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Exzession

Exzession

Titel: Exzession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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flache
Stadtlandschaft, gespickt mit gewaltigen Widerständen,
hundertbeinigen abgeflachten Chips, spindelförmigen Dioden und
riesigen halbtransparenten Ventilen mit komplizierten inneren
Strukturen, die jeweils auf Gruppen von glänzenden Metallbeinen
standen, eingebettet in das Gewirr des gedruckten Schaltkreises. Das
waren die Teile, die Genar-Hofoen halbwegs aus seinem Kurs über
die Geschichte technischer Materialien – oder wie immer man sie
genannt hatte – kannte, aus der Zeit, als er noch Student war;
doch es gab noch jede Menge anderer gezackter, knubbeliger, glatter,
grellfarbiger, mattschwarzer, glitzernder, geflügelter,
gekräuselter Stücke, von denen er weder Verwendungszweck
noch Namen kannte.
    Straße Sechs war in diesem Jahr ein fünfzehn Meter
breiter Strom aus schnell fließendem Quecksilber,
überspannt von einer Decke aus geschliffenen Diamanten; hin und
wieder schossen zusammenhängende Blasen aus funkelndem Blau-Gold
durch den Quecksilberstrom. Anscheinend waren das symbolisierte
Elektronen oder etwas Ähnliches. Ursprünglich hatte man
beabsichtigt, die Quecksilberkanäle in das Transportsystem der
City einzubinden, doch das hatte sich als unpraktisch erwiesen, und
nun dienten sie eigentlich nur noch dem optischen Effekt; das
Röhrensystem der City verlief wie üblich tief im
Untergrund. Genar-Hofoen war auf dem Weg in die Stadt auf einige der
Untergrund-Wagen auf- und wieder von ihnen abgesprungen, und nachdem
er dort angekommen war, hatte er das noch einige Male wiederholt, in
der Hoffnung, jeden, der ihn womöglich verfolgte, auf diese
Weise abzuhängen. Nachdem er das gemacht hatte und der
Aufspürsender aus seinem Ohr entfernt worden war, freute er
sich, daß er alles in seiner Macht Stehende getan hatte, um
dafür zu sorgen, daß sein abendliches Vergnügen ohne
die Beobachtung durch die BG ablaufen würde, obwohl es ihm
eigentlich nicht besonders viel ausmachte, ob sie ihn beobachteten
oder nicht; es ging ihm viel mehr ums Prinzip. Es hatte keinen Sinn,
sich darüber allzu große Gedanken zu machen.
    Auf der Straße Sechs wimmelte es von Leuten, die irgendwohin
unterwegs waren, sich unterhielten, emsig herumhasteten oder
müßig schlenderten, im Innern von Blasen dahinrollten, in
kleinen, von Ysner-Mistretl-Paaren gezogenen Kutschen fuhren oder
unter kleinen Vakuum-Ballons oder in Kraftfeld-Geschirren schwebten.
Über ihnen, am ewigen Nachthimmel unter der gewaltigen Kuppel
der City, wurde dieser Teil der Abendunterhaltung durch ein
cityweites Hologramm eines alten Bombenangriffs bestritten.
    Der Himmel war bedeckt mit Hunderten und Aberhunderten von
geflügelten Flugmaschinen mit jeweils vier oder sechs
Kolbenmotoren, viele von Suchscheinwerfern angestrahlt. Zuckende
Lichtblitze, die schwarz-auf-schwarze Wolken und quellende Kugeln aus
verblassenden roten Funken zurückließen, sollten
Flugabwehrkanonen darstellen, während zwischen den Bombern
kleinere ein- und zweimotorige Maschinen hindurchzischten; die beiden
Flugzeugtypen beschossen sich gegenseitig, die größeren
aus Gefechtsaufbauten, die kleineren aus Flügeln und Nasen.
Sanft geschwungene Linien weißer, gelber und roter Suchraketen
breiteten sich langsam am Himmel aus, und ab und zu fing ein Flugzeug
anscheinend Feuer und stürzte vom Himmel; gelegentlich
explodierte auch eines in der Luft. Während der ganzen Zeit sah
man die dunklen Silhouetten von Bomben, die explodierten und mit
grellen Blitzen und unter heftigem Feuerspeien auf Bezirke der Stadt
herabfielen, die anscheinend immer ein kleines Stück entfernt
waren. Genar-Hofoen fand, daß das Ganze ein wenig arg gestellt
wirkte, und er bezweifelte, daß jemals eine derart
konzentrierte Luftschlacht stattgefunden haben konnte, oder eine, bei
der die Bodenraketen weiterfeuerten, während Abfangjäger
ihrem Abfanggeschäft nachgingen, aber die Show an sich war
unbestreitbar eindrucksvoll.
    Explosionen, Sirenen und das Krachen von Geschossen
übertönten das Plappern der Leute auf der Straße, und
dieser Lärm wurde zeitweise noch unterlegt durch die Musik, die
aus den Hunderten von Bars und mannigfaltigen
Vergnügungs-Etablissements entlang der Straße
dröhnte. Die Luft war erfüllt von halbfremden,
halb-vertrauten, ganz und gar verführerischen Gerüchen und
wilden, anregenden Eindrücken, die verständlicherweise
anderswo auf Stuf verboten waren.
    Genar-Hofoen spazierte in der Mitte der Straße dahin, ein
großes Glas mit Stuf 9050 in der einen Hand, einen

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