:
„Nicht unbedingt als extremen, eher als erfüllten Menschen.“
Wenn die Sauna zur Arena wird
Some like it hot – Manche mögen’s heiß. Der Titel dieses berühmten Filmstreifens mit Marilyn Monroe handelt nicht von der echten, der physikalischen Hitze, sondern bedient sich einer ihrer Metaphern: Wo es besonders heiß zugeht, da ist das Blut in Wallung – und das nicht nur im übertragenen Sinne. Insbesondere das Blut der Männer ist ständig in Gefahr, sei es, dass es beim Anblick heißer Frauen schneller fließt oder bei einer hitzigen Auseinandersetzung mit dem Gegner. Doch auch politische und gesellschaftliche Themen werden gerne heiß diskutiert, wobei natürlich nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht wurde. Sagen zumindest die, die ganz cool über der ganzen Aufregung stehen. Noch Fragen?
In der Wüste
Die verschiedenen Formen der aufwallenden Gefühle, der inneren Hitze, sind hier nicht das Thema. Vielmehr dieFrage: Wann und wo wird es dem Körper von außen richtig heiß? In der Wüste, klar. Und natürlich gibt es sie, die Extremsportler, die sich der Hitze so lange aussetzen, dass sie immer gerade einen Schritt, bevor der Tod sie einholen kann, die nächste Oase erreichen. Der Dokumentarfilm „Bis an die Grenzen des Körpers. In der Gluthitze der Wüste“ von
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