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Exzession

Exzession

Titel: Exzession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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einzelnes Glimmen zu sein, hatte
das Licht so etwas wie einen eigenen Charakter, etwas Vertrautes,
Erkennbares; es war, wie wenn sich eine Tür öffnete, wie
wenn man einen unerwarteten Blick in einen hell erleuchteten Raum
erhaschte. Nachdem ihre Aufmerksamkeit einmal geweckt war, besah sie
sich die Sache automatisch genauer.
    Und sofort wurde sie von dem Licht aufgesogen; es explodierte
blendend grell, griff nach ihr wie eine unglaublich schnelle
Sonneneruption, hüllte sie ein, schnappte um sie herum zu wie
eine Falle.
    Zreyn Enhoff Tramow, Kommandantin des Allgemeinen Kontakt-Schiffes Problemkind, hatte kaum Zeit zu reagieren. Dann wurde sie
weggepflückt und verschwand in der funkelnden Tiefe des
niedergehenden Feuers, zappelnd und gefangen und um Hilfe rufend.
Nach ihm rufend.
    Er erwachte aufspringend in dem Bettfeld, die Augen plötzlich
offen, der Atem schnell und flach, das Herz pochend. Das Licht der
Kabine ging an, zuerst gedämpft und dann allmählich heller
werdend, seinen Bewegungen entsprechend.
    Genar-Hofoen strich sich mit den Händen durchs Gesicht und
sah sich in der Kabine um. Er schluckte und atmete tief durch. Er
hatte nicht die Absicht gehabt, so etwas zu träumen. Es war so
lebensecht wie ein implantierter Traum oder ein im Schlaf miterlebtes
Spiel-Szenario gewesen. Er hatte vorgehabt, einen seiner
üblichen erotischen Träume zu träumen, und nicht
zweitausend Jahre zurückzublicken in die Zeit, als die Problemkind die Billionen Jahre alte Sonne und das
Schwarzkörper-Objekt im Orbit darum herum entdeckt hatte. Er
hatte nichts anderes gewollt als eine Sex-Simulation, und keine
Tiefenerforschung der reizlosen Seele einer trostlos ehrgeizigen
Frau.
    Sicher, es war nicht uninteressant gewesen, und der Umstand,
daß er irgendwie die Frau gewesen war und gleichzeitig auch
wieder nicht, hatte ihn fasziniert, und daß er – nicht
sexuell – in ihr gewesen war, in ihrem Denken, so nahe wie eine
Neurallitze an ihren Gedanken und Gefühlen und Hoffnungen und
Ängsten, die ihr beim Anblick des Sterns und des Dings, das sie
als das Rätselhafte bezeichnete, in den Sinn gekommen waren.
Aber es war nicht das gewesen, was er erwartet hatte.
    Wieder mal ein seltsamer, aufwühlender Traum.
    »Schiff?« sagte er.
    »Ja?« antwortete die Grauzone durch das
Audiosystem der Kabine.
    »Ich… ich habe soeben einen seltsamen Traum
gehabt.«
    »Nun ja, ich habe einige Erfahrung in diesem Bereich, nehme
ich an«, sagte das Schiff und untermalte seine Worte mit etwas,
das sich wie ein tiefes Seufzen anhörte. »Ich nehme an,
jetzt möchtest du darüber reden.«
    »Nein… na ja… nein; ich habe mir nur
überlegt… ob du vielleicht…?«
    »Ach, du möchtest wissen, ob ich mich in deine
Träume einmische, ja?«
    »Das ist nur so ein Gedanke, weißt du, der mir gekommen
ist.«
    »Also gut, laß uns mal sehen… Wenn ich das getan
hätte, meinst du, ich würde dir dann
wahrheitsgemäß antworten?«
    Er dachte nach. »Heißt das, du hast oder du hast
nicht?«
    »Ich habe nicht. Bist du jetzt zufrieden?«
    »Nein, ich bin nicht zufrieden. Jetzt weiß ich immer
noch nicht, ob du es getan hast oder nicht.« Er schüttelte
den Kopf und grinste. »Du machst an meinem Kopf herum, so und
so, nicht wahr?«
    »Als ob ich so etwas tun würde!« erwiderte das
Schiff beschwichtigend. Es gab ein Kichern von sich, das vielleicht
der unerfreulichste Laut war, den es bis jetzt jemals hatte vernehmen
lassen. »Ich nehme an«, sagte es, »das war lediglich
eine Nebenwirkung beim Einverleiben deiner Neurallitze, Genar-Hofoen.
Nichts Beängstigendes. Wenn du überhaupt nicht träumen
möchtest, dann laß deine Drüsen Somnabsolute ausstoßen.«
    »Hmm«, sagte er nachdenklich, und dann: »Licht
aus!« Er legte sich in der Dunkelheit zurück. »Gute
Nacht«, sagte er leise.
    »Träume süß, Genar-Hofoen«, sagte die Grauzone. Der Stromkreis klickte ostentativ aus.
    Er lag eine Zeitlang im Dunkeln wach, bevor er wieder
einschlief.

 
XII
     
     
    Byr wachte im Bett auf, hoffnungslos schwach, aber gesäubert
und am Stück und auf dem Wege der Besserung. Der medizinische
Notkragen – ebenfalls gesäubert – lag neben dem Bett.
Daneben standen eine Schale mit Obst, ein Becher Milch, ein
Bildschirm und die kleine Figurine, die Byr ein paar Tage zuvor
Dajeil geschenkt hatte und die die ’Ktik-Frau namens
G’Istig’tk’t angefertigt hatte.
    Die Sklavendrohnen des Turms brachten Byr etwas zu essen und
besorgten ihre Toilette. Die erste

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