Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Exzession

Exzession

Titel: Exzession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
sie
veränderte. Sie hatten zu einem verhältnismäßig
frühen Zeitpunkt ihrer Entwicklung herausgefunden, wie sich das
genetische Makeup sowohl ihres eigenen Erbes verändern
ließ, das eigentlich kaum einer Verbesserung bedurfte, wenn man
von ihrer manifesten Überlegenheit ausging – als auch das
jener Geschöpfe, mit denen sie ihre Heimatwelt teilten.
    Dementsprechend waren diese Geschöpfe ausnahmslos
geändert worden, wie es den Affrontern für ihr eigenes
Vergnügen und zu ihrer Freude passend erschien. Das Ergebnis war
etwas, das ein Kultur-Gehirn einmal als eine Art sich endlos selbst
erhaltender, niemals endender Holocaust voller Schmerz und Angst
beschrieben hatte.
    Die Affronter Gesellschaft ruhte auf einem riesigen Fundament von
hemmungslos ausgebeuteten jugendlichen Eunuchen und einer
minderwertigen Klasse von unterdrückten Frauen, die, wenn sie
nicht den höchsten Familien entstammten – und manchmal
nicht einmal dann – sich glücklich schätzen konnten,
wenn sie nur von den Männern ihres eigenen Stammes vergewaltigt
wurden. Es wurde im allgemeinen als wichtig erachtet – zumindest
innerhalb der Kultur, wenn auch nirgends sonst –, daß
einer der wenigen Aspekte ihres eigenen Erbgutes, mit dem sich zu
vermischen die Affronter als erstrebenswert angesehen hatten, darin
bestanden hatte, den sexuellen Akt so zu gestalten, daß er
für die Frauen ein weniger vergnüglicher und dafür um
einiges schmerzhafterer Vorgang sein sollte, als ihr
grundsätzliches genetisches Erbe es erforderte; er diene vor
allem, so wurde behauptet, der weiteren Erhaltung der vermeintlichen
guten Eigenschaften der Spezies und nicht so sehr dem hitzigen,
selbstsüchtigen Vergnügen des einzelnen.
    Wenn ein Affronter auf die Jagd ging nach einem dieser
künstlich fett gezüchteten Baumflitzer, Gliederhacker,
Paralizen oder Hautabzieher, die ihre Lieblingsbeute waren, dann
geschah das in einer Flugkalesche, die von den Tieren mit dem Namen
Flinkflügler geschoben wurden, die in einem Zustand
ständiger Bedrohung lebten, da ihr Nervensystem und ihre
Pheromone-Rezeptoren gewissenhaft dazu neigten, auf jeden Anstieg des
Bedrohungsgrades zu reagieren und in ihnen den Drang auslösten,
zu fliehen, während ihre Herren immer erregter wurden und noch
mehr von den betreffenden Duftstoffen absonderten.
    Die gejagten Tiere wurden ebenfalls künstlich in Angst
versetzt, schon allein durch das Auftreten der Affronter, und so
trieb sie ihr verzweifelter Drang zu fliehen zu immer gewagteren
Manövern.
    Wenn die Haut eines Affronters gereinigt wurde, dann geschah das
durch kleine Tiere, die Xyster genannt wurden, deren Eifer dadurch
angestachelt wurde, daß ihnen ein unstillbarer Hunger nach
toten Zellen von Affronterhaut eingegeben worden war, so daß
sie, wenn sie nicht von Erschöpfung übermannt wurden, sich
buchstäblich bis zum Platzen vollfraßen.
    Sogar die gewöhnlichen domestizierten nahrungliefernden Tiere
der Affronter schmeckten erklärtermaßen viel
interessanter, wenn sie Anzeichen von großer Anspannung
zeigten, und deshalb waren auch sie bis zu einem so hohen Grad von
ständiger Angst verändert worden – und unter
Bedingungen vermehrt worden, die wirkungsvoll zur Steigerung dieser
Eigenschaft beitrugen –, daß sie unweigerlich das
produzierten, was jeder Affronter, der sein Methylazetylen wert war,
als das auf anregende Weise schmackhafteste Fleisch auf dieser Seite
eines Ereignishorizonts schätzte.
    Man hätte die Beispiele beliebig fortführen können;
genau gesagt war es bei einer Betrachtung ihrer Gesellschaft ziemlich
unmöglich, die Manifestationen der bewußten, ja sogar
künstlerischen Handhabung der Affronter von genetischen
Manipulationen zu umgehen, bei der sie durch eine Art
überschäumend deplazierte Selbstsucht – was für
sie von echtem Altruismus nicht zu unterscheiden war – ein
Ergebnis erzielten, für das die meisten Gesellschaften
Paroxysmen von selbstzerstörerischer Niedertracht gebraucht
hätten.
    Herzlich, aber schrecklich – das war der Affront.
›Fortschritt durch Schmerz‹, lautete eine Affronter
Redensart. Genar-Hofoen hatte sie sogar schon einmal aus Fivetides
Schnabel gehört. Er konnte sich nicht genau erinnern, aber
wahrscheinlich war ihr ein geblöktes ›Ho ho ho‹
gefolgt.
    Der Affront stieß die Kultur ab; er erschien ihr
unverbesserlich, seine Einstellung und seine verwerfliche Moral
entzogen sich anscheinend jedem Mittel der Läuterung. Die Kultur
hatte angeboten,

Weitere Kostenlose Bücher