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Exzession

Exzession

Titel: Exzession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Frage, die sie stellte, war, wo
Dajeil war, halb aus Angst, die andere Frau könne das Messer
gegen sich selbst gerichtet haben oder ins Meer gegangen sein. Die
Drohnen antworteten, Dajeil sei im Garten des Turms und jäte
Unkraut.
    Bei anderen Gelegenheiten ließen sie Byr wissen, daß
Dajeil im oberen Raum des Turms arbeitete oder im Meer schwamm oder
einen Flieger zu einer fernen Insel genommen habe. Sie beantworteten
auch andere Fragen. Es war Dajeil gewesen, die – zusammen mit
einer der Drohnen – die Badtür mit Gewalt geöffnet
hatte. Sie hätte Byr immer noch töten können.
    Byr bat Dajeil darum, daß sie sie besuchte, aber sie lehnte
ab. Schließlich, eine Woche später, war Byr in der Lage,
selbst aus dem Bett aufzustehen und herumzulaufen. Zwei besorgte
Drohnen begleiteten sie ständig.
    Die Narbe quer über ihren Bauch wurde bereits blasser.
    Byr wußte, daß sie wieder vollständig gesund
werden würde. Ob Dajeil wirklich einen Mord im Schilde
geführt hatte oder nur eine wahnsinnige Abtreibung, wußte
sie nicht.
    Als sie an sich hinabblickte, in einer leichten Trance, um das
Ausmaß des Schadens abzuschätzen, der an ihr angerichtet
worden war und der sich nun eifrig selbst behob, stellte Byr fest,
daß ihr Körper eine Entscheidung getroffen hatte,
anscheinend aus eigenen Stücken, während sie
bewußtlos gewesen war, nämlich, wieder ein Mann zu werden.
Sie ließ der Entscheidung ihren Lauf.
    An diesem Tag verließ Byr den Turm, wobei sie eine Hand
über die breite Narbe an ihrem Bauch legte. Sie traf Dajeil mit
verschränkten Beinen und dickbäuchig auf den
eierförmigen Steinen sitzend an, wenige Meter vom
Brandungsstreifen entfernt.
    Das Knirschen der unter Byrs unsicheren Füßen
wegrutschenden Steine riß Dajeil aus ihren Träumen. Sie
sah sich zu Byr um, wandte dann den Blick wieder von ihr ab, hinaus
aufs Meer. Sie saßen nebeneinander.
    »Es tut mir leid«, sagte Dajeil.
    »Mir auch.«
    »Habe ich es umgebracht?«
    Byr mußte einen Augenblick lang nachdenken. Dann begriff
sie. Sie meinte den Fötus.
    »Ja«, sagte Byr. »Ja, es ist weg.«
    Dajeil senkte den Kopf. Sie sagte nichts mehr.

    Byr brach eine Woche später mit der Ungehöriges
Benehmen auf. Dajeil hatte ihr durch eine der Drohnen des Turms
mitteilen lassen, daß sie das Baby nicht, wie erwartet, in
einer Woche bekommen werde. Sie werde seine Entwicklung aufhalten.
Für einige Zeit. Bis sie sich über ihren eigenen
Gemütszustand im klaren sei. Bis sie sich bereit dafür
fühle. Sie wußte nicht, wie lange das Warten dauern
würde. Ein paar Monate, vielleicht ein Jahr. Das ungeborene Kind
würde sicher und unversehrt bis dahin warten. Nach der Geburt
würden der Turm und die Drohnen sich um sie kümmern
können. Sie erwartete von Byr nicht, daß sie bliebe. Sie
hätten den größten Teil der Arbeit, die sie sich
vorgenommen hatten, erledigt. Vielleicht war es am besten, wenn Byr
abreiste. Bedauern war ein bei weitem zu schwaches Wort, aber mehr
gab es dazu nicht zu sagen. Sie würde Byr unterrichten, wenn das
Kind auf die Welt käme. Dann würden sie sich wiedersehen,
falls sie es wollte, falls er es wollte.
    Der Kontakt erfuhr nie etwas davon, was geschehen war. Byr
behauptete, ein bizarrer Unfall im Meer habe zum Verlust des
Fötus geführt; der Angriff eines Raubfisches; sie sei dem
Tode nahe gewesen und von Dajeil gerettet worden… Man war
anscheinend zufrieden mit der Arbeit, die sie und Dajeil geleistet
hatten, und gewährte Byr ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem
Dienst. Die ’Ktik waren eine äußerst
vielversprechende Spezies, gierig nach Fortschritt. Telaturier hatte
eine große Zukunft vor sich.
    Genar-Hofoen wurde wieder männlich. Eines Tages, als er seine
alte Kleidung durchsah, fand er die kleine Figurine von Dajeil, die
die alte ’Ktik geschnitzt hatte. Er schickte sie zurück an
Dajeil. Er erfuhr nie, ob sie sie bekommen hatte oder nicht. Immer
noch auf der Ungehöriges Benehmen zeugte er ein Kind mit
Aist. Ein Kontakt-Auftrag führte ihn ein paar Monate später
an Bord der ASF Stilles Vertrauen. Einer der Awataras des
Schiffs – derselbe, mit dem er geschlafen hatte – machte
ihm schwere Vorwürfe, weil er Dajeil verlassen hatte; sie
brüllten einander an.
    Seines Wissens vereitelte die Stilles Vertrauen in der
Folgezeit zumindest eine Bewerbung, die er für einen
gewünschten Posten eingereicht hatte.
    Zwei Jahre nachdem er Telaturier verlassen hatte, hörte er,
daß Dajeil, immer noch schwanger, einen

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