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Exzession

Exzession

Titel: Exzession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Die Hauptaugen und
-ohren wurden an zwei Stielen über dem vorderen Schnabel
getragen, mit dem der Mund des Geschöpfes ausgestattet war; ein
hinterer Schnabel schützte die Genitalien. Der Anus/Gasaustritt
war direkt unter dem Hauptkörper angebracht.
    An die Zentralmasse waren – angeboren – zwischen sechs
und elf Tentakel unterschiedlicher Dicke und Länge
angefügt, von denen normalerweise mindestens vier in flachen,
blattförmigen Paddeln endeten. Die tatsächliche Anzahl von
Gliedmaßen eines einzelnen erwachsenen männlichen
Affronters hing ganz und gar davon ab, an wie vielen Kämpfen
und/oder Jagden er teilgenommen und eine wie erfolgreiche Rolle er
dabei gespielt hatte; ein Affronter mit einer stattlichen Reihe von
Narben und mehr Stümpfen als Gliedmaßen wurde entweder als
bewundernswert eifriger Sportler oder als tapferer, aber dummer und
wahrscheinlich gefährlicher Nichtskönner eingestuft, je
nachdem, in welchem Ruf das jeweilige Wesen stand.
    Fivetide war mit neun Gliedern geboren worden – was bei den
besten Familien als eine überaus vorteilhafte Anzahl angesehen
wurde, vorausgesetzt, man besaß den Anstand, mindestens eins
davon bei einem Duell oder bei der Jagd zu verlieren – und hatte
während seiner Ausbildung an der Militärhochschule
ordnungsgemäß eins davon an seinen Fechtmeister verloren,
und zwar in einem Duell um die Ehre der Hauptfrau des
Fechtmeisters.
    »Das ist eine sehr eindrucksvolle Uniform, Fivetide«,
sagte Genar-Hofoen.
    »Ja, das kann man wohl sagen, nicht wahr?« sagte der
Affronter und bog den Körper.
    Fivetides Uniform bestand aus einer Vielfalt an breiten Riemen und
Schärpen aus einem metallisch aussehenden Material, die
kreuzweise über seine Zentralmasse verliefen und mit Halftern,
Scheiden und Trägern bestückt waren – alle enthielten
Waffen, waren jedoch anläßlich des Abendessens, zu dessen
Teilnahme sie hier waren, verschlossen; die glitzernden Scheiben
waren nach Genar-Hofoens Wissen die Äquivalente zu Orden und
Medaillen, und die dazugehörigen Porträts stellten
besonders eindrucksvolle getötete Beutetiere und ernsthaft
verkrüppelte Gegner dar. Eine Gruppe von diskret leeren
Porträtscheiben verwies auf die Frauen anderer Clans, von denen
Fivetide die Ehre für sich in Anspruch nehmen konnte, sie
erfolgreich geschwängert zu haben; die Scheiben, die mit
wertvollen Metallen eingefaßt waren, waren Zeugnis von jenen,
die einen Kampf heraufbeschworen hatten. Die Farben und Muster auf
den Schärpen waren Zeichen von Fivetides Clan, Rang und Regiment
(nichts anderes war im Prinzip nämlich die Diplomatische Truppe,
der Fivetide angehörte… ein Gesichtspunkt, der klugerweise
nicht außer acht gelassen werden durfte von jeglicher Spezies,
die bestrebt war, irgendwelche Geschäfte mit den Affrontern zu
machen – oder die plötzlich feststellte, daß sie
solche bereits machte).
    Fivetide drehte eine Pirouette, der Gassack blähte sich auf
und gab ihm Auftrieb, so daß er von der schwammartigen
Fläche des Nestraums abhob, mit baumelnden Gliedern, die kaum
etwas von seinem Gewicht auffingen. »Bin ich nicht…
prachtvoll?« Der Übersetzer des Gallertfeld-Anzuges
entschied, daß das Adjektiv, das Fivetide gewählt hatte,
um sich zu beschreiben, mit einem dramatischen Rollen der Silben
wiedergegeben werden mußte, so daß sich der
Affronter-Offizier wie ein übertreibender Schauspieler
anhörte.
    »Echt abschreckend«, pflichtete Genar-Hofoen bei.
    »Danke«, sagte Fivetide und ließ sich wieder
herabsinken, so daß seine Augenstiele auf einer Höhe mit
dem Menschengesicht waren. Der Blick der Stiele hob und senkte sich,
den Mann von oben bis unten musternd. »Dein eigenes
Erscheinungsbild ist… anders, endlich, und nach den
Maßstäben deinesgleichen überaus pfiffig, dessen bin
ich sicher.«
    Die Stellung der Augenstiele des Affronters verriet, daß er
an dieser Bemerkung etwas höchst erfreulich fand; wahrscheinlich
beglückwünschte Fivetide sich selbst für sein
unglaubliches diplomatisches Feingefühl.
    »Danke, Fivetide«, sagte Genar-Hofoen und verneigte
sich. Er kam sich ziemlich overdressed vor. Natürlich war da der
Gallertfeld-Anzug an sich, der so sehr eine zweite Haut war,
daß man leicht vergessen konnte, ihn überhaupt zu tragen.
Normalerweise war der Anzug an keiner Stelle mehr als einen
Zentimeter dick und im Durchschnitt nur die Hälfte davon, doch
er bereitete ihm Wohlbehagen selbst in Umgebungen, an denen noch
extremere Bedingungen

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